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Heavy Cross

Heavy Cross

Titel: Heavy Cross
Autoren: Ditto Beth
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ganz andere Rauschmittelliga. Dean dockte mit dem Mund an der Dosenöffnung an und hielt ein Feuerzeug an das verkohlte Gras. Ich sah zu, wie er sich an der Dose festsog, den Rauch verschlang und anschließend zum Fenster hinausblies. Ich folgte seinem Beispiel.
    Ein riesiger heißer Rauchschwall drang in meine Lungen. Wenn Zigarettenqualm einem windigen Tag glich, dann war das hier der Tornado, der Judsonia zerstört hatte. Ich schluckte ihn, rang nach Luft, und meine Augen brannten und tränten. Ich wollte vor Dean nicht wie ein Baby dastehen, aber er beachtete mich sowieso nicht. Er zündelte bereits erneut an den Grasresten herum und nahm einen letzten kräftigen Zug. Er zog eine Schnute wie Mick Jagger und nahm den verbotenen Rauch in sich auf, während ich darauf wartete, dass die Droge zu wirken begann. Ich wartete und wartete. Mir war ein kleines bisschen schwindelig, aber vielleicht kam das vom Husten und dem Versuch, ihn zu unterdrücken. Vorsichtig machte ich eine kurze Bestandsaufnahme meines Körpers und meines Geistes. Dann ließ mein Cousin die mit Asche gefüllte Dose fallen und griff nach seinem Gewehr.
    In Arkansas ist es kein großes Ding, Waffen im Haus zu haben. Im Gegenteil, wenn man keine hat, denken die Leute, man tickt nicht richtig. Bei meinen Freundinnen zu Hause hingen glänzende Schusswaffen in Vitrinen, ausgestellt wie Porzellanfiguren auf dem Kaminsims. Deans Gewehr lehnte inmitten seines Schweinestalls lässig an der Wand neben dem Bett. Während ich völlig breit meinen Tagträumen nachhing, lehnte er sich aus dem Fenster und hatte – peng, peng, peng – schon drei Eichhörnchen erlegt, noch bevor ich dazu kam, so etwas wie »Wahnsinn, Mann!« auch nur zu denken. Die kleinen Nager fielen vom Baum und wirbelten bei ihrer unsanften Landung jeweils eine Staubwolke auf. Dieselben Eigenschaften, denen Dean seinen Erfolg beim Billard verdankte, machten ihn auch zu einem ausgezeichneten Schützen: Präzision und eine ruhige Hand, scharfe Wahrnehmung, physikalisches Verständnis und ein untrügliches Gefühl für den richtigen Zeitpunkt, wann die Acht in die Ecke musste und das Eichhörnchen lange genug auf dem Baum gesessen hatte. Dabei war es sicher kein Nachteil, dass es im Hof von diesen Viechern nur so wimmelte. Leider war er auch voller Scheiße. Eine kleine Rinne zog sich hindurch, die in einen offenen Abwasserkanal am Waldrand mündete. Wenn die Klospülung im Haus betätigt wurde, sah man die Scheiße aus dem Rohr in die Rinne rauschen. Sie trieb einfach davon – wohin auch immer. Meine Cousinen, mein Cousin und ich spielten dort hinten, wo wilde Maulbeersträucher und Pekannussbäume wuchsen. Wir kamen mit Pekannussschalen zwischen den Zähnen nach Hause, weil wir versucht hatten, die glatten Schalen mit den Zähnen zu knacken. Die Nüsse fielen haufenweise von den Bäumen, und alle, die wir nicht aufbeißen konnten, warfen wir in den offenen Abwasserkanal, um die an der Oberfläche schwimmenden Kackwürste zu versenken.
    Stoned fühlte sich mein Körper schmutzig und kalt an. Nichts schien mir verlockender als eine heiße Dusche. Dean rannte in den Hof, um seine Beute einzusammeln. Und ich nutzte die Ruhe im Haus, genoss das heiße Wasser, ohne dass mich jemand anschrie, ich solle mich beeilen, und ohne dass jemand jammerte, er müsse pinkeln oder selbst duschen. Und niemand meckerte darüber, dass heißes Wasser teuer war. Verglichen mit der Armut, der ich entkommen war – na ja, das klingt dramatischer, als es war, ich war einfach gegangen und niemand hatte mich daran gehindert –, gehörte Tante Jannies Haushalt eindeutig zur unteren Mittelschicht. In ihren Schränken standen stolz mehrere Packungen Käsemakkaroni von Kraft. Es gab kleine süße Kuchen, alle möglichen Schokoriegel mit geheimnisvollen, cremigen Füllungen, mit Schokolade überzogene Röllchen, gefüllt mit süßer Erdnussbutter. Tante Jannie hatte Kreditkarten, deshalb war alles möglich – neue Haushaltsgeräte, Schusswaffen, Fernseher, Lebensmittel im Überfluss. Trotzdem war hier niemand reich, und wenn jeder in dem achtköpfigen Haushalt heiß duschte, kam einiges zusammen. Ich trocknete mich ab, zog meine Jogginghose und mein Chanteuse-T-Shirt wieder an. Als ich das Badezimmer verließ, stieg mir der fettige Fleischgestank von gebratenen
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