Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising

Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising

Titel: Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising
Autoren: Thomas Harris
Vom Netzwerk:
kann!«
    Graf Lecter und der Panzerkommandant musterten sich eindringlich. Der Kommandant hielt seine Handflächen hoch. Der Graf hielt seine Handflächen ebenfalls hoch.
    Dann drehte sich Graf Lecter zum Haus um. »Kommt alle nach draußen!«
    Als der Panzerkommandant Hannibal und Mischa erblickte, sagte er: »Die Kinder können im Haus bleiben, wo es warm ist.« Anschließend wies er seine Besatzung an: »Gebt Deckung. Behaltet die Fenster im Obergeschoss im Auge. Setzt die Pumpe in Betrieb. Ihr könnt rauchen.«
    Der MG-Schütze schob seine Brille hoch und zündete sich eine Zigarette an. Er war noch ein Junge. Die Haut um seine Augen wirkte blasser als der Rest seines Gesichts. Er sah Mischa aus der Tür linsen und lächelte ihr zu.
    Neben den Treibstoff- und Wasserkanistern war auch eine kleine Motorpumpe mit einem Seilanlasser auf dem Panzer festgeschnallt. Der Panzerfahrer ging mit der Pumpe zum Brunnen und ließ einen Schlauch mit einem Filter in den Schacht hinab. Nachdem er mehrmals am Seil der kleinen Motorpumpe gezogen hatte, sprang sie knatternd an.
    Der Lärm übertönte das Pfeifen des nahenden Sturzkampfbombers, bis es schon zu spät war. Der junge MG-Schütze riss den Lauf seiner Waffe herum und kurbelte wie verrückt, um das Maschinengewehr nach oben zu richten und das Feuer zu erwidern, während die Geschosse aus der Bordkanone des Stuka bereits den Boden stichelten und über den Panzer hinwegratterten. Der Schütze wurde an der Schulter getroffen, feuerte aber mit seinem unverletzten Arm weiter.
    Die Windschutzscheibe des Sturzkampfbombers wurde von Sternrissen überzogen, die Brille des Piloten füllte sich mit Blut. Das Flugzeug, das noch eine seiner beiden Bomben unter dem Flügel trug, streifte ein paar Baumspitzen und pflügte durch den Garten. Sein Treibstofftank explodierte. Die Bordkanone feuerte auch nach dem Aufprall weiter.
    Hannibal, der sich im Jagdhaus schützend auf Mischa geworfen hatte, sah seine Mutter mit brennenden Kleidern vor dem Haus liegen.
    »Bleib hier!«, befahl er Mischa und rannte zur Gräfin.
    Inzwischen hatte die Munition des Stuka zu explodieren begonnen. Geschosshülsen flogen herum und schlugen in den Schnee. Um die Bombe unter dem Flügel züngelten Flammen. Der Pilot saß tot in der Kanzel, das Gesicht vom brennenden Schal und der Fliegerhaube zu einem Totenkopf verkohlt. Auch der Richtschütze hinter ihm war tot.
    Außer den beiden Kindern lebte nur noch Lothar. Er hob einen blutigen Arm, als er den Jungen sah. In diesem Moment erschien vor der Tür Mischa, die zu ihrer Mutter rennen wollte. Lothar versuchte, sie zu packen und zu Boden zu ziehen, als sie an ihm vorbeilief, aber eine Salve des brennenden Flugzeugs durchschlug seinen Körper und bespritzte das Mädchen mit seinem Blut.
    Mischa hob die Arme zum Himmel und begann zu schreien. Hannibal, der die ganze Zeit Schnee auf die brennenden Kleider seiner Mutter geworfen hatte, wandte sich von der Gräfin ab und rannte durch den unberechenbaren Geschosshagel zu Mischa zurück, um sie ins Haus und in den Keller hinunter zu tragen.
    Die Abstände zwischen den Schüssen und Explosionen des brennenden Stuka wurden immer größer, und als die Geschosse in den Verschlüssen der Bordkanone zu schmelzen begannen, wurde es schließlich ganz still.
    Der Himmel verdunkelte sich, und es begann wieder zu schneien. Die Schneeflocken landeten leise zischend auf dem heißen Metall.

    Dunkelheit und neuer Schnee. Hannibal inmitten der Leichen, wie viel später, wusste er nicht. Schneeflocken, die vom Himmel schwebten und sich auf dem dunklen Haar und den Augenlidern seiner Mutter niederließen. Sie war die einzige Leiche, die nicht schwarz verkohlt war. Hannibal versuchte sie wegzuziehen und zerrte an ihr, aber der Körper war am Boden festgefroren. Er presste sein Gesicht auf ihre Leiche. Ihr Busen war steif gefroren, ihr Herz stand still. Er holte eine Serviette aus dem Haus und legte sie auf ihr Gesicht. Nach und nach begann sich auch darauf Schnee zu häufen.
    Am Waldrand bewegten sich dunkle Schemen. Der Schein von Hannibals Taschenlampe brach sich in Wolfsaugen. Er versuchte, die Tiere mit Geschrei zu vertreiben, und fuchtelte drohend mit einer Schaufel. Als Mischa wieder nach draußen kam, um zu ihrer Mutter zu laufen, musste Hannibal eine Entscheidung treffen. Er brachte seine Schwester ins Jagdhaus zurück und überließ die Toten der Dunkelheit.
    Herr Jakov hatte gerade in Christiaan Huyghens’ Abhandlung über das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher