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Guten Morgen, meine Schoene

Guten Morgen, meine Schoene

Titel: Guten Morgen, meine Schoene
Autoren: Grace Green
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Verstohlen blickte er auf seine Hände und atmete erleichtert auf. Die schwieligen Finger ließen auf harte Arbeit schließen.
    Es waren aber auch die Hände eines Mannes, der nicht gleich um Hilfe flehte, wenn er in Schwierigkeiten steckte.
    Das wusste er instinktiv.
    »Noch Fragen?« Der Arzt schien es eilig zu haben.
    »Nein.«
    »Können Sie sich an den Unfall erinnern?«
    Jedidiah schüttelte den Kopf und zuckte zusammen, als ihn ein stechender Schmerz durchfuhr.
    »Das ist nicht ungewöhnlich«, erklärte der Arzt. »Trau-matische Erfahrungen blockieren oft vorübergehend das Gedächtnis.
    Meistens kommt die Erinnerung nach einiger Zeit zurück.
    Warten wir also ab. Falls es Probleme gibt, können Sie mich jederzeit anrufen.«
    »Vielen Dank, Doktor.«
    »Ihre Kleidung befindet sich im Schrank neben dem Bett«, teilte ihm die Schwester mit, nachdem der Arzt weg war. Sie wandte sich ebenfalls zum Gehen.
    »Einen Moment noch bitte.«
    Sie blieb stehen und drehte sich zu ihm um.
    »Hat meine… Frau heute Morgen angerufen?«
    »Ja, schon ganz früh und dann nochmals gegen zehn Uhr.
    Ich habe ihr versprochen, sie sofort zurückzurufen, sobald der Arzt Sie untersucht hat. Ich werde ihr sagen, dass sie Sie abholen kann.«
    »Es wäre mir lieber, wenn Sie mir ein Taxi bestellen könnten.«
    »Aber Ihre Frau…«
    »Ich möchte sie überraschen.«
    Die Schwester lächelte verständnisvoll. »Gut, dann bestelle ich Ihnen ein Taxi, das Sie in einer halben Stunde abholt.
    Warten Sie hier auf mich, ich begleite Sie dann nach unten.«
    Jedidiah wartete, bis sich ihre Schritte auf dem Flur ent-fernten. Dann schwang er die Beine aus dem Bett. Das Zimmer begann sich um ihn zu drehen, und es dauerte einige Minuten, bis er aufstehen konnte. Schwankend hielt er sich am Fußteil des Bettes fest und öffnete mit der anderen Hand den Schrank.
    Beim Anblick seiner Sachen stellte sich leider kein Wie-dererkennungseffekt ein. Vielmehr war ihm, als hätte er die Jeans, den Pullover, die Schuhe und den Anorak noch nie gesehen.
    Trotzdem waren ihm die Bezeichnungen der einzelnen Kleidungsstücke geläufig. Ebenso wusste er, dass es sich bei der kleinen schwarzen Ledertasche, die er nun aufklappte, um eine Brieftasche handelte. Offenbar streikte sein Gedächtnis lediglich bei persönlichen Erinnerungen.
    Er fand über siebzig Dollar in Scheinen, verschiedene Kreditkarten sowie eine Benzinrechnung. Und seinen Füh-rerschein, in dem als Adresse Morgan’s Hope, Whispering Mountain, British Columbia angegeben war. Er verglich das Datum der Benzinrechnung mit seinem Geburtsdatum und stellte fest, dass er bald fünfunddreißig wurde. Und als er das Foto betrachtete, war es, als würde er in das Gesicht eines Fremden blicken. Eines Fremden mit dunklem Haar und finsterem Blick.
    Er durchsuchte die Brieftasche nach einem Foto seiner Frau, hatte aber kein Glück. Nachdenklich klappte er die Brieftasche zu. Seine Frau würde viele Fragen zu beantworten haben, wenn er nach Hause kam.
    Er konnte kaum mehr erwarten, sie endlich zu sehen.
    »Mom, warum bringst du unsere ganzen Sachen ins Haus?«
    In jeder Hand eine Reisetasche, drehte Sarah sich zu Vicky um, die mit Jamie in der Halle spielte. »Weil die Schwester mir heute Morgen am Telefon gesagt hat, dass euer Onkel Hilfe braucht, wenn er nach Hause kommt. Wir bleiben einige Zeit hier, damit ich mich um ihn kümmern kann.«
    Ob ihm das passt oder nicht, fügte Sarah in Gedanken hinzu, aber ihr war dabei nicht ganz wohl. Sie hoffte, dass ihr Schwager nichts dagegen hatte. Er war schließlich auf Hilfe angewiesen.
    Und sie selbst benötigte dringend einige Tage Zeit, um sich über ihre weiteren Pläne klar zu werden.
    »Fahren wir heute wieder in die Klinik?« wollte Jamie wissen.
    »Ja, wahrscheinlich können wir euren Onkel schon mit-nehmen. Die Schwester wollte mir Bescheid geben, wenn der Arzt ihn untersucht hat. Eigentlich müsste sie sich längst gemeldet haben.«
    Vicky strahlte. »Da wird sich unser Onkel aber freuen, wenn er erfährt, dass wir bei ihm eingezogen sind!«
    »Soll ich Ihnen ins Haus helfen?« fragte der Taxifahrer durchs offene Wagenfenster, nachdem Jedidiah ihn bezahlt hatte. »Als Sie vorhin aus dem Krankenhaus kamen, schienen Sie mir noch recht wackelig auf den Beinen zu sein.«
    »Danke, aber ich komme allein zurecht.«
    »Hübsches Haus.«
    »Ja«, antwortete Jedidiah zerstreut. Seine Aufmerksamkeit galt dem rostigen blauen Kombi, der vor dem Eingang parkte.
    Gehörte er
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