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Hannas Entscheidung

Hannas Entscheidung

Titel: Hannas Entscheidung
Autoren: Kerstin Rachfahl
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es notwendig war. Würde er in einem Kampf zögern, so konnte es einen Kameraden das Leben kosten – und das der Zivilisten, die er schützte. Doch was unterschied ihn durch Hannas Augen betrachtet von einem Mann wie diesem Homberg? Nichts.
    Er schaute noch einmal zurück. »Scheiße.«
     
    Hanna hielt inne und sah sich um. Die Jacht wendete und nahm Kurs auf die Küste.
    »Wir hätten ins offene Meer schwimmen sollen.« Selbst überrascht, dass sie so ruhig und logisch nachdenken konnte, starrte sie zu dem Boot. Auf der Jacht ging ein Scheinwerfer an und streifte über die Wasseroberfläche. In der Dunkelheit konnte sie Ben nicht erkennen. Allein seine Nähe spürte sie. Sie drehte ihren Kopf zurück zu den Lichtern in der Nacht. Hoffnung, dachte sie. Was waren schon zwei Menschleben mehr für die Hoffnung? Inzwischen musste das Flugzeug mit Marie und ihrem Onkel gelandet sein. Vielleicht waren sie bereits auf dem Weg zu dem Leiter der Forschungsabteilung von Medicare. Sie fing wieder an zu schwimmen und merkte, wie Ben sich nach ihr ausstreckte und sie abbremste.
    »Das hat kein Zweck.«
    »Hast du eine andere Idee?«
    »Ja, wir müssen die Jacht im Auge behalten. Es ist nicht so einfach, zwei Menschen auf dem Meer zu finden.«
    »Wenn du mich jetzt fragen willst, wie lange ich es aushalte, zu tauchen, muss ich dich enttäuschen. Das funktioniert nicht.«
    Er zog sie zu sich heran, schloss sie in seine Arme. »Keine Sorge, ich bleibe bei dir.«
    Aus einem ihr völlig unverständlichen Grund fühlte sich das beruhigend an, obwohl es einem Witz gleichkam, da er so hilflos wie sie in derselben Klemme steckte. Seine Hand kroch ihren Nacken hoch, wühlte sich in ihr Haar. Sie suchte seine Lippen mit ihren und fand sie. Diesmal küsste er sie sanft und zärtlich. Seine Zunge umspielte ihre. Sie wusste, dass sein Kuss in der Kammer nur dem Zweck gedient hatte, sie wütend zu machen und von ihrer Panik abzulenken. Dieser hier stellte etwas anderes dar. Er beinhaltete ein stummes Versprechen, sie nicht allein zu lassen, für sie da zu sein, egal was geschehen würde. Und sie erwiderte ihn in Gedanken mit den Worten, die sie ihm gegenüber nie mehr aussprechen wollte. Sie öffnete ihr Herz und ihre Seele, ließ ihn eintauchen in ihre Liebe.
    Abrupt unterbrach Ben den Kuss. »Hörst du das?«
    Hanna musste einen Atemzug machen, bevor ihr Gehirn in der Lage war, normale Sinneseindrücke zu verarbeiten. »Was ist das?«
    »Hubschrauber.«
    Sie hörte den Triumph in seiner Stimme, sah sich zu der Jacht um, die sich ihnen ein gutes Stück genähert hatte. Noch war das Schiff weit genug entfernt, aber würde die Entfernung reichen, bis ein Hubschrauber sie aus dem Wasser geholt hatte? Und wäre Wolff bereit, seine Beute laufen zu lassen, oder würde er bis zum Schluss versuchen, sie zu töten?
    Etwas stimmte nicht. Der Lichtkegel des Scheinwerfers richtete sich in den Himmel und erfasste das Fluggerät. Kurz schwankte der Hubschrauber in der Luft. Es gab ein undefinierbares Geräusch, eine Explosion, die den Helikopter erfasste und aus der Luft riss. Sein Aufprall auf die Wasseroberfläche erzeugte eine Welle, die auch Hanna und Ben erreichte. Es gab eine weitere Explosion, diesmal auf der Jacht.
    Ben packte Hanna und zog sie unter Wasser. Feuer tauchte das Wasser in gespenstische Schatten. Sie zerrte am Haltegriff seiner Hände, strampelte, um an die Oberfläche zu kommen. Ein zweites Mal in dieser Nacht tauchten sie gemeinsam aus dem Meer auf. Der Lichtstrahl eines Suchscheinwerfers glitt übers Wasser, erfasste sie beide und blieb auf ihnen ruhen. Das Geräusch eines Hubschraubers kam näher.
    Ein zweiter Hubschrauber tauchte dort auf, wo der erste abgestürzt war. An einem Stahlseil wurde ein Gurt heruntergelassen. Sie hatte nur Augen für die brennende Jacht. Es war kein Schiff mehr, nur noch Fetzen schwammen auf dem Wasser.
     
    Ben befestigte einen Gurt um Hannas Taille und den zweiten um sich selbst. Er gab den Männern an der Seilwinde ein Zeichen. Eisige Luft kühlte seinen Körper weiter aus. Die Soldaten im Hubschrauber halfen ihnen herein und reichten ihnen Decken. Hanna wickelte sich ein, nahm auf einem der Sitze Platz. Bevor ein Soldat es übernehmen konnte, schnallte Ben sie selber sorgfältig fest. Mit einem Stück seiner Decke rubbelte er ihr die Haare, sodass das Wasser nicht mehr aus ihnen herabtroff. Er setzte sich neben sie.
    Hanna starrte auf das Wasser, wo der Feuerschein noch immer die Umgebung erhellte.
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