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Hastings House

Hastings House

Titel: Hastings House
Autoren: Heather Graham
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begegnen, der nach seinem Tod jene Liebe suchte, die er zu Lebzeiten nicht hatte erleben dürfen. Doch das war nicht der Fall. Vielmehr stellte sie fest, dass er mit sich völlig im Reinen war. Seine unerwiderte Liebe zu Mrs. Adella Baxter war einfach nur ein schöner Traum gewesen, dem er nun nicht weiter nachhing. Tatsächlich hatte er sein Leben als Junggeselle genossen und sich um seine Schäfchen gekümmert. Seit jener Zeit hielt er sich in diesem Haus auf, weil er fand, dass so viele Mitglieder seiner Gemeinde es verdient hätten, dass man ihrer gedachte.
    Zunächst jedoch hatte er der Archäologin misstraut. Er probierte ein Dutzend Tricks aus, verlegte ihre Bürste, verschloss ihren Koffer oder versteckte den Schlüsselbund. Dabei hatte er nicht erwartet, dass sie ihn sehen konnte. Ebenso wenig war er darauf vorbereitet, dass sie wütend wurde, ihn anbrüllte und von ihm verlangte, mit ihr zu reden! Nachdem diese Hürde aber genommen war, entpuppte er sich als wahrer Charmeur. Durch seine Augen konnte Leslie das Haus und auch das übrige Umfeld so sehen, wie er es zu Lebzeiten erfahren hatte. Sie wurde Zeuge seiner Leidenschaft, als er davon erzählte, was er und so viele andere im Freiheitskrieg hatten durchmachen müssen. Er berichtete von seiner Angst, als Verräter gehängt zu werden, was in den blutigen Jahren des Freiheitskriegs schnell passieren konnte. Und es beunruhigte ihn zutiefst, dass die Menschen, die dieses Haus heutzutage betraten, kaum noch eine Ahnung davon hatten, wie gefahrenreich dieses Ringen um Freiheit seinerzeit war. “Sie können das nicht verstehen”, hatte er Leslie erklärt. “Wir hätten den Krieg beinahe verloren. Dass wir ihn dann doch noch gewinnen konnten, kam einem Wunder gleich. Und die Männer, die die Unabhängigkeitserklärung unterzeichneten, wären um ein Haar aufgeknüpft worden. Für so viele Menschen stand ungeheuer viel auf dem Spiel. Aber Gottes Wege sind und bleiben eben unergründlich.”
    In diesem Augenblick schien er seinen Gedanken nachzuhängen.
    “Danke für Ihre Hilfe”, raunte sie ihm leise zu.
    Der Reverend nickte bedächtig, hob dann aber mahnend den Zeigefinger. “Ich erwarte von Ihnen, dass Sie nicht falschspielen, junge Lady. Sie sorgen dafür, dass meinen Leuten Gerechtigkeit widerfährt. Vor allem der kleinen Peg. Ihr Grab haben Sie doch gefunden, nicht wahr? Dort, wo ich es Ihnen gesagt habe?”
    Nun war es an Leslie, mit einem Kopfnicken zu reagieren. Gedankenverloren starrte sie in die Flammen. Es war schon eigenartig. Vor der Explosion hatte sie ihre Intuition besessen, wie in dem Fall, als sie den verschwundenen obdachlosen Mann entdeckte – als könnte sie die Augen schließen und sich auf einen Menschen konzentrieren, um ihn dann aus unerfindlichen Gründen zu lokalisieren. War Logik im Spiel gewesen? Purer Instinkt? Oder irgendetwas ganz anderes? Sie hätte es nicht erklären können. Doch jetzt …
    Jetzt tauchten Geister in ihrem Leben auf.
    “Ich werde mich darum kümmern, dass Pegs Geschichte erzählt wird”, versicherte sie Reverend Donegal und wiederholte, was sie zuvor von ihm über das Mädchen erfahren hatte. “Zehn ganze Meilen weit ging die zehnjährige Peg durch strömenden, eisigen Regen, um die Männer des Countys zusammenzuholen und vor einem bevorstehenden Angriff zu warnen. Tapfer trommelte sie die örtlichen Truppen zusammen, die den Fluss und die Plantage erfolgreich verteidigten. Ohne Pegs Mut und Tapferkeit hätten sie vermutlich alles verloren. Doch nachdem sie das Unwetter und die feindlichen Linien durchquert hatte, erkrankte das kleine Mädchen an einem Fieber und starb kurze Zeit später. Nach dem Krieg … na ja, die Menschen waren arm, und man beerdigte Peg, so gut man konnte.”
    Der Reverend war zufrieden. “Eine Statue wäre eine schöne Sache. Werden Sie jemanden finden, der dafür zahlen will?”
    “Notfalls bezahle ich Pegs Statue aus meiner eigenen Tasche”, beteuerte sie.
    Er sah sie entrüstet an. “Eine Statue von
mir!”
, machte er ihr klar. “Aber … natürlich darf auch Peg nicht in Vergessenheit geraten.”
    “Sie werden ein eigenes Plätzchen für sich haben, wenn man die Kirche wieder aufbaut, und Peg wird man auf dem Friedhof ehren. Wie klingt das?”, fragte sie, froh darüber, wieder einmal lächeln zu können.
    Den Blick auf das Kaminfeuer gerichtet, nickte der Reverend erneut. “Es ist frisch hier”, stöhnte er plötzlich. “Ach, diese alten Knochen …”
    “Es ist
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