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Halloween

Halloween

Titel: Halloween
Autoren: Stewart O'Nan
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Ausrüstung für diese Aufgabe.
    Kiefernzweige scharren am Dach. Brooks zügelt sich und fährt weiter, an der Schneise vorbei und die Rinne entlang. Das Funkgerät bleibt stumm, nur das Schrammen der Scheibenwischer ist zu hören. Er geht nochmal durch, wie viel Zeit er im Haus und zur Unterstützung von Sandy vergeudet hat, als er den Alten nach Hause fuhr. Es würde ihn nicht überraschen, wenn der Golf nicht mehr da wäre, aber dann schiebt er den Gedanken beiseite. Es kann noch nicht länger als vierzig Minuten her sein; so schnell ist MacDonald nie, nicht mal, wenn es gut läuft.
    Weiter vorn machen die Bäume einer mit welken Blättern übersäten Lichtung Platz. Als er näher kommt, nehmen die Erdhaufen und die aufgestapelten Eisenbahnschwellen Gestalt an und zeichnen sich dann scharf in der Dunkelheit ab. Wenn die Jungs da sind, denkt Brooks, dann sind sie vorgewarnt, also ist es unnötig, sich irgendwelche Finessen einfallen zu lassen. Er biegt auf die Lichtung und schaltet das Fernlicht ein – und entdeckt das Auto sofort unter den Bäumen auf der anderen Seite, genau an der Stelle, wo es gestanden hat.
    Aus Gewohnheit verspürt er den Drang, die Sache zu melden – eine Art Phantomschmerz –, aber dann parkt er den Vic, geht zum Kofferraum und holt seinen Slim Jim.
    Als er ihn in den Fensterschacht schiebt, wird ihm klar, dass es einfacher wäre, das Stoffdach aufzuschneiden (wir beobachten ihn aus dem Wagen, ein Stummfilm, sein Gesicht verkniffen vor Konzentration). Und dann ein kurzer Ruck mit dem Handgelenk, und er ist drin.
    Weder die Bierdosen noch der Inhalt des Aschenbechers interessieren ihn. Hier geht es nicht um ausreichende Verdachtsgründe. Er greift zwischen die Sitze und schnappt sich den Baseballschläger. (Tu’s nicht, sagt Danielle.)
    Er macht sich nicht vor, dass er als Privatperson handelt, dassausgerechnet heute Nacht mildernde Umstände gelten, weil seine Angehörigen in Gefahr sind. Er zögert nicht und weiß, dass das hier das Ende seiner Laufbahn ist, den Untersuchungsausschuss kann er vergessen. Er knallt die Tür zu, stellt sich neben den rechten Scheinwerfer und holt aus, dreht sich dann zum linken um und schlägt beidhändig zu. Der Schläger macht ein unbefriedigendes dumpfes Geräusch; das Glas geht kaputt, zersplittert aber nicht, anders als bei den alten abgedichteten Scheinwerfern mit ihrem dünnen versilberten Gehäuse. Er geht nach hinten und zertrümmert die Rücklichter, einen abgewogenen Schlag für jede Seite. Brooks führt sich nicht auf wie Mad Max; er ähnelt eher dem Typen beim Feuerwehrfest, der pro Schlag einen Dollar für eine gute Sache zahlt, sich Zeit nimmt und dafür sorgt, dass jeder Hieb sitzt. Auch beim Einschlagen der Windschutzscheibe bleibt er gelassen und haut den Schläger wie eine Axt mitten auf den Aufkleber, bis die Scheibe einsackt. Die Seitenfenster und die Karosserie lässt er in Ruhe, legt den Schläger dahin, wo er ihn gefunden hat, und verriegelt die Tür wieder, kniet sich dann neben den Vorderreifen, schraubt die Ventilkappe ab und lässt mit dem Daumennagel die muffig riechende Luft raus. Das reicht, der Wagen ist unbrauchbar (als wäre es ihm nur darum gegangen). Im Weggehen merkt er, dass er die Ventilkappe noch in der Hand hält – ein Schlafwandler, der plötzlich wach wird –, und er betrachtet sie einen Augenblick lang und wirft sie dann ins Gras.
     
    Noch zwei Minuten, dann sind sie genau in der Zeit. Tim zögert es hinaus und hilft Kyle beim Ausziehen der Schürze. Die Gänge sind dunkel, nur das Rot der Ausgangsschilder fällt auf den stumpfen Fußboden. Darryl ist oben, schließt die Büros ab und schaltet das Überwachungsvideo ein. Tim hat das Schachbrett aus Bildschirmen gesehen und malt sich aus, wie er und Kyle sich wie Ratten in einem Labyrinth den ganzen Weg zum Parkplatz voneinem Feld zum anderen bewegen. Das Band wird ein Beweisstück sein, genau wie ihre Stechkarten, eine nutzlose Geschichte.
    In der Tasche von Kyles Schürze steckt etwas Festes – ein Snickers-Riegel.
    «Was ist das?», fragt Tim.
    Kyle wendet den Blick ab und Tim merkt, dass er zu hart mit ihm ins Gericht geht.
    «Ist schon okay», sagt er. «Wir haben ja Halloween.» Er lässt das Snickers in seiner Jacke verschwinden, denkt, dass er nachher nicht vergessen darf, es ihm zu geben, und hat wieder die Befürchtung, dass es falsch ist, ihn mit reinzuziehen. Wir waren immer zu fünft, aber Kyle zu helfen ist seit dem Unfall das Einzige, was er
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