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Hausverbot

Hausverbot

Titel: Hausverbot
Autoren: Mariola Brillowska
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zum Schluss nicht rosig gewesen. Ich musste jeden Abend Schmetterlinge nachliefern. Anton hatte aber keine Lust mehr darauf. Aber ich war sehr auf ihn angewiesen. Er war der gute Handwerker, während ich die Akquise, den Verkauf, das Produktionsmaterial organisierte. Ich war jeden Tag mit dem Taxi unterwegs, um die Zahnprothesenchemikalien nachzukaufen, die Boutique mit neuer Ware auf den gleichen Lieferschein zu bestücken, die Devisen auf dem Schwarzmarkt anzukaufen. Anton ging das alles viel zu schnell, ihm war das viel zu ungemütlich. Er stellte lieber selber Käse her oder bastelte an seinen Ikonenfälschungen herum. Diese Ikonen waren auch sehr gut nachgemacht, aber wie lange er daran arbeitete, das konnte keiner bezahlen.
    Von heute auf morgen war die Chemikalie in allen Zahnprothesengeschäften in Danzig und Umgebung ausverkauft. Die nächste Lieferung sollte es in zwei Monaten geben. Oh nein, mir dauerte das alles viel zu lange. Ich fuhr sofort am nächsten Morgen mit dem Zug nach Tczew, das war die nächste größere Stadt im Umland, um so viel von dem Zahnzeug zu kaufen, wie ich nur im Rucksack schleppen konnte. Auf dem Heimweg traf ich zufällig Arek am Bahnhof, den Freund von Asia. Er erzählte mir, dass Anton heute Morgen bei ihm und Asia zum Frühstück aufgetaucht war. Er hätte leider zur Arbeit gehen müssen, aber Asia dürfte Anton ein gutes Frühstück zubereitet haben. Diese Information haute mich um. Mein Kindermädchen geht zu einem anderen Mädchen und lässt sich von dem das Frühstück servieren, während ich geschäftlich nach Tczew reise, um mich wie ein Esel beladen zu lassen!
    Da stimmte was nicht. Ich kochte vor Eifersucht. Ich verabschiedete Arek schnell und beeilte mich, um nach Hause zu kommen. Anton war da und lag in der Badewanne. Er hatte auch keine Schmetterlinge nachproduziert. Die ganze Arbeit lag wie heute Morgen herum. Nichts davon hatte er angerührt. Da war es mir klar, dass zwischen ihm und Asia was lief. Ich fragte ihn, was er so den ganzen Tag getrieben hätte, und er sagte, er hätte Migräne gehabt, deswegen hätte er die Schmetterlinge nicht fertig machen können. Ich sprach ihn auf das Frühstück bei Asia an, und er beteuerte, dass er mir davon bloß deswegen nicht erzählen hatte wollen, damit ich nicht eifersüchtig werden würde. Ich wurde aber immer noch eifersüchtiger. Ich legte mich alleine schlafen und weinte. Mein Herz, alles schmerzte, und es schmerzte auch jetzt hier am Flughafen, wie ich da so saß und auf den Abflug wartete. Ich wusste auch, dass Anton, sobald er zu Hause angekommen wäre, sich als Erstes bei Asia melden würde. Und ich konnte dagegen nichts machen, weil ich mich für meinen Weg entschieden hatte. Weil ich kein Hippie war, weil ich keine andere Wahl hatte, als wegzugehen, obwohl ich mich eigentlich um die Liebe meines Mannes, um unsere Liebe kümmern sollte. Sollte ich das aber wirklich? Aus der Heimat wegzugehen war schon schlimm genug, dabei aber dem Entgleiten der eigenen Liebe zuzusehen, das war in diesem Moment doch zu viel. Ich weinte schon wieder.
    Die zwei Stunden waren um. Es ging los. Die Passagiere nach Frankfurt wurden gebeten, ins Flugzeug einzusteigen. Sehr gerne, ich bin als Allererste dabei, wer redet da von Flugangst. Wenn ich Angst hatte, dann nur vor dem Stillstand, vor Langeweile, vor Aussichtslosigkeit. Bloß keine Stagnation. Lieber im Wirbel leiden, als im Stehen schlafen. Deswegen wahrscheinlich hatte ich mich auf Andrzej eingelassen. Ich wollte vor der deutschen Botschaft nicht im Stehen schlafen, auch wenn Andrzej sich als Pass-Dieb im Dienste der russischen Mafia entpuppen sollte. Vielleicht war er das ja, und nur in meinem Fall hatte er eine Ausnahme gemacht und mir den Pass nicht gestohlen. Wer weiß, vielleicht fand er meine Augen schön, ich habe wirklich schöne Augen. Der Gedanke an Andrzej wärmte mich im Durchzug des Kalten Krieges. Andrzej erkundete Deutschland bereits, und ich war auf dem Weg in seine Nähe. Wahrscheinlich war er ein Spion und sollte Kontakt zu mir aufnehmen, sobald ich bei meinem Onkel verweilte. Ich hatte doch die Formulare mit Andrzej zusammen ausgefüllt. Er kannte also die Adresse meines Onkels. Das war auf alle Fälle eine spannende Geschichte für den Anfang im Exil, das mir bevorstand. Ich imaginierte: Hey, Andrzej, check doch mal , Lola sitzt gerade im Flugzeug nach Frankfurt, schlürft an ihrer Bloody Mary und wartet auf Aufgaben in Sachen Spionage. Wen, was, wo, das wirst
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