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Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Titel: Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton
Autoren: Michael Connelly
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Diesmal würde er länger warten. Als das Schweigen endlich nicht mehr auszuhalten war, sprach Pounds weiter.
    »Er fand eine Leiche. Wie es in dem Brief stand. Unter dem Beton. Eine Leiche. Das ist …«
    »Wie alt ist sie?«
    »Wissen wir noch nicht. Aber sie ist alt. Deshalb rufe ich dich an. Du mußt in der Mittagspause hinfahren und sehen, was du davon hältst. Du weißt schon – ist es wirklich ein Opfer des Puppenmachers oder spielt irgendein anderer Perverser an unseren Eiern? Du bist der Fachmann. Du könntest rausfahren, wenn der Richter Mittagspause macht. Ich treffe dich dort. Zur Prozeßeröffnung bist du rechtzeitig zurück.«
    Bosch war wie betäubt. Am liebsten hätte er sich wieder eine Zigarette angesteckt. Er versuchte logisch einzuordnen, was Pounds ihm erzählt hatte. Der Puppenmacher, Norman Church, war seit vier Jahren tot. Daran bestand kein Zweifel. Das wußte Bosch – im Kopf wie im Bauch. Church war der Puppenmacher.
    »Und dieser Brief ist jetzt einfach so eingetroffen.«
    »Der Sergeant vom Dienst hat ihn vor vier Stunden am Eingangsschalter gefunden. Niemand hat gesehen, wer ihn abgegeben hat. Du weißt, wieviele Leute morgens durch den Vordereingang kommen, außerdem hatten wir Schichtwechsel. Ich habe Meehan nach oben geschickt, damit er mit denen am Schalter spricht. Niemand kann sich an was erinnern, bevor sie ihn gefunden haben.«
    »Scheiße. Lies ihn mal vor.«
    »Geht nicht. Die Spurensicherung hat ihn. Ich kann mir nicht vorstellen, daß man Fingerabdrücke finden wird, aber wir dürfen nichts auslassen. Ich besorge eine Kopie und bringe sie mit, okay?«
    Bosch antwortete nicht.
    »Ich weiß, was du denkst«, sagte Pounds. »Aber am besten bewahren wir erstmal die Ruhe und sehen, was dort vergraben wurde. Es besteht noch keine Veranlassung zur Beunruhigung. Vielleicht ist es ein Streich, den sich die Anwältin, Chandler, ausgedacht hat. Ich würde ihr so etwas zutrauen. Die würde alles tun, um sich noch einen Polizistenskalp an die Wand zu nageln. Sie sieht ihren Namen gern in der Zeitung.«
    »Was ist mit den Medien. Haben die schon davon gehört?«
    »Wir hatten ein paar Anrufe wegen eines Leichenfundes. Sie müssen auf der Einsatzfrequenz der Gerichtsmedizin mitgehört haben. Wir haben in der Sache Funkstille eingehalten. Auf alle Fälle weiß niemand von dem Brief oder von der Verbindung zum Puppenmacher. Sie wissen nur von der Leiche. Ich nehme an, die Vorstellung, daß eine Leiche unter dem Fußboden eines der bei den Krawallen abgebrannten Gebäuden gefunden wurde, macht sie irgendwie an.
    In jedem Fall müssen wir im Moment die Beziehung zum Puppenmacher geheim halten. Es sei denn, der Schreiber hat Kopien an die Medien verschickt. Wenn das der Fall ist, werden wir es sicher bis heute abend hören.«
    »Wie konnte er sie unter der Betonplatte einer Billardhalle begraben?«
    »Nicht das ganze Gebäude war ein Billardsaloon. Auf der Rückseite waren Lagerräume. Bevor Bing’s eingezogen ist, war das Gebäude der Requisitenfundus eines Filmstudios. Bing’s hat dann die hinteren Räume als Lager vermietet. Das habe ich alles von Edgar; er hat den Besitzer antanzen lassen. Der Mörder muß einen der Räume gemietet haben, die Betonplatte durchschlagen und die Leiche der Frau hineingelegt haben. Während der Krawalle brannte dann alles ab, aber der Beton wurde nicht zerstört. Die Leiche der armen Frau hat die ganze Zeit dort gelegen. Edgar sagt, sie sieht aus wie eine Mumie oder so was.«
    Bosch sah, wie sich die Tür zum Gerichtssaal 4 öffnete und die Mitglieder der Familie Church, gefolgt von ihrer Anwältin, herauskamen. Sie machten Mittagspause. Deborah Church und ihre zwei Töchter im Teenager-Alter sahen ihn nicht an. Aber Honey Chandler, die bei vielen Polizisten und anderen Personen im Gericht unter dem Namen Money Chandler bekannt war, fixierte ihn im Vorbeigehen mit Killeraugen. Sie hatten die Farbe von dunklem Mahagoni und wurden von einem sonnengebräunten Gesicht und einer energischen Kinnlade eingerahmt. Sie war eine attraktive Frau mit glattem, goldenem Haar. Der konservative Schnitt ihres Kostüms verbarg ihre Figur. Bosch fühlte die feindseligen Gefühle der Gruppe wie eine Welle über sich zusammenschlagen.
    »Bosch, bist du noch da?« fragte Pounds.
    »Ja, sieht so aus, als ob die Mittagspause anfängt.«
    »Gut. Dann mach dich auf, ich werde dich dort treffen. Ich kann ’s selbst nicht glauben; und ich hoffe, es ist irgendein anderes perverses
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