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Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod

Titel: Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod
Autoren: Veit Heinichen
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und bleckte die Zähne. »Sie erinnern sich!«
    »Seien Sie still!« brüllte der Questore. »Der Präfekt rief schon vor sieben Uhr an, der Bürgermeister kurz darauf. Und alle Parteivorsitzenden von allen Parteien und so weiter! Wir müssen uns auf das ganze nationale und internationale Fernsehen gefaßt machen. Und stellen Sie sich bloß vor, was mit Cardotta passiert. Vielleicht hat er gar nichts damit zu tun, ist unschuldig. Dann, meine Herren, fällt alles auf die Polizei zurück!«
    »Questore«, wandte Laurenti ein und zwang sich zu Ernsthaftigkeit, »keiner ist unschuldig, den wir in der Villa aufgetrieben haben! Auch Cardotta nicht! Das schwöre ich Ihnen.«
    »Und was ist mit dem Geheimnisverrat, Laurenti?« Der Polizeipräsident war aufgestanden, hatte sein Jackett ausgezogen und stützte sich mit beiden Händen auf den Tisch. »Das ist noch viel schlimmer. Vergessen Sie das nicht! Ich will wissen, wer das war. Und ich bekomme es heraus, darauf können Sie sich verlassen. Alle!« Er setzte sich, schwieg einen Moment und fuhr dann fort: »Kommen wir zur letzten Nacht zurück. Laurenti fängt an!«
    Laurenti räusperte sich und wartete einen Augenblick, bevor er anfing.
    »Abgesehen davon, daß mich das Wort Verrat in diesen Tagen kaum mehr überrascht, das Folgende: Es war eine verfluchte, verrostete, dreckige kleine Stahltür!« Er streckte beide Hände nach vorne und ließ sie geräuschvoll auf die Tischplatte fallen. »Zur Via Redi hinaus. Und wir waren alle zusammen zu blöde, von ihrer Existenz zu wissen!«
    Wieder herrschte betretenes Schweigen am Tisch. Nicht einmal der Questore sagte etwas. Der Carabinieri-Colonello schaute diesmal angestrengt ein Loch in die Wand, und Zanossi, der Maggiore der Guardia di Finanza, kritzelte verlegen auf einem Blatt Papier. Ettore Orlando schwieg sich aus. Alle hatten versagt, jeder an einer anderen Stelle.
    »Tremani«, fuhr Laurenti fort, »ist in Ronchi dei Legionari um 20 Uhr 57 gestartet. Es scheint, daß er nur sehr kurz in der Villa war. Auch er muß sich durch diese Tür davongeschlichen haben. Zum Haupttor ging er zumindest nicht hinaus. Warum aber war er dann überhaupt da? Ich kann mir nicht helfen, auch das riecht faul. Ich frage mich, ob er Lunte gerochen hat?«
    Wieder herrschte langes Schweigen. Dann räusperte sich Zanossi.
    »Das kann nicht sein. Sie checkten bereits am späten Nachmittag im Hotel aus. Von der Via dei Porta fuhren sie direkt zum Flughafen. Sie mußten auch noch auf die Starterlaubnis warten. Keine schnelle Flucht! Nein, das war schon vorher geplant. Das war kein Tip. Der hätte ohnehin nur von uns kommen können, von niemand anderem. Von einem von uns, so wie wir hier sitzen.«
    Der Questore zog ein Taschentuch heraus und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. »Nicht auch das noch!«
    Wieder Schweigen.
    »Es irritiert mich, daß Tremani nicht zum Haupteingang hinausgegangen ist«, sagte Laurenti. »Warum haben sie die kleine Tür genommen? Das ist doch merkwürdig.«
    »Andererseits«, sagte der Questore schon etwas ruhiger, »würde es auch wieder zu Tremani passen. Er wollte vielleicht deswegen nicht vorne raus, weil er dann den anderen Gästen begegnet wäre …«
    »Aber dann frage ich mich, weshalb er überhaupt gekommen ist, wenn er keinem von diesen Typen begegnen wollte«, sagte Orlando.
    »Zanossi hat den Verdacht des Verrats zwar nicht ausgesprochen, aber er liegt jetzt in der Luft, meine Herren!« Der Questore schaute wieder einmal jeden einzelnen eindringlich an, bevor er weitersprach. »Ich hoffe für uns alle, daß wir im Laufe der Ermittlungen noch eine andere Lösung finden. Wir müssen ohnehin damit rechnen, daß der Präfekt uns eine Untersuchungskommission auf den Hals hetzt. Er hat heute früh furchtbar getobt, und ich bin für zwölf Uhr einbestellt. Aber, Orlando, schon daß Ihr Kollege auf der Party war, zeigt doch, daß wir nicht nur ein Leck durch Fossa hatten …«
    »Entschuldigen Sie, Questore!« unterbrach ihn Orlando. »Ich habe ihn gestern Nacht auseinandergenommen, zerlegt. Er hatte die Finger mit im Spiel. Bei der Abwicklung im neuen Hafen und vor allem, weil er der TIMOIC schriftlich attestiert hatte, daß sie über die Anleger verfügen konnten, noch bevor das Geschäft mit der Europabehörde besiegelt war. Aber er war ganz sicher nicht über unsere Pläne informiert. Sonst wäre er gestern abend wohl kaum in die Via dei Porta gegangen.«
    Der Questore überging den Einwand. »Lassen Sie uns
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