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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii
Autoren: James A. Michener
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Solidarität einbüßen, das er und Goro und die anderen jungen Japaner damals empfunden hatten, als sie sich schworen: »Wir sind so gut wie die Haoles.« Er würde all das verlieren, was seinen Kampfesmut wachhielt.
    Er begann zu verhandeln: »Hong Kong, Sie müssen wissen: Was immer mir das Fort anbietet, ich werde für die Bodenreform eintreten.«
    »Verdammt!« rief Hong Kong. »Man will Sie ja gerade, weil Sie darum kämpfen. Man weiß im Fort, daß Sie im Recht sind, Shigeo.«
    »Gut!« erwiderte der junge Senator. »Sagen Sie ihnen, daß ich das Angebot nach der Wahl annehme.«
    »Nach der Wahl wird es keine moralische Wirkung mehr haben«, hielt ihm Hong Kong vor.
    »Nach der Wahl«, wiederholte Shigeo und wandte sich mit um so größerem Eifer dem Wahlkampf zu, der das Leben auf Hawaii verändern sollte. Er und McLafferty hatten eine Gruppe hervorragender junger japanischer Kriegsveteranen zusammengebracht. Sie hatten alle auf dem Festland studiert. Einigen von ihnen fehlte ein Arm, den sie in Italien verloren hatten, oder ein Bein, das ihnen in Frankreich abgeschossen worden war, und wenn ihnen daran gelegen gewesen wäre, hätten sie mit einer Brust voll Orden auf der Rednertribüne erscheinen können. Im Gegensatz zu früheren Wahlen äußerten sich diese ernsten Männer über bestimmte Streitfragen und bestätigten Senator Shigeo Sakagawas Darstellungen über die
    Bodenreform. Die Atmosphäre war geladen, als wäre dieser Oktober ein geistiger Frühling, in dem neue Ideen keimten.
    Eines Abends sagte Noelani Janders, als sie Shig nach vier Wahlversammlungen heimfuhr: »Einen Augenblick lang, Shig, hatte ich heute abend das Ungewisse Gefühl, daß wir sowohl im Parlament wie im Senat die Mehrheit gewinnen. Es besteht wirklich eine Aussicht, daß viele von euch Japanern diesmal gewählt werden.«
    Dann trat der Wahlkampf - zumindest was Shigeo Sakagawa anbetraf völlig in den Hintergrund, denn eines Tages kletterten unvermutet Kamejiro und seine gebeugte Frau von einem japanischen Frachter, nahmen einen Bus nach Kakaako und verkündeten: »Wir haben uns entschlossen, in Amerika zu bleiben.«
    Goro und Shigeo umarmten sie so herzlich, wie ihr trotziger, felsenharter Vater es erlaubte, und versuchten, die Gründe für diesen plötzlichen Wandel seiner Absichten zu erfahren. Alles, was sie aus ihm herausbrachten, war: »Ich bin zu alt, um mich noch an diese verdammten japanischen Toiletten zu gewöhnen Ich kann mich nicht mehr so lange hinhocken.« Mehr wollte er nicht sagen.
    Sakagawas Frau ließ dann und wann eine Bemerkung fallen. Einmal sagte sie: »Der alte Mann meinte, er sei in Amerika so verweichlicht, daß er nicht mehr fähig sei, ein echter Japaner zu sein.« Ein andermal sagte sie traurig: »Wenn man vierzig Jahre von einem Bauernhof fort war, wirken die Felder kleiner, als man sie in Erinnerung hatte.« Und von sich sagte sie einfach: »Die Inlandsee ist furchtbar kalt im Winter.«
    Ende Oktober, als Shigeo einmal besonders gereizt von dem Wahlkampf nach Hause kam, fuhr er seinen Vater an: »Ich habe Hunderte von Leuten gesehen, die wie du Hawaii verlassen wollten und sagten: >Ich werde zum größten Land der Erde zurückkehren.< Aber wenn ihr dann hinkommt, gefällt es euch
    anscheinend dort doch nicht so gut.«
    Zu seiner Überraschung schritt Kamejiro auf ihn zu und gab ihm links und rechts eine Ohrfeige. »Du bist ein Japaner!« sagte er mit Nachdruck. »Sei stolz darauf!«
    Sakagawas Frau hatte verschiedene neue Fotos von Hiroschima-Mädchen mitgebracht und auf dem Küchentisch ausgebreitet. Aber als ihre Söhne wenig Interesse für die Mädchen zeigten, legte sie sie traurig beiseite. Eines Nachts, als sie keinen Schlaf finden konnte, sah sie, wie ihr jüngster Sohn von einem Haole-Mädchen im Wagen nach Hause gebracht wurde, und es schien ihr, als hätte er das Mädchen geküßt. So weckte sie ihren Mann, und die beiden stellten Shigeo wütend zur Rede: »Bist du mit einem Haole-Mädchen nach Hause gekommen?«
    »Ja«, antwortete der junge Senator.
    »O nein!« jammerte die Mutter. »Kamejiro, sprich ihm ins Gewissen.« Die erbitterte Auseinandersetzung dauerte mehrere Stunden, und immer wieder schrie Kamejiro: »Wenn du dich mit einem Haole-Mädchen einläßt, wird sich ganz Japan deiner schämen!«
    Sakagawas Frau meinte, es sei eine Gnade des Himmels, daß sie rechtzeitig nach Amerika zurückgekehrt waren, um ihren Sohn vor dieser unauslöschlichen Schande zu bewahren. Sie schluchzte:
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