Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hastings House

Hastings House

Titel: Hastings House
Autoren: Heather Graham
Vom Netzwerk:
einen Zusammenhang zu geben: Bei sämtlichen Vermissten handelte es sich um Prostituierte, die auf der Straße lebten.
    In einem seiner Artikel hatte Matt unmissverständlich darauf hingewiesen, dass Polizei und Bevölkerung sich noch nie wirklich um das Schicksal der unterprivilegierten Gesellschaftsschichten gekümmert hatten. Erst wenn daraus eine Bedrohung für die Oberschicht wurde, begann sich diese zu sorgen – natürlich nur um ihr eigenes Wohl, nicht um das der anderen.
    Leslie merkte ihm an, dass er sie in die Suche nach den Vermissten einbeziehen wollte. Doch sie hegte ernsthafte Zweifel daran, ihm dabei wirklich helfen zu können. So lieb es ihr auch gewesen wäre, so glaubte sie dennoch nicht daran, hellseherische Fähigkeiten zu besitzen.
    Außerdem war da ja noch ihr Job, den sie für wichtig hielt und den sie liebte.
    Und der sie hierher geführt hatte.
Hierher? Wo genau war eigentlich dieses “Hier”?
    Begonnen hatte der Abend im frisch renovierten Hastings House mit einer Spendensammlung, damit die Historische Gesellschaft, bei der Leslie angestellt war, die Ausgrabungen auf dem Nachbargrundstück fortsetzen konnte. Dort wartete eine archäologische Goldmine darauf, erforscht zu werden, und Leslies Arbeitgeber war froh darüber, in Matt Connolly einen so wortgewandten Kolumnisten auf seiner Seite zu haben. Immerhin führte die Stiftung eine erbitterte Auseinandersetzung mit einem großen Baukonzern, in der es um das Recht ging, das Gelände zuerst erkunden zu dürfen, bevor das Erdreich für einen weiteren Wolkenkratzer komplett ausgehoben wurde.
    Bislang hatten sie und Matt an diesem Abend kaum Zeit gemeinsam verbracht. Selbst ihre Begrüßung war nur flüchtig ausgefallen, da beide sofort von interessierten Gesprächspartnern umringt waren.
    Einige Vertreter des Bauunternehmens, das bereits alle umliegenden Grundstücke aufgekauft hatte, waren anwesend und täuschten vor, sie seien ja
so
erfreut darüber, einen Ort von solch historischer Bedeutung in ihre Planungen einbeziehen zu können. Greta Peterson, Society-Lady und Botschafterin der Historischen Gesellschaft, war gekommen, außerdem ein paar Broadway-Größen sowie einige lokale Prominente.
    Hank Smith vom Baukonzern Tyson, Smith & Tyson hatte sich auf Matt gestürzt, kaum dass der eingetroffen war. Smith hoffte inständig, Matt umstimmen und ihn für die Interessen seiner Firma einspannen zu können. Auch die Stadtverwaltung und die Polizei hatten ihre Vertreter geschickt, darunter Captain Ken Dryer, den charismatischen Sprecher des Departments, sowie Sergeant Robert Adair, der die Ermittlungen wegen der verschwundenen Prostituierten leitete und die meiste Zeit des Abends damit verbrachte, Leslie zu beobachten.
    Sie hatte an der entgegengesetzten Seite des Raumes gestanden und sich mit einem Kollegen unterhalten, bevor sie sich entschuldigte, um zu Matt zu gehen – doch was war das?
    Auf einmal hockte er neben ihr, so wie damals vor vielen Jahren, als ein Football sie am Kopf getroffen und zu Boden geworfen hatte. Er lächelte genauso wie damals – auf eine interessierte und zugleich ironische Weise, so wie er es immer tat. Doch sein Lächeln wirkte irgendwie gequält, als könne er sich letzten Endes nur über sich selbst lustig machen.
    “Matt”, murmelte sie, irritiert darüber, dass sie sich gar nicht daran erinnern konnte, wie sie durch das Zimmer zu ihm hinübergegangen war. Und wieso lag sie auf dem Boden? “Du bist hier.”
    “Ja, ich bin hier”, entgegnete er leise. “Aber nur für diesen Augenblick.”
    “Nur für diesen Augenblick?”, wiederholte sie ungläubig. Sie wollte ihre Hand nach ihm ausstrecken und sein Gesicht berühren. Er war schon immer so hinreißend gewesen, schoss es ihr durch den Kopf. Auf seine männliche, schroffe Art, wirkte er so natürlich – der ruhige Blick seiner blauen Augen, der großzügige Mund, die ausgeprägte Stirn und die hohen Wangenknochen. Matts Körper war hochgewachsen und so gut in Form, dass ihn jeder Mann hätte beneiden und hassen müssen. Andererseits war er jedoch ein so anständiger Kerl, dass ihn auch Männer gut leiden mochten, und die Frauen liebten ihn.
    Trotz ihrer Verwirrung nahm Leslie wahr, dass sie sich langsam erhob und dem Licht zuwandte. Es besaß eine so ungeheure Anziehungskraft, dass sie sich ihr kaum widersetzen konnte. Sie fühlte, dass das Licht ihr versprach, dem Schmerz und den Zweifeln ein Ende zu setzen.
    “Nein”, sagte Matt ruhig und fasste sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher