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Die Söldner von Dorsai (Dorsai 1)

Die Söldner von Dorsai (Dorsai 1)

Titel: Die Söldner von Dorsai (Dorsai 1)
Autoren: Gordon R. Dickson
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    Der junge Oberstleutnant war offensichtlich betrunken und schien unaufhaltsam auf eine Katastrophe zuzusteuern.
    Er humpelte in den Speisesaal des Raumschiffes an diesem ersten Abend des Fluges von Denver nach Kultis. Die Brust seiner grünen Uniform war mit Ordensspangen besetzt. Er war groß und hager, fast zu jung für den Rang, den er im Expeditionskorps der Westlichen Allianz bekleidete. Auf den ersten Blick machte er einen freundlichen, wenn nicht gar harmlosen Eindruck.
    Einige Sekunden lang ließ er den Blick durch den Raum schweifen, während der Steward vergeblich versuchte, ihn zu einer nahe gelegenen Nische zu lotsen, in der für eine Person gedeckt war. Doch der junge Offizier ignorierte den Steward und schoß auf den Tisch von Dow deCastries zu.
    Der kleine, reizbare Mann, den man Pater Ten nannte und der nur selten von deCastries’ Seite wich, glitt von seinem Stuhl, während sich der Offizier dem Tisch näherte, und ging auf den Steward zu, wobei er gar nicht erst versuchte, seine Abscheu gegenüber dem Uniformierten zu verbergen. Pater Ten ging auf den Steward zu, und dieser beugte sich vor, um ihm sein Ohr zu leihen. Die beiden tuschelten eine Weile miteinander, während sie dem jungen Offizier immer wieder einen Blick über die Schulter zuwarfen. Dann verließen sie schnellen Schrittes den Speisesaal.
    Der Oberstleutnant war inzwischen am Tisch gelandet, angelte sich einen freien Schwebesessel vom Nebentisch und nahm, ohne eine Einladung abzuwarten, dem hübschen braunhaarigen Mädchen gegenüber Platz, das deCastries zur Linken saß.
    „Das Vorrecht des ersten Abends an Bord, habe ich mir sagen lassen“, begrüßte er freundlich die Tafelrunde. „Man setzt sich beim Abendessen an einen beliebigen Tisch und lernt seine Mitreisenden kennen. Wie geht’s allerseits?“
    Eine Sekunde lang herrschte Schweigen. Nur deCastries lächelte, ein dünnes Lächeln, das kaum die Lippen in seinem sonst angenehmen Gesicht kräuselte. Sein Gesicht war von schwarzem Haar umrahmt, das an den Schläfen bereits grau wurde. DeCastries, seit nunmehr fünf Jahren Minister für außerirdische Angelegenheiten der Koalition, war für seine Erfolge bei Frauen bekannt. Der Blick seiner dunklen Augen ruhte unentwegt auf dem braunhaarigen Mädchen, seit er sie, zusammen mit ihrem Vater, einem Söldner, und einem vornehmen Exoten, dem dritten im Bunde, an seinen Tisch gebeten hatte. Sein Lächeln war keineswegs drohend, doch das Mädchen runzelte die Stirn und legte unwillkürlich die Hand auf den Arm ihres Vaters, der sich vorgebeugt hatte und zum Sprechen ansetzte.
    „Oberst …“ Der Söldner, ein Berufssoldat, trug das Emblem eines Offiziers der Dorsai-Welt, die bei den Exoten von Bakhalla unter Vertrag standen. Das dunkel getönte Antlitz mit dem steif gewichsten Schnurrbart hätte fast lächerlich gewirkt, wäre es nicht so ausdruckslos und hart gewesen wie eine Panzerplatte. Er brach ab, als er die Hand seiner Tochter auf dem Ärmel spürte, und wandte sich ihr zu, doch ihre Aufmerksamkeit war immer noch auf den Eindringling gerichtet.
    „Oberst“, sagte sie, ihrem Vater zuvorkommend, und ihre junge Stimme hörte sich nach den knappen Worten des Vaters verdrießlich und gleichzeitig besorgt an, „meinen Sie nicht, daß Sie sich für eine Weile hinlegen sollten?“
    „Keineswegs“, sagte der Oberst und blickte zu ihr auf. Sie hielt den Atem an und kam sich plötzlich gefangen vor, wie ein Vogel in der Hand eines Riesen, beim strengen Blick dieser grauen Augen, der so gar nicht zu jenem harmlosen Eindruck passen wollte, den der Oberst nach seinem Auftritt gemacht hatte. Diese Augen machten sie für einen Moment hilflos, so daß sie sich urplötzlich ohne jede Vorwarnung bewußt wurde, daß sie genau im Brennpunkt seines Blickes saß, nackt und bloß im Scheinwerferlicht dieser Augen, die sie fast schamlos musterten. „… das glaube ich nicht“, vernahm sie erneut seine Stimme.
    Sie lehnte sich zurück, zuckte die braunen Schultern über dem grünen Abendkleid und brachte es schließlich fertig, ihren Blick von dem seinen zu lösen. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie er seine Blicke über den Tisch schweifen ließ, wie sein Auge von dem Exoten im blauen Gewand über ihren Vater und über sie hinweg zum anderen Ende des Tisches wanderte, wo er am dunkelhaarigen, immer noch maliziös lächelnden deCastries haftenblieb.
    „Natürlich kenne ich Sie, Herr Minister“, fuhr er fort, indem er das Wort an
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