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Hämatom

Hämatom

Titel: Hämatom
Autoren: Lucie Flebbe
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musste meinen Schmerz irgendwie betäuben.
    Ich drängelte mich zur Theke. Auch der Barkeeper trug ein
Stachelhalsband, seine schwarz gefärbten Haare hingen ihm vors Gesicht und über
seine rechte Wange zog sich eine auffällige Narbe.
    Aufgeschminkt, schätzte ich.
    Er streifte mich mit einem Blick, der mir verriet, dass
ich verheult aussah: »Was kann ich dir bringen?«
    Â»Bacardi.«
    Â»Mit Red
Bull, O-Saft, Bitter Lemon?«
    Â»Bacardi. Was hast du daran nicht verstanden?«, erkundigte
ich mich gereizt.
    Er musterte mich, diesmal länger. Dann nahm er den Bacardi
aus dem Regal, schenkte ein und stellte die Flasche zusammen mit dem Glas vor
mir auf die Theke.
    Ich schnippte ihm meine fünfzig Euro hin und stürzte den
Alkohol hinunter. Ich schmeckte nichts – gar nichts, nicht mal ein wenig Wärme
in der Kehle.
    Ich füllte mein Glas selbst wieder.
    Â»Schlimm?«, erkundigte sich der gruselige Barkeeper.
    Â»Seh ich so scheiße aus oder was?«
    Er nickte.
    Und das musste ich mir von Ozzy Osbournes kleinem Bruder
sagen lassen.
    Â»Stress mit deinem Typen?«, versuchte Ozzy weiter, mir
ein Gespräch aufzudrängen.
    Â»Halt einfach die Fresse, ja?«
    Er zuckte mit den Schultern und gesellte sich ein paar Meter
weiter zu ein paar fröhlichen Vollstrammen.
    Ich wartete darauf, dass der Alkohol endlich Wirkung
zeigte. Doch er tat es einfach nicht. Frustriert packte ich die Flasche und
setzte sie an den Mund.

    Â 
    Ich wachte auf, weil sich das Bett, in dem ich
lag, drehte.
    Verdammt, war mir schlecht.
    Ich öffnete die Augen. Eine weiße Zimmerdecke stürzte auf
mich zu. Ich schloss die Augen wieder und musste würgen. Stöhnend drehte ich
mich auf die Seite und mein Blick fiel auf den Typ neben mir. Er trug einen
Slip mit Totenkopfaufdruck und seine schwarzen Haare verdeckten sein Gesicht.
Ich erkannte Ozzy an seinem Hundehalsband.
    Ich stöhnte noch einmal. Sekundenlang fühlte ich mich
zurückversetzt in eine abgekaute Wiederholung meines früheren Lebens. Dann
dämmerte mir langsam, dass ich mich nicht im Schlafzimmer meiner Eltern befand,
um ihnen mit dieser grandiosen Horrorversion eines Schwiegersohnes eine Freude
zu bereiten.
    Als ich mich im nächsten Moment erinnerte, was tatsächlich
passiert war, konnte ich den Brechreiz nicht mehr bremsen. Ich versuchte
aufzuspringen, wusste nicht, wo das Badezimmer war, und griff deshalb nach dem
Mülleimer unter dem Schreibtisch.
    Von dem Geruch nach Erbrochenem wurde mir gleich wieder
übel. Den Mülleimer in der Hand ließ ich mich gegen die Wand kippen, rutschte
in die Hocke und blieb sitzen.

    Â 
    Das Nächste, was ich spürte, war Ozzys Hand in
meinem Gesicht. Er strich meine Haare zur Seite und drehte meinen Kopf am Kinn
in seine Richtung. Ich registrierte, dass die Furcht einflößende Narbe auf
seiner Wange verschwunden war.
    Â»Lebst du noch? Hast dich ja ordentlich abgeschossen,
Süße.«
    Ich fragte mich, ob ich ihm irgendeinen Anlass zu solcher
Vertraulichkeit gegeben hatte.
    Er verschwand mit dem Müllbeutel aus dem Papierkorb in
der Küche. Er war groß, schlaksig und er schwankte ein wenig beim Gehen, was
mir sagte, dass auch er nicht nüchtern geblieben war.
    Als er wieder auftauchte, hatte er zwei Gläser in der
Hand. Das eine war ein Schnapsglas, das andere füllte er mit Wasser und warf
zwei Kopfschmerztabletten hinein, die sich sprudelnd auflösten.
    Â»Hier!« Er hielt mir das Schnapsglas hin. »Bekämpfe Feuer
mit Feuer.«
    Ich roch an der klaren Flüssigkeit.
    Alkohol.
    Â»Du musst immer mit dem Zeug weitermachen, das dir den
Rest gegeben hat«, belehrte mich Ozzy mit einer Oberlehrermiene, die nicht
recht zu seiner Totenkopfunterhose passen wollte.
    Erstaunlicherweise musste ich mich bei dem Gedanken an
Alkohol nicht gleich wieder übergeben. Hauptsache, es half. Ich stürzte erst
den Schnaps und dann die aufgelösten Aspirin hinunter.
    Ozzy nickte anerkennend: »Und jetzt lass uns noch mal ins
Bett gehen, Süße, es ist noch nicht mal acht.«
    Schlagartig wurde mir heiß. Ich hatte keine Ahnung, was
heute Nacht passiert war.
    Ozzy zog mich auf die Füße, griff mein Gesicht mit beiden
Händen und steckte mir seine dicke, nasse Zunge in den Mund. Mit beinahe
wissenschaftlichem Interesse beobachtete ich, was er mit mir anstellte, ohne zu
begreifen, dass es mir passierte.
    Als Ozzy kurz
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