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Heinz Strunk in Afrika

Heinz Strunk in Afrika

Titel: Heinz Strunk in Afrika
Autoren: Heinz Strunk
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Heiligabend zu schneien begonnen, die Festtage inklusive Silvester und Neujahr wurden unter einer dicken Schicht jungfräulichen Pulverschnees begraben. Und einer noch dickeren Schicht aus Geschenken. Vielleicht würden sich die alten Gefühle wieder einstellen, wenn man in die Berge führe oder einen anderen Ort mit Schneegarantie. Einen Weihnachtsmann engagieren. In die Mitternachtsmette gehen. Kekse backen. Irgendwas basteln. Stattdessen unsportliche Flucht nach Afrika.
    Samstag, 24. November
    4 Grad, Sprühregen, trübe, kalte Nässe, aber: 81 Kilo, eineinhalb Kilo weniger. Der regelmäßige Sport zeigt Wirkung, und ich sehe irgendwie
entschlackt
aus. Mich beunruhigt, dass C. sich nicht meldet. Als ich vom Laufen zurückkehre, kaufe ich das
Hamburger Abendblatt
. Nur so, einer Eingebung folgend. Ich blättere und blättere und will die samstäglich dicke Langeweilerpastille schon wieder weglegen, als ich über eine Schlagzeile stolpere:
    «Kein-Erlebnis-Reisen» am erholsamsten
    Nicht tolle Erlebnisse, neue Anregungen oder Urlaubsbekanntschaften bewirken die Erholung bei einer Urlaubsreise, sondern die Nicht-Erkrankung, die körperliche Ruhe und keine Gewichtszunahme.
    Den größten Erholungswert haben demnach Reisen, auf denen nichts passiert. Zu diesem überraschenden Ergebnis kommt ein amerikanischer Forscher. «Meine Ergebnisse widersprechen der allgemeinen Annahme, dass Freizeitreisen die Lebenszufriedenheit eines Menschen wegen der positiven Gefühle heben, die einen Bezug zu Gesundheit und Sicherheit haben», erklärt Joe Sirgy von der Virginia Tech. «Stattdessen ist die Zufriedenheit nach der Urlaubsreise stark davon beeinflusst, ob man sich nicht oft zu müde und zu erschöpft gefühlt hat, ob man nicht an Gewicht zugenommen hat und ob man sich keine Gedanken wegen einer Krankheit hat machen müssen.» Dass im Hotelzimmer keine Kakerlaken waren, dass man von «Montezumas Rache» verschont wurde, dass man sich mit Aktivitäten nicht übernommen hat und auch nicht an Gewicht zugelegt hat, war nach seiner Studie der eigentliche Erholungsgewinn der Reise.
    Ein Wahnsinn. Den Artikel hätte
ich
schreiben können. Schreiben müssen. Natürlich besser, aber man weiß ja, was gemeint ist.
    Mittwoch, 28. November
    Werde bereits um sieben vom Piepen meines Weckers aus dem Schlaf gerissen. Dabei hatte ich ihn gar nicht gestellt! Rätselhaft, sehr, sehr rätselhaft. Pieppieppieppieppiep. Eine Abfolge von Piepstönen, wie alles heutzutage. Kann nicht mehr einschlafen, daher Spaziergang. Blasses Morgenlicht, dünne zerrissene Wolkenschicht mit vielen schwarzen Rinnsalen darin. Wetterdepressionen.
    Jetzt habe ich schon vierzehn Tage nichts von C. gehört. Vielleicht ist ja tatsächlich etwas passiert. Kurze, schwere Krankheit. Oder er hat es sich anders überlegt. Oder Ärger mit der Steuer.
    Ich stelle den Fernseher an. Fernsehen geht zum Glück immer. Mein Lieblingsprogramm sind Dauerwerbesendungen oder
Astro
TV
mit Starmoderator Malkiel Rouven Marx. Das
einzige Medium in siebter Generation
empfiehlt sich durch erstklassige Wahrsagen und
prognosestarke Astrologie
.
    Typischer Gesprächsverlauf:
    «Hallo, wer hat es zu mir geschafft?»
    «Helga.»
    «Ich grüße Sie, Helga. Wie alt sind Sie?»
    «Neunundfünfzig.»
    «Gibt es einen Partner oder Wunschpartner?»
    «Nein. Aber das wäre schön.»
    «Aha.»
    Der Meister deckt schweigend einige Karten auf. Dann:
    «Ich sehe noch in diesem Jahr eine neue Partnerschaft.»
    «Wann denn?»
    «September. Spätestens Oktober. Etwas Festes.»
    «Ach, das wäre so schön.»
    Und jetzt kommt’s:
    «Etwas wirklich Festes. Helga, ich sehe die LEBENSENDPARTNERSCHAFT !»
    Wie das klingt! Lebensendpartnerschaft. Dann doch lieber gar keine. Umschalten:
    TV Shop 24
. «Captain Cook und seine singenden Saxophone sind von ihrer langen Reise zurückgekehrt und haben viele neue Lieder mitgebracht.» Da meine Gutgläubigkeit häufig Züge von Schwachsinn trägt, glaube ich das Wort für Wort: Captain Cook und seine singenden Saxophone haben TATSÄCHLICH auf einem Viermaster die Welt bereist und von jeder Station ihrer entbehrungsreichen Weltreise (Skorbut, Seuchen, Hunger, Piraten) ein neues Lied mitgebracht.
    Tja, so bin
ich
drauf.
    Freitag, 30. November
    Schnatterkalte 3 Grad, dafür herrlichster Sonnenschein. Ich bräuchte dringend eine neue Waschmaschine, meine habe ich noch zu D-Mark-Zeiten für zwei Blaumänner gebraucht gekauft. Man kann förmlich zusehen, wie die Waschleistung
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