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Heinz Strunk in Afrika

Heinz Strunk in Afrika

Titel: Heinz Strunk in Afrika
Autoren: Heinz Strunk
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Übliche. Viel zu tun.»
    «Ach so, ja. Und irgendwas Neues?»
    «Umzug.»
    «Ach so.»
    «Ja. Kommende Woche. Und, freust du dich auf unsere Reise?»
    «Geht so. Eigentlich schon.»
    Pause. Ich höre, wie er sich eine Zigarette ansteckt.
    «Dann sehen wir uns am Vierzehnten in Frankfurt.»
    «Hä, wieso denn Frankfurt?»
    «Von Wien oder Hamburg aus gibt es keine Direktflüge.»
    «Das ist ja wohl die allerletzte Scheiße! Der Frankfurter Flughafen ist der schlimmste Ort der Welt.»
    «Nun übertreib mal nicht so, Frankfurt ist einfach ein Flughafen.»
    «Eben nicht, das ist die Vorhölle. Die Stadt ist schon scheiße, aber der Flughafen ist das Allerletzte. Das sind lebenswichtige Informationen, die du mir da einfach vorenthalten hast.»
    «Jaja, ich hab jetzt keine Zeit mehr. Also, mach’s gut. Wir treffen uns am Gate. Spätestens sechzehn Uhr.»
    «Jaja. Also, tschüs dann.»
    «Servus.»
    Und aufgelegt.
    Jetzt ist es also endgültig. Ich verreise. Ich trete eine Reise an. Urlaub. Dienstreise. Kontinente übergreifende Fernreise.
     
    Reisesoziologe. Urlaubspsychiater. Tourismuswirt. Kann man bestimmt alles studieren, heutzutage kann man ja alles studieren. Kleiner Ausflug in die Reisetheorie, wen’s interessiert:
    Erholungsurlaub. Die anspruchsloseste Art, zu verreisen.
Erlebnisurlaub. Ein Mix aus Erholungs- und Abenteuerurlaub; man unterscheidet nach Schwierigkeitsgraden: Freeclimbing sehr schwierig, Safari schwierig, Begehung von Tempelanlagen leicht.
Individualurlaub. Der Reisende schlägt sich auf eigene Faust und auf eigenes Risiko durch. Unterkategorie: Extremurlaub.
Sporturlaub: Kitesurfen, Paragliding, was weiß ich. Kommt überhaupt nicht in Frage, da ich nicht willens bin, mich mit über vierzig in Anfängerkursen unter den Augen giggelnder Teenager zum Horst zu machen.
Wellnessurlaub. Mischung aus Erholungs- und Sporturlaub.
Cluburlaub. Ein dehnbarer, ungenauer Begriff.
Forschungsreise. Der Dino unter den Reisen.
    Ab wann bezeichnet man eine Reise eigentlich als Reise? Ein Tag = Ausflug. Zwei bis vier Tage = Trip. Alles, was darüber hinausgeht, ist eine Reise. Weiter in Stichworten: Timesharing. Experimentalurlaub. Tierreisen. Singlereisen. Kreuzfahrten. Fast vergessen: Gesundheitsreisen. Gesellschaftlich nicht akzeptierte Reisen: Saufreise, Drogenurlaub, Sextourismus.
    Montag, 10. Dezember
    Minus 3 Grad! Der niedrige, graue Schneehimmel, aus dem nichts herauskommt, taucht die Stadt in käsiges Licht. Ein Tag gleicht dem anderen wie ein Ei, wenn’s so weitergeht, läuft mein Leben irgendwann rückwärts. Mir ist so langweilig, dass ich mein Adressbuch nach Karteileichen durchforste. Mike Herforder. Wer oder was um Himmels willen ist Mike Herforder? Egal, streichen. Kurz nach ein Uhr klingelt es. Vor der Tür stehen zwei gutgelaunte Packer mit einem riesigen Überraschungspaket.
    «Wir sind ’n büschen früh, macht aber nix, oder?»
    «Nönö.»
    Stumm und routiniert erledigen sie den Einbau. Ich gebe vierzig Euro Trinkgeld.
    «Och, das üss ja nett. Danke und schönen Tach noch.»
    «Ihnen auch. Tschöös.»
    Die Waschmaschine zählt zu den Speerspitzen deutscher Ingenieurskunst, eigentlich ist sie viel zu kostbar, um jemals in Betrieb genommen zu werden. Je länger ich das Wunderwerk betrachte, desto weniger fühle ich mich ihm gewachsen. Muss man sich mal vorstellen: eine Waschmaschine, die dem Menschen überlegen ist. O-Ton Waschmaschine: «In den Schmutz, Unwürdiger! Erheben darfst du dich erst, wenn ich von alleine anspringe. Und zwar genau dann, wenn es mir gefällt!» Um runterzukommen, gehe ich ein letztes Mal laufen.
    Donnerstag, 13. Dezember
    6 Grad. 78,5 Kilo! Morgen geht’s los. Der erste Schnee des Jahres ist gefallen. Dichte, volle, schöne, weiße, glitzernde Flocken. Die Waschmaschine steht jungfräulich an ihrem Platz. Es kommt mir so vor, als würde sie mir aufmunternd und freundlich zunicken. Weil ich sie nicht in Betrieb nehme und ihr so ihre Würde lasse. Um Punkt 0 Uhr stelle ich den Fernseher aus und lese mich mit unverständlicher Lektüre (Claude Lévi-Strauss,
Traurige Tropen
) in den Schlaf.

Abmarsch
    Als ich bereits um kurz nach sieben aufwache, ist mir schlecht, und ich bin mir sicher wie nie, dass das
alles
überhaupt keine gute Idee ist. Finales Wiegen: 78,3, das sind nochmal zweihundert Gramm weniger. Immerhin. Sensationell. Draußen schneit’s. Die Chancen auf weiße Weihnachten liegen bei bummelig 80 Prozent, so viel wie seit Jahren nicht mehr. Ich mache
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