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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl
Autoren: ADMIN JR.
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Gladbach tippt mißmutig eine neue Gerätestandsliste. Derendorf liest seinen Wochenbericht. Kein Mord, kein Raubüberfall, kein Einbruch und auch kein leichter Diebstahl, nicht einmal Betrug oder Bestechung, Schwarzhandel oder Schmuggel. Eine einzige Übertretung: Eine Müllgrube ohne Deckel.
    Neuß kommt vom Rundgang zurück.
    »Besondere Vorkommnisse?«
    »Nix.«
    Gladbach unterbricht sein Tippen: »Der Chef hat es geschafft, die Leute sind brav wie die Lämmer.«
    »Eja, brav aus lauter Nixnutzigkeit!«
    »Du meinst, sie wollen uns kaltstellen?«
    »Jenau dat! Und darum sind sie in Kriminalstreik jetreten.«
    Derendorf unterschreibt den Wochenbericht. »Die Gründe sind mir gleichgültig. Maßgeblich ist nur, daß Ordnung herrscht.«
    »Dat halten die aber nit lang durch!« fürchtet Neuß.
    Es klirrt. Derendorfs Tintenfaß zerplatzt. Etwas kollert über den Boden. Im Fenster ist ein gezacktes Loch. Gladbach und Neuß sind mit langen Sätzen durch die Tür geschossen.
    Und nun stehen sie auf der Straße. Und die Straße ist merkwürdig menschenleer. Die ersten Schneeflocken sinken schweigsam vom Himmel.
    Derendorf hat das Wurfgeschoß vom Boden genommen; es ist ein faustgroßer Stein, in einen Zettel gewickelt:
    »Wenn du Schwein nicht bald hier abhaust, kannst du deine Knochen mit der Kohlenschüpp einsammeln.
    Einer für Alle«
    Neuß ist wieder hereingekommen: »Aber sein Adreß hat da nit drunterjeschrieben, da Bangbüchs!«
    »Jedenfalls müssen wir uns auf Überraschungen gefaßt machen«, sagt Derendorf ernst.
    Gladbach rückt die Schreibtische von den Fenstern und wirft ängstliche Blicke nach draußen. Neuß schließt die Läden des einen über Eck liegenden Fensters, damit man nicht mehr quer durch die Wachstube sehen kann. »Hast du Angst?« fragt er Gladbach.
    »Wieso?« stottert Gladbach und riegelt die Tür ab.
    Derendorf bemerkt es: »Was machen Sie denn da? Dann kann ja keiner mehr herein!«
    »Zu uns kömmt doch keiner mehr!« Neuß schiebt zwei Tische zu einer Barriere zusammen zwischen Tür und Amtsraum.
    »Die Leute könne ja kloklopfen«, meint Gladbach. Und geht noch einmal hinaus und holt Max herein, »damit ihm keiner was tut!« – Der Hund fühlt, daß etwas Besonderes los ist, trottet schnüffelnd durch die Wachstube und nimmt Kenntnis von der neuen Lage der Dinge. Verhält plötzlich und knurrt ein Paket an, das auf dem Boden liegt und bisher von keinem bemerkt worden ist.
    »Wo kommt das Paket her?«
    Gladbach will es vom Boden nehmen, zuckt aber zurück und beugt sich horchend darüber: »Das tickt!«
    In der Stille hören es auch die anderen: tlang-tlang, tlang-tlang, wie von einem alten Wecker. Adressiert an den Wachtmeister Willi Derendorf.
    »Auch wieder so ein Ding ohne Absender«, stellt Gladbach fest, und seine Stimme ist belegt.
    Derendorf hockt sich daneben.
    »Ich würd da nit drangehen!« warnt Neuß. »Man kann nie wissen, wat drin ist!«
    »Unsinn!« Derendorf wird böse. »Was soll denn schon da drin sein!« Aber das Paket faßt er nicht an. »Max, komm mal her, was hältst du davon?« Der auf den Mann dressierte Polizeihund Max umkreist mit gesträubtem Nackenfell das verdächtige Paket und zieht sich mit eingeklemmtem Schwanz in Richtung Tür zurück.
    »Ich glab, da Hund hat recht!« meint Neuß und folgt ihm.
    Auf der Straße beraten die Beamten weiter:
    Man sollte die Akten in Sicherheit bringen.
    Man sollte das Haus räumen.
    Man sollte das Paket herausschaffen.
    Wer soll das Paket herausschaffen?
    »Der Max!« schlägt Gladbach vor. Max sitzt auf der anderen Seite der Straße und denkt sich sein Teil. Und auch Derendorf ist entrüstet.
    Vorsichtig auf Zehenspitzen geht er wieder in die Wachstube, öffnet eine Schreibtischschublade, entnimmt ihr einen alten Bindfaden. Biegt eine Heftklammer zu einem Haken, befestigt sie an der Schnur, hängt sie behutsam in die Verschnürung des Paketes, wickelt die Schnur ab zur Tür hinaus bis auf die Straße, und zieht von dort das Paket ins Freie.
    Es ist gut gegangen! – Aber nun liegt das Paket auf der Straße.
    Derendorf wickelt den Bindfaden bis zu seiner ganzen Länge ab und schleift, in tief gebückter Haltung, das Paket weit hinter sich her die Straße hinab.
    Die Leute sehen es durch die Fenster. Sie kommen aus ihren Türen. Neugier ist stärker als Haß! Sie laufen hinterher, die Kinder voran. Sie werden immer mehr.
    »Zurückbleiben!« brüllt Neuß, »Explosionsgefahr!« Und drängt mit Gladbach die Menschen
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