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Häschen in der Grube: Roman (German Edition)

Häschen in der Grube: Roman (German Edition)

Titel: Häschen in der Grube: Roman (German Edition)
Autoren: Maria Sveland
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den Tisch.
    Sie tranken schweigend ihren Kakao. Maud schaute Emma freundlich an.
    »Wann fährt dein Bus?«
    »Einer ist zehn vor drei gefahren, der nächste fährt um zwanzig nach. Dann geht erst wieder um halb fünf einer.«
    Maud schaute auf die Küchenuhr, es war fünf nach drei.
    »Okay, dann musst du dich schon bald auf den Weg machen, man läuft zehn Minuten zur Bushaltestelle.«
    Emma nickte und schaute Julia an, die immer noch nichts sagte.
    Erst als Emma angezogen war und sie in der Tür standen und sich anschauten, verschwand das Harte in Julias Gesicht. Emma ging einen Schritt auf sie zu und nahm sie in die Arme. Erst stand Julia ganz still, ohne die Umarmung zu erwidern, Emma wollte sie schon loslassen, als sie Julias Arme spürte. Sie drückten sich ganz fest an ihren Rücken, dabei bohrte sie ihr Gesicht an Emmas Hals.
    Sie schluchzte, der dünne Körper schüttelte sich, als sie an Emmas Hals flüsterte.
    »Ich will nicht, dass du gehst!«
    Emma machte vorsichtig Julias Arme los, die Tränen strömten ihr übers Gesicht.
    »Tschüs, Julia!«
    Julia schluchzte immer noch, aber sie bekam immerhin die Worte heraus, die sich mit Tränen und Rotz mischten.
    »Tschüs, Emma!«

»Du bist jetzt seit zwei Monaten hier, wie fühlst du dich?«
    Maud und Anders schauten sie ernst an. Sie saßen sich in dem kleinen Personalzimmer gegenüber. Ein Sofa und zwei Sessel, dazwischen ein kleiner Tisch. Am Fenster ein Schreibtisch und ein Schrank voller Aktenordner. Einer für jeden Jugendlichen, voller Berichte und Notizen vom Sozialamt. Fünf Lebensgeschichten mit den Ursachen , die sie auf den Sonnenblumenhof gebracht hatten.
    Sie wusste, dass sie antworten musste, sie musste sich bemühen, so normal wie möglich zu klingen. Es half nichts, wenn sie sich in sich selbst verkroch und den Kopf hängen ließ. Da würde nur noch mehr gefragt. Sie versuchte, sich und ihre Gesichtszüge zu kontrollieren, mühte sich, Maud und Anders fest in die Augen zu schauen.
    »Ganz okay.«
    Maud trank einen Schluck Kaffee.
    »Wir wissen, dass es nicht leicht ist, an so einen Ort zu kommen. Es ist eine enorme Umstellung, und es kann eine Weile dauern, bis man sich an den Alltag gewöhnt hat. Aber jetzt sind, wie gesagt, zwei Monate vergangen, und wir machen uns, ehrlich gesagt, große Sorgen um dich, Julia.«
    Sie sah, dass es in Mauds Augen glitzerte. Anders beugte sich über den Tisch.
    »Zunächst einmal die Schule. Du scheinst Probleme zu haben, dich zu konzentrieren und die Aufgaben zu machen, sowohl in der Schule als auch hier zu Hause. Die Lehrer sind immer sehr geduldig, sie wissen, dass es dauern kann, bis man sich eingewöhnt, aber jetzt haben auch sie reagiert und sind der Meinung, dass wir allmählich versuchen müssen, dich mehr einzubinden. Es geht nicht, dass du nie aktiv teilnimmst.«
    Sie schauten sich schweigend an, und Julia wusste, dass sie eine Antwort, eine Reaktion sehen wollten. Sie würde sagen müssen, dass es ihr schlecht ging und sie sich Mühe geben wollte. Sie wusste, was sie sagen müsste, und doch konnte sie den Mund nicht öffnen, sie saß schweigend da und starrte sie an. Schließlich brach Maud das Schweigen.
    »Julia, was meinst du selbst? Hast du eine Erklärung, warum es so schwer ist? Oder ist etwas vorgefallen?«
    »Wir hoffen wirklich, dass du uns sagst, wenn etwas passiert ist?«
    Anders’ Stimme war ernst, genau wie seine blauen Augen. Sie waren eigentlich schön, trotz der Fältchen. Ein bisschen traurig, aber klar und dunkelblau. Sie hatte sie bisher eigentlich noch nicht gesehen, aber nun strengte sie sich an, seinem forschenden Blick standzuhalten. Sie holte tief Luft, spürte, wie kleine Schweißperlen sich auf ihrer Stirn bildeten.
    »Es ist nichts passiert. Es ist nur so, dass ich schlecht schlafe. Ich bin eigentlich die ganze Zeit müde. Da ist es schwer, in der Schule mitzukommen.«
    Anders und Maud schienen erleichtert, sie lehnten sich zurück und schauten sich an.
    Maud strich ihr leicht über den Unterarm.
    »Aber Julia, warum hast du denn nichts gesagt? Schlafprobleme muss man total ernst nehmen! Natürlich hast du Schwierigkeiten, wenn du nicht schläfst! Du Arme!«
    Sie schüttelte leicht Julias Arm und lächelte, ehe sie fortfuhr.
    »Wir sind für dich da! Das musst du verstehen. Ganz gleich, was passiert, du kannst immer zu uns kommen, und wir werden dir helfen.«
    Bei den letzten Worten flossen Julias Augen über. Es war ihr nicht recht, dass sie Maud mit den warmen Händen
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