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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii
Autoren: James A. Michener
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- so herrschte der große Ozean.
    Millionen und Abermillionen Jahre ehe sich der Mensch auf der Erde erhob, waren die mittleren Bezirke des ungeheuren Ozeans leer, und wo heute berühmte Inseln liegen, erhob sich damals nichts über die wogende See. Natürlich bewegten sich zuweilen ungeschlachte Formen des Lebens durch die Tiefen; aber im ganzen wurde die Mitte des Ozeans nur durch die riesigen Wellen bestimmt, die sich auf das Geheiß von Mond und Wind auftürmten. Dunkel rasten sie über die wüste See und brachen sich aneinander schrecklich, unbändig und einsam.
    Da bildete sich eines Tages in einer über dreitausend
    Kilometer langen Linie, die von Nordwesten nach Südosten verlief, ein Sprung im Basaltbett des Ozeans. Ein großer Einbruch in der Erdkruste hatte sich unter dem Meer ereignet, und aus ihm hervor quollen weißglühende, flüssige Steinmassen. Als sich die Magma aus ihrem inneren Gefängnis befreit hatte, kam sie mit dem schweren nassen Leib des Ozeans in Berührung. Sogleich explodierte das flüssige Gestein und sandte mächtige Dampfstrahlen durch die mehr als fünftausend Meter hohe Wassermasse, die auf ihm lastete. Höher und höher stiegen die aufgerührten Blasen, bis sie schließlich die Meeresoberfläche erreichten, frei wurden und Wolken bildeten. In diesem Augenblick gab der Ozean kund, daß eine neue Insel im Entstehen begriffen war. Mit der Zeit bildete sich hier ein unendlich kleiner Flecken Land, der sich von der großen Leere des Ozeans abhob. Doch gab es noch keinen Menschen, der dieses Ereignis hätte feiern können. Vielleicht, daß irgendein gespenstisches und verschollenes Flugtier den Dampfaustritt erspähte und sich hinabschwang, um ihn zu beobachten. Wahrscheinlicher ist, daß sich die Bildung der Grundlage des zukünftigen Eilandes im Dunkeln, bei wogender See und in brütender Leere vollzog.
    Fast vierzig Millionen Jahre lang - eine Zeitspanne, die so groß ist, daß sie schon nichts mehr bedeutet - wußte nur der Ozean selber, daß in seinem Leib eine Insel entstand, denn noch kein Land hatte sich von der Oberfläche des Meeres abgehoben. Fast vierzig Millionen Jahre lang stieg aus dem langen Riß im Boden des Ozeans immer neue Magma auf, drängte sich durch die schon erkaltete Masse und verstärkte den Sockel, der sich vom Grund des Meeres hob. Manchmal vergingen tausend oder zehntausend Jahre, ohne daß eine neue Eruption erfolgte. Dann wieder sammelte sich mächtiger Druck in der Bruchspalte und entlud sich mit unvorstellbarer Wucht durch die vorhandenen Öffnungen, wobei große Dampfwolken hoch über die Wasseroberfläche hinausgeschleudert wurden. Hier nahmen
    Wellen ihren Ausgang, die um die ganze Erde liefen und sich noch zwölftausend Meilen entfernt aneinander brachen. Eine solche Explosion von unbeschreiblicher Wildheit mag dann am Ende das Niveau des subozeanen Eilands um einen halben Meter gehoben haben.
    Aber im allgemeinen vollzog sich das langsame und stete Durchsickern der geschmolzenen Steinmassen nicht sehr dramatisch. In immer neuen Schichten quoll die lebendige Erdsubstanz hervor, zischte fürchterlich bei der Berührung mit dem kalten Meerwasser und glitt dann an den Hängen des wachsenden Berges ab. Dieses Wachstum nahm am sichersten seinen Fortgang, wenn das flüssige Gestein nicht explodierte und in Asche zerstäubte, sondern zähflüssig an den Hängen ablief; so wurde verbunden, was vorher aufgebaut worden war, und eine Grundlage für das geschaffen, was kommen sollte.
    Wie lange ist das her, wie unendlich lange! Fast vierzig Millionen Jahre rang die erste Insel im Leib des Meeres, bis sie als sichtbares Land auftauchte. Fast vierzig Millionen Jahre zischte und brodelte ihr unterirdischer Vulkan und spuckte Gesteinsmassen aus - und dennoch blieb sie verborgen unter den dunklen Wassern des rastlosen Ozeans, für den sie nur eine unbedeutende Störung bedeutete, ein winziges, übermütiges, nach oben strebendes Etwas. Und dann kam es eines Tages am nordwestlichen Ende des Bruches zu einer Eruption, die sich von allen voraus gegangenen unterschied. Zwar schleuderte sie dieselbe Gesteinsart mit der gleichen Wucht durch die gleichen Öffnungen in der Erdrinde empor. Aber dieses Mal erreichten die ausgeworfenen Massen die Meeresoberfläche. Eine ungeheure Explosion ereignete sich, als die flüssige Lava gleichzeitig Wasser und Luft berührte. Dampfwolken stiegen kilometerhoch in den Himmel, Asche regnete zischend auf die brodelnde See, Detonationen
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