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Haunted (German Edition)

Haunted (German Edition)

Titel: Haunted (German Edition)
Autoren: Bentley Little
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die ältere zu ihr. »Aber wir müssen hier bleiben und alle Patienten beobachten. Wenn es ein Stromausfall ist und die Notversorgung angeht, müssen wir dafür sorgen, dass es keine Pannen oder Störungen gibt, die einen von ihnen in Gefahr bringen könnten.«
    Dieses Mal flackerte nichts, aber Claire sah etwas Schlimmeres, etwas, das die Krankenschwestern überhaupt nicht sehen konnten, da sie auf die Monitore vor ihnen schauten.
    Ein verdrehter Schatten, der sich in sich zusammenfaltete, bewegte sich von der Decke zur Wand und auf den Fußboden, bevor er durch die offene Tür in James’ Zimmer huschte.
    »James!«, rief Claire und rannte zu ihm. Sie schrie seinen Namen aus Leibeskräften, in der Hoffnung, dass eine der Krankenschwestern ihr folgen würde, aber sie hörte hinter sich keine Schritte oder Rufe, und als sie in sein Zimmer einbog, schlief James immer noch tief und fest.
    Konnte sie keiner hören?
    Die Atmosphäre in dem Zimmer war schwer, und obwohl die Lichter eingeschaltet blieben, schienen sie trüb und konnten die Dunkelheit, die die Wände und Ecken umgab, nicht durchdringen. James’ Bett und das leere Bett neben ihm bildeten inmitten der zunehmenden Finsternis kleine sichtbare Inseln. Dinge bewegten sich, ein nicht identifizierbares Etwas, das nur flüchtig aus dem Augenwinkel zu sehen war. Unter dem Piepen und Pulsieren der Maschinen ertönte Geflüster, zischende Geräusche, die zwar keine echten Worte waren, aber scheinbar dennoch Bedeutung hatten.
    Sie hätte ängstlicher sein sollen, als sie war. Aber dieser Horror hatte etwas Vertrautes an sich, ein Muster oder eine Signatur oder eine tieferliegende Gemeinsamkeit, die beinahe erkennbar war.
    Sie war erkennbar.
    »Julian?«, flüsterte sie.
    Alles hörte auf. Die Bewegung, die Geräusche, alles.
    Sie wusste augenblicklich, dass er tot war, obwohl sie es nicht glauben wollte, sie weigerte sich zuzulassen, es zu glauben. »Nein«, sagte sie und putzte sich die Nase. »Das ist nicht wahr.«
    »Was ist nicht wahr, Mom?« James setzte sich auf und rieb sich die Augen. Er erstarrte, sah sich um und nahm sofort die veränderte Umgebung wahr, er wusste, dass sie sich nicht allein in dem Zimmer befanden. Claire trat neben ihn, streckte sich, um seine Hand zu halten.
    Eine Gestalt löste sich aus der Finsternis, eine verschwommene dunkle Form, gebildet aus wirbelnden Schatten, die dennoch dastand und sie beobachtete, absolut still.
    »Ist das Dad?«, fragte James mit gedämpfter Stimme, und sie hörte die Bestürztheit darin. Sie hatte noch nie in ihrem Leben bei einem anderen Menschen einen solchen Blick völliger Verzweiflung gesehen.
    Er spiegelte exakt wider, wie ihr zumute war.
    Aber nein, das entsprach nicht der Wahrheit. Sie war älter; sie war eine Erwachsene. Sie hatte bereits zuvor einen Todesfall miterlebt und hatte es überstanden. Sie konnte damit umgehen. Sie hatte es vorher schon getan. Aber James war nur ein Junge, ein ungewöhnlich sensibler Junge, ein Junge, der seinem Vater viel näherstand als die meisten Kinder in seinem Alter. Julian war James ebenfalls nähergestanden als die meisten Väter ihren Söhnen. Wahrscheinlich wegen Miles. Er war jede Stunde jedes Tages seines Lebens für ihn da gewesen, der Puffer zwischen seinem Sohn und der Welt, und jetzt standen die beiden da und starrten sich an, der Schatten und das Kind, jeder von solcher Traurigkeit erfüllt, die so überwältigend war, dass man sie greifen konnte.
    »Mom!«
    Megan kam durch die Tür, in ihrem Gesicht ein Blick verwirrter Entschlossenheit, als hätte sie alles in ihrer Macht Stehende getan, um hierher zu kommen – aber als wüsste sie nicht, warum. Claire hatte keine Ahnung, wie ihre Tochter aus dem Bett gekommen war, aber das war sie, sie hatte die Geräteclips von ihren Fingern entfernt, aber die Infusion drinnen gelassen und den rollenden Infusionsständer hinter sich hergezogen.
    Wo waren die Krankenschwestern?
    Es spielte keine Rolle, realisierte Claire. Körperlich, medizinisch ging es ihren Kindern gut, und was sich hier abspielte, ging so über das Ausmaß alltäglicher Realität hinaus, dass eine solche Frage bedeutungslos war. Der Grund, warum die Krankenschwestern nicht hier waren: Sie waren kein Teil davon. Es war nicht für sie bestimmt.
    Für einen kurzen Moment wurde der Schatten mitten im Zimmer weniger verschwommen, solider.
    »Dad?«, fragte Megan.
    Man erblickte keine Einzelheiten, und Claire konnte wegen ihrer Tränen kaum etwas sehen,
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