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Hawkings Kosmos einfach erklaert

Hawkings Kosmos einfach erklaert

Titel: Hawkings Kosmos einfach erklaert
Autoren: Rüdiger Vaas
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nicht ein einziges Universum, sondern viele, und dort könnten die Naturgesetze und -konstanten ganz anders beschaffen sein als in unserem.
    â€žWir scheinen an einem entscheidenden Punkt der Wissenschaftsgeschichte zu stehen, an dem wir unsere Ziele und das, was eine physikalische Theorie akzeptierbar macht, neu definieren müssen“, glauben Hawking und Mlodinow. „Offenbar werden die fundamentalen Zahlen und sogar die Form der in unserem Kosmos nachweisbaren Naturgesetze nicht von der Logik oder von physikalischen Prinzipien verlangt. Die Parameter können viele Werte und die Gesetze beliebige Formen annehmen, die zu einer selbstkonsistenten mathematischen Theorie führen, und sie besitzen tatsächlich verschiedene Werte und verschiedene Formen in verschiedenen Universen. Das mag unbefriedigend für unser menschliches Verlangen sein, etwas Besonderes zu sein oder alle Gesetze der Physik in einem säuberlich geschnürten Paket serviert zu bekommen, aber so hält die Physik es nun einmal.“
    Weder bedingen die Feinabstimmungen also einen kosmischen Bauplan und einen jenseitigen Architekten noch erfordert die Entstehung und Entwicklung der Welt einen Schöpfer. Nur die „Unkenntnis der Naturgesetze veranlasste die Menschen früherer Zeiten, Götter zu erfinden, die in jeden Aspekt des menschlichen Lebens hineinregierten“.
    Im Mittelalter herrschte hingegen die Auffassung, „dass das Universum Gottes Puppenstube und die Religion ein weit lohnenderes Studienobjekt sei als die Naturerscheinungen“, karikieren es Hawking und Mlodinow. Religion füllte nicht mehr bloß Erklärungslücken, sondern geriet nach und nach in Konkurrenz zu anderen Erklärungsformen. Insofern war der Streit mit den sich allmählich entwickelnden Naturwissenschaften wohl unausweichlich. Außerdem stellten sich Rechtfertigungs- und Machtfragen. Beispielsweise trug der Pariser Bischof Étienne Tempier 1277 auf Weisung des Papstes Johannes XXI. eine Liste von 219 Ketzereien zusammen. Dazu gehörte auch die Ansicht, dass die Natur Gesetzen folgt, denn das sei nicht mit Gottes Allmacht vereinbar. „Interessanterweise wurde Papst Johannes einige Monate später von den Auswirkungen des Gravitationsgesetzes getötet, als ihm das Dach seines Palastes auf den Kopf fiel“, kommentieren Hawking und Mlodinow lakonisch.
    Seither hat sich viel verändert. Der Erfolg wissenschaftlich-technischer Methoden der Naturbeschreibung und -manipulation mithilfe von Analysen, Experimenten, Naturgesetzen und Ursache-Wirkung-Beziehungen ist enorm. Damit wurden überweltliche Einflüsse immer unglaubhafter. Dennoch gab und gibt es viele Versuche, die Existenz eines Gottes, transzendenter Entitäten und/oder deren Auswirkungen zu verkünden, indem man sie gleichsam in wissenschaftliche Erklärungslücken stopfte (etwa bei Bewusstsein, Leben oder Quantensprüngen), sie an den Anfang des Universums verlegte oder an dessen Zukunft und angebliches Ziel, sie als tragendes Fundament des Kausalgefüges postulierte oder sie kühn mit der physikalischen Wirklichkeit als Ganzes oder deren Veränderung identifizierte. Dagegen wurden zwar gewichtige logische, philosophische sowie auch wissenschaftliche Argumente angeführt – zumal die „Erklärungslücken“ mit zunehmenden Erkenntnissen immer weniger und kleiner werden. Aber mit speziellen metaphysischen Annahmen lässt sich Über- und Hinterweltliches immer irgendwie rechtfertigen, gegen Kritik immunisieren oder auf unergründliche Ratschlüsse Gottes abwälzen.
    Insofern kann Hawking die Existenz Gottes auch nicht ausschließen. Das ist aus rein erkenntnislogischen Gründen unmöglich, denn eine transzendente Nichtexistenz lässt sich prinzipiell nicht beweisen. Wer also das Dasein und Wirken Gottes behauptet, muss Indizien dafür angeben. Tatsächlich braucht die Wissenschaft Gott zur Erklärung der Welt nicht (sondern schickt sich umgekehrt sogar an, mit psychologischen und biologischen Erkenntnissen Gott zu erklären – genauer: den Glauben an ihn). Und wenn sich die Entstehung der Welt gleichsam aus sich selbst heraus verstehen lässt, dann ist die Annahme eines Schöpfers schlicht unnötig. Genau darin besteht Hawkings Argument – und das vieler anderer Kosmologen und Naturphilosophen, selbst wenn sie Hawkings physikalische Modelle nicht teilen.
    Dies ist der
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