Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hausbock

Hausbock

Titel: Hausbock
Autoren: Richard Auer
Vom Netzwerk:
an«, bat der Spurensicherer.
»Aus welcher Richtung kam die Kugel? Die Antwort auf diese Frage würde mir fürs
Erste reichen. Ich hätte nämlich gerne die Patronenhülse für die ballistische
Untersuchung.«
    Alle sahen sich um. Dort, wo sich der Hochsitz befand, bildete der
Waldrand einen fast exakten rechten Winkel. Von zwei Seiten kam hier das Wild
aus dem Dickicht zum Äsen auf die Wiesen. Ein Jäger konnte ebenfalls von beiden
Seiten angegriffen werden.
    »Wir müssen die Waldränder absuchen«, entschied Morgenstern.
    »Etwa zweihundert Meter auf jeder Seite des Jägerstandes«, fügte der
Spurensicherer hinzu. »Ich schließe aus, dass ein Schütze aus einer größeren
Distanz so präzise treffen kann.«
    »Wäre es denkbar, dass der Mann von hinten erschossen wurde, aus dem
Wald heraus?«, fragte Morgenstern.
    »Nein, das halte ich für ausgeschlossen. Er wurde von vorne
getroffen. Das Loch im Mantel deutet eindeutig darauf hin. Es reicht, wenn wir
uns auf den Waldrand beschränken. Auch das wird schon die Suche nach der Nadel
im Heuhaufen.«
    Hoch konzentriert machten sich die beiden Kommissare auf die Suche,
und bereits nach kürzester Zeit jubelte Hecht: »Ich hab sie!«
    Der Spurensicherer stürzte heran. »Vergessen Sie es. Die ist doch
völlig korrodiert. Die stammt vom Jäger selbst. Rund um den Hochsitz liegen
natürlich Dutzende von Hülsen, die in den letzten Jahren runtergefallen sind.«
    Der eben noch so eifrige Hecht büßte im Nu sein Jagdfieber ein, und
auch Morgenstern fand es plötzlich viel sympathischer, eventuell am Nachmittag
die Auszubildenden der Bereitschaftspolizei aus der großen Eichstätter
Polizeischule auf die Suche zu schicken.
    »Wir müssen jetzt wohl der Familie des Toten Bescheid geben«,
brummelte er.
    Hecht sah den Inspektionsbeamten fragend an. »Wissen Sie, wo er
wohnt?«
    »Bin ich hier die Ein-Mann-Filiale vom Einwohnermeldeamt?«, gab der
gereizt zurück. »Lasst euch die Adresse doch vom Präsidium raussuchen, die
haben das sofort.«
    Die beiden Kommissare setzten sich ins Auto und wollten gerade die
Daten an die Ingolstädter Zentrale durchgeben, als ein schwerer dunkelblauer BMW mit Ingolstädter Kennzeichen über
die Wiesen herangefahren kam.
    »Den warten wir noch ab«, sagte Hecht, und sie stiegen wieder aus.
    Der Wagen fuhr deutlich zu schnell für das Gelände, setzte auf dem
holprigen Feldweg sogar mehrmals mit unangenehmem metallischem Kreischen auf.
Mit einer scharfen Bremsung kam er schließlich zum Stehen. Ein korpulenter Mann
um die fünfzig stieg aus.
    »Was ist denn passiert um Gottes willen?«, fragte er in die Runde.
»Was soll der Krankenwagen hier, und vor allem: Was macht die Polizei hier?«
    Ehe ihn jemand hätte hindern können, stand er vor der Leiche, die
inzwischen abgedeckt worden war, beugte sich hinab und hob nach kurzem Zögern
die dünne Plane hoch. Alle warteten auf eine Reaktion, doch der Mann sagte kein
Wort. Die Stille, wieder nur durchbrochen vom Vogelgezwitscher, war beklemmend.
Dann drehte sich der Mann um.
    »Das ist Matthias Schreiber, mein Vater«, sagte er tonlos. »Ich will
jetzt sofort eine Erklärung, was hier los ist.«
    Morgenstern gab sich einen Ruck und trat auf den Mann zu. »Ich bin
Oberkommissar Morgenstern, das ist mein Kollege, Oberkommissar Hecht. Wir sind
von der Kripo in Ingolstadt. Unser Beileid.« Er reichte dem Mann die Hand.
    »Danke«, sagte der Sohn des Toten kurz angebunden. »Also, was ist
mit ihm passiert?«, fragte er eher in Richtung des Rettungssanitäters. »Ich
vermute mal, er hatte einen Herzinfarkt?«
    »Einen Herzinfarkt? Wie kommen Sie denn darauf?«, fragte der
Sanitäter zurück.
    »Weil mein Vater schon seit Jahren Herzrhythmusstörungen hatte. Er
musste täglich Tabletten nehmen, in einer hohen Dosis. Es war mir immer klar,
dass das nicht ewig gut geht.«
    »Nein, es war kein Herzinfarkt«, stellte der Sanitäter zögernd klar
und blickte hilfesuchend zu Morgenstern und Hecht.
    »Was war es dann? Ein Schlaganfall oder so etwas Ähnliches?«, fragte
der Sohn. »Nun sagen Sie schon!«
    »Nein, auch kein Schlaganfall«, antwortete Morgenstern, dem der
Befehlston ganz und gar nicht gefiel. »Aber vielleicht sagen Sie uns erst
einmal Ihren Namen. Wir wissen immer gerne, mit wem wir es zu tun haben.«
    Der dicke Mann sah Morgenstern verärgert an. »Also gut: Ich heiße
Walter Schreiber, und ich wohne mit meiner Frau drüben in Ingolstadt. Mein
Vater lebt in Eichstätt, ganz allein, und als er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher