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Heimkehr der Vorfahren

Heimkehr der Vorfahren

Titel: Heimkehr der Vorfahren
Autoren: Eberhardt del'Antonio
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Kunststoff vor der Aushärtung, weich, biegsam, geschmeidig. Ob Romeda über den Härter verfügte?
»Bevor Sie wieder mit Pala zusammenkommen, müßten Sie unser Leben genauer kennenlernen«, fuhr Romeda fort, »damit Sie sich besser zurechtfinden – mit Pala. Es gibt Normen des Zusammenlebens, die man sich jedoch nicht anzueignen vermag, wenn man sie nicht aus der Zeit heraus begreift. Hätten Sie diese Normen gekannt, wären Sie nicht krank geworden, und einen Rückfall möchten wir doch vermeiden, nicht wahr?«
»Und Pala?« fragte er ein wenig ungeduldig.
»Man muß Geduld haben, James Stafford, dann renkt sich alles ein.«
Stafford nickte und ging langsam davon.
»Sie sind ja gefährlich«, sagte Sandrino, als Stafford ein Stück entfernt war. »Sie haben aus Stafford ein willenloses Bündel gemacht.«
Romeda setzte sich auf einen Felsblock und sah ihn belustigt an. »Hätten wir Stafford der Depression überlassen sollen?«
»Mir ist nicht nach Scherz zumute.« Sandrino trat, die Hände in den Manteltaschen, so dicht vor Romeda, daß sie zu ihm aufschauen mußte. »Sie haben die Medizin dazu benutzt, einen Menschen seiner freien Entscheidung zu berauben und ihn psychisch bis zur Unkenntlichkeit zu verändern. Tragen Sie die Verantwortung für die Folgen?«
»Ich habe Stafford nicht den freien Willen genommen, sondern ihn von seiner Zwangsvorstellung geheilt. Dazu war ich als Arzt verpflichtet, nicht nur dem Patienten, sondern auch der Gesellschaft gegenüber. Jetzt hängt alles davon ab, daß Staffords psychische Lücken durch ein der Wahrheit entsprechendes Bild von unserer Welt geschlossen werden, und das ist unter anderem Ihre Aufgabe. Wir beide tragen die Verantwortung dafür, daß das möglichst schnell und ohne Komplikationen geschieht.«
»Und dann geben Sie ihm ausgerechnet Palas Bild? Das muß doch die alten Zweifel bei ihm auslösen!«
»Dachten Sie etwa, ich wollte ihm die Erinnerung an Pala nehmen? Wie stellen Sie sich denn eine emotionale und geistige Genesung ohne Palas Mitwirkung vor? Mir werfen Sie vor, ich hätte einem Gemütskranken Gewalt angetan, Sie selbst aber wollen ihn der Erinnerung an einen wesentlichen Lebensabschnitt berauben. Sie haben kein Vertrauen, weder zu meinem Berufsethos noch zu Staffords gesundem Kern. Ich fürchte, Sie vertrauen nicht einmal sich selbst.« Romeda stand auf und rüttelte Sandrino an der Schulter. »Wach auf, Massimo, aus deinem Alptraum! Es gibt keinen Mißbrauch der Heilkunst. Zwar sind die Waffen, mit denen die Wissenschaft den Kampf gegen Krankheit und Tod führt, im Lauf der Jahrtausende immer wirkungsvoller geworden, dementsprechend hat sich aber auch die Verantwortung des Arztes vor dem Leben erhöht.«
Sandrino wandte sich wortlos ab, Romeda hatte nie ein Blatt vor den Mund genommen, was sie sagte, war zutiefst aufrichtig. Daß sie es gut mit ihm meinte, stand außer Zweifel – aber ob sie im Recht war, ihm mangelndes Vertrauen vorzuwerfen? Und wenn sie wirklich recht hatte? Wenn es nur an ihm selber lag, ob er sich in der neuen Welt zurechtfand? Dann hätte er ja bisher alles falsch…
Romeda holte ihn ein und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung«, sagte sie fröhlich. »Das ist zwar eine historische Redensart, aber ich denke, sie gilt heute noch!«
    Romain träumte, er wäre ein häßlicher Zwerg. Verlangend hob er seine Arme einer berückend schönen Riesin entgegen, aber sie lachte gellend. »Seht diesen Knirps, diesen häßlichen, was er anmaßend begehrt!« Und wieder ließ sie ihr durchdringendes Lachen erklingen. Es trieb ihm den Schweiß aus den Poren. Er wand sich unter ihrem Hohn, fühlte sich aber gleichzeitig auch als Beobachter und spottete über den Zwerg. Immer wieder peinigte ihn das gellende Gelächter, in das er selber einstimmte und unter dem er sich gleichzeitig krümmte. Es riß ihn schließlich aus dem Schlaf.
    Mit einem Ruck setzte er sich auf. Wie benommen fuhr er sich über die Stirn und blinzelte in die Sonne. Das Lachen blieb und verwandelte sich in das Jauchzen eines Saxophons. Nun erst wurde ihm bewußt, wo er sich befand. Schnell erhob er sich und eilte zum Duschraum. Der scharfe kalte Strahl trommelte ihm die Schlaffheit aus dem Körper. Er entsann sich, daß Glowa ihm ein Gespräch mit Juana über biologische Probleme zugesagt hatte.
    Als er in den Lichthof trat, saß Glowa an der Elektronenorgel und spielte mit seiner größeren Tochter vierhändig, während
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