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Halloween

Halloween

Titel: Halloween
Autoren: Stewart O'Nan
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richtig gemacht hat. Er könnte Darryl bitten, ihn nach Hause zu fahren, obwohl der das noch nie angeboten hat und wahrscheinlich nicht mal weiß, wo Kyle wohnt.
    Die Zeituhr klickt und die Zahl verändert sich, perfekt, Tim steckt seine Karte in den Schlitz, und das Gerät stempelt sie wie ein Tacker. Er stempelt auch Kyles Karte ab und steckt sie in das Fach neben seinem. Sie sind ein Team. Wie könnte Kyle ohne ihn arbeiten? Was würde er tun? (Sei nicht eingebildet, sagt Danielle und wendet den vulkanischen Nervengriff an. Der richtet nichts aus. Man sollte meinen, sobald es auf Mitternacht zugeht, würden wir stärker, aber nein.)
    Überwacht von der Infrarotkamera gehen sie nach vorn, und Kyle bleibt dicht hinter ihm.
    «Meine Herren», sagt Darryl wie jede Nacht und schließt auf. Weil Tim die Regeln schon so lange befolgt, würde er Darryl am liebsten sagen, dass sie am nächsten Tag nicht kommen werden, und sich irgendeine lahme Ausrede ausdenken.
    «Gute Nacht, Darryl», sagt Kyle – die richtige Antwort –, und sie trennen sich und gehen zu ihren Autos. Tim sieht sich nach Brooks um, aber es ist niemand da, nur der Strahler, der das Gewächshaus schützt.
    Im Jeep ist es kalt, und Tim schaltet als Erstes die Heizung an. Als sie über den Parkplatz rollen, spielt er die Mix-CD, angefangen mit Toes Black Crowes und dem Jimmy-Page-Song «Since I’ve Been Loving You», einem echten Ende-der-Nacht-Blues, bei dem Toe immer mitgesungen hat. Kyle zeigt keine Reaktion, als hätte er das Stück noch nie gehört. (Kyle konnte diesen Uraltrock nicht ausstehen, am allerwenigsten Zeppelin.) Tim beachtet ihn nicht, sinkt auf den dunklen Grund des Songs, einen Ort, den er nachts in seinem Zimmer schon zu oft besucht hat, bekifft und von diesem Augenblick träumend, während der Kopfhörer ihn mit einer anderen Welt verband.
Working seven seven seven … to eleven leven leven, makes … life-a-drag … drag, drag, DRAAAAG.
Bum bum TSCHHHH! – im Original schlägt der inzwischen tote John Bonham das Becken –, und die Straße und die Laternen scheinen zu der Musik zu gehören, der hell erleuchtete Autoschalter des Walgreen’s, der giftige Bronzedunst über dem Staples.
But si-ince I been loving you …
dum dum dah
… I’m about to lose, whymaboutalose, WHYMABOUTALOO-WHOSE, my worried mind
. Tim nickt zu dem schleppenden Basslauf, der absteigenden Melodie, in völliger Übereinstimmung, die Verbindung körperlich und geistig (denn dieses Gefühl ist echt; es erstaunt ihn, dass jemand wirklich begreift), und dann (typisch diese Stadt) müssen sie anhalten und warten, bis die einzige rote Ampel in Avon umspringt.
     
    Sie sind die ganze Zeit in die falsche Richtung gegangen. Sie müssen hinter der Old Farms Road langgegangen sein, denn sie befinden sich auf der anderen Seite des Baums, auf dem kurvigen Stück oberhalb der Fußballplätze, wo die Leute im Bach angeln. Mit dem Auto ist das ein Klacks, aber zu Fuß ist es ein verdammt langer Weg.
    «Hast du noch ein Bier dabei?», fragt er Greg.
    «Was glaubst du wohl?»
    «Dann rück’s raus, altes Haus.»
    «Ich heb es auf.» Er meint es ernst, und Travis respektiert das. Dieser Teil der Mission ist genauso wichtig.
    «He», sagt Greg, «glaubst du an so was – spiritistische Alphabettafeln und so ’n Zeug?»
    «Nein, wenn du tot bist, bist du tot.»
    «Stimmt schon.» Aber er sagt es so, als hätte er Zweifel. «Ich frag mich, wo Toe gerade ist.»
    (Immer noch im verfluchten Avon, sagt Toe. Und da bleiben wir auch alle, wenn ihr euch nicht beeilt.)
    «Haben wir ihn nicht heute Morgen besucht?»
    «Das ist nicht er», sagt Greg. «Es muss doch einen Teil von dir geben, der irgendwo hingeht, einen Geist oder eine Seele oder so was.»
    «Den musst du mir erst zeigen, bevor ich das glaube.»
    (Und wir würden gern direkt vor ihnen erscheinen wie Engel, von hinten beleuchtet, in der Luft schwebend, und ihnen eine frohe Botschaft überbringen. Aber wir können bloß einen Waschbären in ihre Richtung huschen lassen, ein Rascheln in den Blättern und dann ein dunkler Schemen auf der anderen Straßenseite.)
    «Was war das denn?», fragt Greg.
    «Vielleicht dein Geist.»
    «Mach keine Witze, Mann.»
    «Okay», sagt Travis, denn heute Nacht geht es um Toe. Er wünscht, sie könnten den verdammten Baum fällen, ihn zu Feuerholz verarbeiten und den ganzen Winter durch verbrennen – oder das Scheißding zersplittern, es zu Sägemehl zermahlen und drauf pinkeln.
    Ringsum gleitet
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