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Heimkehr der Vorfahren

Heimkehr der Vorfahren

Titel: Heimkehr der Vorfahren
Autoren: Eberhardt del'Antonio
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Juana einem unbekannten elektronischen Instrument die Klänge verschiedener klassischer Instrumente entlockte. Die anderen Kinder umstanden die Eltern und wiegten sich im Takt.
    Glowa beendete das Spiel mit einigen hellen Akkorden. »Es war schwer, aber wir haben es geschafft!« rief er vergnügt. »Schlafen Sie immer so gut? Wir spielen seit einer halben Stunde!«
    »Morgenständchen!« rief einer der Buben. »Hat’s dir denn gefallen?«
»Und wie«, sagte Romain geheimnisvoll. »Im Bett liegen und Musik hören, das mochte ich schon vor dreihundertsiebzig Jahren!«
Sie frühstückten.
»Bevor wir uns über biologische Dinge unterhalten, möchte ich gern noch etwas zu unserem Gespräch von gestern abend sagen«, erklärte Glowa, als Romain das Besteck aus der Hand legte. »Darf ich Sie dazu in mein Arbeitszimmer bitten?«
Glowas Arbeitszimmer war dem Wohnhaus als selbständiger Teil angegliedert. Sie erreichten es über einen glasbedachten Weg, der das Haus umlief.
Glowa nötigte Romain, im Besuchersessel Platz zu nehmen.
»Sie sprachen gestern davon, wie kompliziert Ihre Lage sei und vor allem Ihre Rückkehr ins Heimkehrerdorf«, begann Glowa, als er Romain hinter seinem Schreibtisch gegenübersaß. »Ich habe mich noch gestern abend damit befaßt und muß Ihnen sagen, daß ich das nicht finden kann. Sie haben sich in eine Panikstimmung hineingesteigert.«
Romain starrte ihn entgeistert an. In ihm breitete sich eine grenzenlose Enttäuschung aus. Diesem Manne hatte er sich anvertraut! Wie war er bloß daraufgekommen, daß ihn auch nur einer der Zeitgenossen dieses Jahrhunderts verstünde? Er glaubte nicht an Träume, aber plötzlich sah er sich wieder als häßlicher Zwerg, verspottet und verlacht.
Aus verkniffenen Augen betrachtete er den Hünen vor sich. Wie der dasaß, ungerührt, zufrieden, mit verstecktem Lächeln um den Mund. Man müßte aufstehen und ohne Gruß davongehen.
»Das ist alles?« Er hatte Mühe, seinen Zorn zu verbergen.
»Noch nicht«, erwiderte Glowa mit gleichgültiger Freundlichkeit. »Es ist üblich, seine Behauptungen zu beweisen. Gestatten Sie mir, den Beweis anzutreten!« Er sprang auf und verließ den Raum. Das kam für Romain so unerwartet, daß er wie angeklebt sitzen blieb und auf die Tür starrte, die sich hinter Glowa geschlossen hatte.
Dann besann er sich. Was saß er überhaupt noch hier und wartete? Wollte sich Glowa mit psychologischen Traktätchen über ihn lustig machen? Gut, er würde warten, bis Glowa käme, aber dann könnte der etwas erleben!
Er hörte ihn zurückkommen und richtete sich auf, zornig, angriffslustig.
Die Tür ging auf, Romain fuhr aus dem Sessel. Vor ihm stand Vena!
Er starrte sie an wie eine Erscheinung. Schloß die Lider, riß sie wieder auf. Fuhr sich über sie Stirn und schüttelte den Kopf. »Ich bin’s«, sagte Vena weich.
»Du kommst zu mir?«
»Wer sonst, George, ich bin doch deine Betreuerin!« Sie trat zu ihm und reichte ihm die Hand. Er nahm sie, drückte sie wohl auch, stand aber wie gelähmt. Träumte er? Beinahe hätte er sich nach alter Manier in die Ohren gekniffen – doch er war hellwach, hörte Kinderstimmen im Garten, den fernen Pfiff der Interkontinentalbahn, das Heulen eines Überschallflugzeuges, ja, er vernahm sogar ihren Atem und hörte, wie er mit dem seinen verschmolz. Auf der ganzen Welt schien es nur noch Vena und ihn zu geben. In ihm stritten Freude und Niedergeschlagenheit, Jubel und Zweifel. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, die Knie drohten ihm den Dienst zu versagen.
Vena wartete gerührt, bis er sich faßte. Hätte sie jemals an ihm gezweifelt, diese Sekunden waren beredter als tausend Liebesgeständnisse. Schließlich brach sie den Bann. Mit unnachahmlicher Gebärde warf sie ihr Haar zurück. »Du darfst mich küssen – Nasarow hat’s erlaubt!«
Zwei Tage danach trafen Vena und Romain in der Heimkehrersiedlung ein. Es war ein milder Spätsommertag, ein zarter Dunst verschleierte die Sonne und dämpfte alle Farben. Romain fühlte sich wie entrückt. Nach den Monaten des afrikanischen Klimas empfand er die frische Kühle dieses Tages als ein Labsal. Ohne sich dessen bewußt zu werden, drückte er Venas Arm. Wenn das Wort für ihn je einen Sinn gehabt hatte, dann in diesem Augenblick: Er kam nach Hause.
Sein Bungalow, in dem er zusammen mit Nasarow gewohnt hatte, war leer. Als er die Tür zu seinem Zimmer öffnete, erklang im Lautsprecher eine Stimme. »Wir erwarten euch am Südende der Siedlung hinter dem Birkenhain. Wir
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