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Heinz Strunk in Afrika

Heinz Strunk in Afrika

Titel: Heinz Strunk in Afrika
Autoren: Heinz Strunk
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Roten Liste. Afrika, Kontinent des Staunens. Asien, Kontinent des Reis. Reis, Beilage der Langeweile. Das sagt doch schon alles.
    Die kommenden Wochen werden in bangem Warten verstreichen.

Bleierne Zeit
    Dienstag, 20. November
    Wieder werde ich von einem idiotischen Traum geweckt. Arbeitstitel:
Falsche Waschmaschinenprogrammierung
. Ich sitze auf dem Sofa, plötzlich fällt mir siedend heiß ein, dass ich Strümpfe und T-Shirts versehentlich bei 90 Grad wasche. In Panik stürze ich ins Bad und versuche, die drohende Katastrophe in letzter Sekunde abzuwenden, kann jedoch den Ausschaltknopf nicht finden. Das war’s schon. Ende, aus, wachwerd. Meine Güte, andere
träumen
wenigstens was Aufregendes, während ich im Schlaf von Geschirrspülern und TV -Zeitschriften heimgesucht werde. Fortschreitende Sinnerosion. Draußen drückt der Wind in Böen Regen gegen das Fenster.
     
    Ein Treatment will C. also verfassen. Treatment ist ein Exposé in lang. Soso. Wenigstens
eine
brauchbare Idee sollte ich einbringen. Grübel, Kopf zerbrech, nachdenk.
    Vielleicht so: Chile neunzehnhundertschießmichtot, das Land ächzt seit vielen Jahren unter der Knute einer ultrabrutalen Militärdiktatur. Hunderte von Kilometern südlich der Hauptstadt Santiago de Chile existiert ein vergessener Lebensborn, dessen Mitglieder im festen Glauben verharren, die Welt stünde unter der Regentschaft der Nazis. Die Junta versorgt die Borns mit allem, was gut und teuer ist. Doch plötzlich wird der Frieden von einer Gruppe internationaler Ökoaktivisten gestört, die sich im Dschungel verirrt haben … Geil. Aber teuer. Was noch? Ein Privatsanatorium, irgendwo in der norddeutschen Pampa, eine Art moderner Zauberberg. Ich bin Chefarzt. Thema Gags und Psychosen. So was.
     
    Noch drei Wochen bis zum Reiseantritt, höchste Zeit für eine Bestandsaufnahme. Ich stelle mich nackt vor den Spiegel:
massig
. Trotz Pumpernickel.
Massig
, das erste und einzige Wort, das mir in den Sinn kommt, noch vor
speckig
. In letzter Zeit beschleicht mich immer wieder das beunruhigende Gefühl, dass ich mehr und mehr einem Erdkundelehrer gleiche. Ich kenne zwar keinen und habe auch nichts gegen sie, trotzdem möchte ich nicht wie einer aussehen: schwer atmender Pädagoge, der sich nach mehreren schlechtverheilten Leistenbrüchen in Hüfthosen zwängt.
    Die Waage zeigt 82,5, auweia, das sind mindestens vier Kilo zu viel. In drei Wochen zur Bikinifigur, Traumfigur, Strandfigur, Traumkörper, Bikinikörper, Strandkörper, Traumbody, Strandbody, Bikinibody, das wird natürlich nix, aber vielleicht wenigstens ein bisschen. Mir fällt auf, dass es speziell meinem Hals irgendwie an Spannkraft mangelt. Wie heißt nochmal der abschätzige Begriff für den schlaffen Hals in die Jahre gekommener Männer? Pelikanhals? Hühnerhals? Storchenhals? Irgendein Vogel jedenfalls. Schrottvogel.
    Die verbleibende Zeit bis zum Reiseantritt gilt es, sich reiseantrittsfähig zu machen. Wenigstens jeden zweiten Tag Sport, wenigstens! Als flankierende Maßnahme ein Solarium aufsuchen, denn ich bin vollkommen ausgeblichen, weiß wie Oskar. Mein Hauttyp muss erst noch erfunden werden. Doppel A: Sieht aus wie ein Türke und brennt wie ein Däne, haha. Die ersten drei Sitzungen Vierhunderter Ergoline, ab Woche zwei in den Booster, Voiceguide aus, ich weiß Bescheid. Nächste Maßnahme: bis zum Abflug den Alkoholkonsum deutlich einschränken. Erlaubt sind ab sofort nur noch Kinderportionen: täglich maximal eine Flasche Wein oder Sekt, also praktisch nichts. Langweilig. Öde. Freudlos. Das ureigenste Gefühl der Deutschen: Freudlosigkeit.
    Rauchen brauch ich mir nicht abzugewöhnen, hab ich mir schon abgewöhnt. Leider. Leiderleider. Wieder eine Freude weniger. Aus irgendwelchen fadenscheinigen Gründen (Rauchen schadet der Gesundheit) habe ich es vor vier Jahren unter Aufbietung aller Kräfte eingestellt, und jetzt ist der Rückweg offenbar auf ewig versperrt, da mein Körper auf jeden Versuch mit hartnäckigen Anfängerbeschwerden wie Schwindel, Husten, Schweißausbrüchen, Übelkeit und allgemeinem Unwohlsein reagiert. Ich müsste richtig lange durchhalten, bis es wieder geht. Ich lege großen Wert darauf,
Nichtraucher
zu sein. Haha, was sonst, höre ich schon den vorlauten Zwischenruf. Also, Folgendes: Ein Nichtraucher ist einer, der gern rauchen möchte, es aber nicht tut, im Gegensatz zum
Nieraucher
, der, wie das Wort schon sagt, nie geraucht hat und auch kein Bedürfnis danach verspürt. Gerade in
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