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Häschen in der Grube: Roman (German Edition)

Häschen in der Grube: Roman (German Edition)

Titel: Häschen in der Grube: Roman (German Edition)
Autoren: Maria Sveland
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und Anders mit den blauen Augen anlog. Sie sah, dass sie ihr helfen wollten, aber es war doch alles so kompliziert. Es passierten Sachen, aber sie war gar nicht sicher, dass sie wirklich passierten. Die Gesichter an der Decke, die nachts mit ihr sprachen, Kaulquappen auf der Klobrille. Der Mann mit der schwarzen Kapuze, der überall auftauchte, wo sie war. In der Schule, im Wald, auf dem Friedhof.
    Die Tränen liefen ihr über die Wangen, Maud hockte sich neben sie und nahm sie in die Arme. Sie wusste, dass sie ihre Tränen als Bestätigung dafür nahm, dass wirklich die Schlaflosigkeit das Problem war.
    »So, Julia, alles wird gut, ganz bestimmt. Wir helfen dir. Du kannst etwas gegen die Schlaflosigkeit bekommen. Schlaftabletten und andere Mittel. Wir werden dir dabei helfen, natürlich brauchst du nachts nicht wach zu liegen. Ich verstehe, dass es schrecklich ist.«
    Anders beugte sich vor und strich ihr leicht über die Hand.
    »Und wir werden dir auch bei den Hausaufgaben helfen, damit du nicht ins Hintertreffen gerätst!«
    Am gleichen Abend bestand Maud darauf, dass sie einen Abendspaziergang machten.
    »Wenn man Schlafprobleme hat, ist es wichtig, dass man sich bewegt, das unterstützt die Mechanismen des Körpers, die einem sagen, dass man sich ausruhen muss.«
    Da niemand mitkommen wollte, waren es nur Maud und sie. Sie gingen zur Eisenbahn hinunter und folgten ihr auf dem Fahrradweg. Die runden Lichtkegel der Straßenbeleuchtung warfen alle paar Meter gleichmäßige Kreise und verstärkten die Dunkelheit durch den Kontrast. Maud hatte Thermohosen und eine Daunenjacke an, dazu Mütze, Schal und Handschuhe. Sie war ordentlich eingemummelt für diese Kälte, Julia trug nur Strumpfhosen unter der Jogginghose, das schützte nicht gegen den kalten Wind, und sie bekam eine Gänsehaut. Maud schien nichts zu merken, und Julia selbst sagte auch nichts. Sie lief neben ihr her, Maud plapperte über alles Mögliche. Sie schaute in den Wald, wo Tiere durch das kompakte Dunkel wanderten. Wenn sie sich anstrengte, konnte sie sich einbilden, ihre Augen zwischen den Bäumen glühen zu sehen.
    Aus dem Augenwinkel bemerkte sie eine Bewegung. Plötzlich waren all ihre Sinne hellwach, wie immer reagierte ihr Körper mit Schweißausbrüchen und Stichen im Bauch. Links von ihnen bewegte sich etwas, dort im Wald, eine schwarze Gestalt mit einer schwarzen Kapuze, die ihnen im Schutz der Dunkelheit folgte, sie konnte die Zweige knacken hören. Sie blieb stehen, ihr Körper war wie gelähmt, sie konnte sich nicht rühren.
    Maud hielt mitten im Satz inne und schaute sie erstaunt an.
    »Was ist denn, Julia?«
    Ihre Stimme trug kaum, sie brachte nur ein Flüstern hervor.
    »Ich habe etwas im Wald gesehen. Ich will zurück.«
    Maud versuchte, etwas zu erkennen, und auch wenn sie nichts sah, färbte Julias Angst auf sie ab, sie hatte keine Einwände.
    »Okay, wir sind ein gutes Stück gegangen, wir können jetzt umkehren. Komm, gib mir die Hand!«
    Ihre Stimme war bemüht munter, aber der Griff war fest, als würde sie sich genauso an Julia festklammern wie umgekehrt.
    »So, jetzt wird uns eine Tasse heißer Tee guttun, für dich mache ich Milch warm mit einem Löffel Honig, du wirst sehen, dass du heute gut einschlafen kannst.«
    Der Sonnenblumenhof thronte wie ein Gutshof auf dem Hügel, eine weiße Burg, alle Fenster waren erleuchtet. Aus dem Gemeinschaftsraum kam der bläuliche Schein vom Fernseher, er war immer den ganzen Abend an, aber nur Kricke, Tess und Ronny saßen davor. Sussie und Nora waren in ihren Zimmern und ruhten sich für die Begegnung der Nacht aus. Auf dem ganzen Rückweg hatte Julia sich bemüht, nicht zurückzuschauen. Sie hatte Angst, dass das, was sie im ganzen Körper spürte, wahr war. Erst als sie auf der erleuchteten Veranda standen, konnte sie sich umdrehen. Hinter den Büschen meinte sie eine schwarze Gestalt zu sehen, die gebückt Richtung Wald schlich. Sie wusste nicht, ob sie real war oder ob alles nur in ihrem Kopf stattfand. Das war auch gleichgültig, beides war gleich wirklich und beängstigend. Und doch wollte sie dabei sein, als Maud die Eingangstür verschloss.
    Offenbar hatte man beschlossen, ihr besonders viel Aufmerksamkeit zu widmen. Maud war den ganzen Abend mit ihr zusammen, saß sogar ganz lang bei ihr am Bett und strich ihr leise plaudernd über die Haare. Sie fühlte sich geborgen, und als Maud fragte, ob sie schläfrig sei, versicherte sie, dass sie in fünf Minuten einschlafen
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