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Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)

Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)

Titel: Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
Autoren: Karen Marie Moning
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    H offnung macht stark. Angst tötet.
    Das hat mir mal ein wirklich schlauer Mensch erklärt.
    Jedes Mal, wenn ich denke, dass ich ein bisschen klüger werde und meine Taten besser im Griff habe, stolpere ich in eine Situation, die mir drastisch vor Augen führt, dass ich nichts anderes erreicht habe, als eine Illusion gegen eine kunstvollere, attraktivere auszutauschen – so bin ich, die Königin der Selbsttäuschung.
    Ich hasse mich. Mehr als ich je für möglich gehalten habe.
    Ich hocke auf einem Felsen am Rande des Abgrunds, verfluche den Tag, an dem ich geboren bin, und wünschte, meine leibliche Mutter hätte mich gleich nach der Geburt ertränkt. Das Leben ist zu schwer, zu kompliziert. Kein Mensch hat mir vorausgesagt, dass es Tage wie diesen geben wird. Wieso hat man mir das verschwiegen? Wie konnten sie mich glücklich, pink und naiv aufwachsen lassen?
    Der Schmerz ist schlimmer als alles, was mir das Sinsar Dubh je angetan hat. Zumindest weiß ich, dass es nicht meine Schuld ist, wenn mich das Buch zermalmt.
    Aber jetzt in diesem Moment?
    Mea culpa. Für den Rest meiner Tage werde ich diese Schuld nicht los, und es gibt kein Entrinnen.
    Ich dachte, ich hätte alles verloren.
    Wie unwissend ich war. Er hat mich gewarnt. Ich hatte so viel mehr zu verlieren!
    Ich will sterben.
    Das ist die einzige Möglichkeit, den Schmerz zu stillen.
    Vor Monaten, in einer höllisch langen Nacht, die ich in einer Grotte unter dem Burren verbracht habe, wollte ich auch sterben, aber das ist nicht dasselbe. Mallucé war dabei, mich zu Tode zu foltern, und sterben wäre die einzige Möglichkeit gewesen, ihn dieses perversen Vergnügens zu berauben. Mein Tod war unausweichlich. Ich sah wenig Sinn darin, mein Leben unnötig zu verlängern.
    Ich habe mich geirrt. Ich habe die Hoffnung aufgegeben und wäre deshalb beinahe ums Leben gekommen.
    Ich wäre gestorben – wenn Jericho Barrons nicht gewesen wäre.
    Er ist der gescheite Mensch, der mir die Lebensweisheit beigebracht hat. Hoffnung macht stark. Angst tötet – diese simple Wahrheit passt zu allen Situationen, zu allen Entscheidungen. Jeden Morgen, wenn wir aufwachen, zwischen Hoffnung und Angst wählen und alles, was wir tun, einer dieser Empfindungen unterordnen müssen. Begrüßen wir die Dinge, die auf uns zukommen, mit Freude? Oder mit Argwohn?
    Hoffnung macht stark …
    Ich gestattete mir kein einziges Mal, Hoffnung im Zusammenhang mit der Person zu hegen, die jetzt mit dem Gesicht nach unten in einer Blutlache liegt. Nicht einmal benutzte ich Hoffnung, um das Band zwischen uns zu festigen. Ich überließ die Last unserer Beziehung breiteren Schultern. Angst. Argwohn. Misstrauen beherrschte mein Handeln.
    Und jetzt ist es zu spät – ich kann nichts mehr zurücknehmen.
    Ich höre auf zu schreien und fange an zu lachen. Ich höre den Wahnsinn in meinem Gelächter.
    Es ist mir egal.
    Mein Speer, der aus seinem Rücken ragt, verhöhnt mich. Ich erinnere mich, wie wir ihn gestohlen haben.
    Für einen Moment bin ich wieder in den dunklen regennassen Straßen Dublins, steige mit Barrons in die Kanalisation hinunter und breche in Rocky O’Bannions Geheimversteck für religiöse Artefakte ein. Barrons trägt Jeans und ein schwarzes T-Shirt, indem man das Muskelspiel beobachten kann, als er den Kanaldeckel hochhebt und wegwirft, als wäre er leicht wie eine Frisbeescheibe.
    Er ist beängstigend sexy und macht Männer gleichermaßen wie Frauen nervös. Bei Barrons weiß man nie, ob er einen ins Bett zerrt oder alles auf den Kopf stellt und eine neue, unkenntliche Person hinterlässt, die ohne Halt in einem Meer ohne Grund und Regeln treibt.
    Ich war nie immun gegen ihn. Es gab nur verschiedene Grade der Verweigerung.
    Meine Verschnaufpause ist zu kurz. Die Erinnerung löst sich auf, und ich werde mit der Realität konfrontiert, die mich an den Rand des Wahnsinns bringt.
    Angst tötet …
    Im wahrsten Sinne des Wortes.
    Ich kann es nicht sagen. Ich kann es nicht denken. Und erst recht kann ich es nicht begreifen.
    Ich schlinge die Arme um meine Knie und wiege mich.
    Jericho Barrons ist tot.
    Er liegt reglos auf dem Bauch. Er hat sich während der kleinen Ewigkeit, in der ich geschrien habe, nicht bewegt und nicht geatmet. Ich spüre seine Anwesenheit nicht mehr. Bei allen Gelegenheiten konnte ich seine Nähe fühlen: elektrisierend, überlebensgroß, so als hätte man viel zu viel in einen viel zu kleinen Behälter gestopft. Ein Geist in der Flasche. Das ist Barrons:
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