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Guten Morgen, meine Schoene

Guten Morgen, meine Schoene

Titel: Guten Morgen, meine Schoene
Autoren: Grace Green
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entrüstet.
    Er lächelte. »Hast du noch nichts von positivem Denken gehört? Es wirkt Wunder.«
    »Das bestreite ich nicht«, erwiderte Sarah lachend. »Wir müssen noch die Halterung fürs Baby und Jamies Kindersitz aus dem Kombi holen. Was machen wir mit meinem Auto?«
    »Ich werde ihn von einer Gebrauchtwagenfirma abholen lassen«, sagte Jed. »Meine Frau wird diesen alten Klap-perkasten nicht mehr fahren!«
    Nachdem sie alles im Landrover verstaut hatten, die Kinder angeschnallt waren und auch die beiden Erwach-senen im Auto Platz genommen hatten, blickte Jed fragend zu Sarah. »Willst du dich nicht noch von deiner Mutter verabschieden?«
    Traurig schüttelte sie den Kopf. »Nein, sie möchte mich nicht mehr sehen.«
    Sarah wusste, dass sie nie mehr nach Wynthrop zurückkehren würde. Jahrelang hatte sie die heimliche Hoffnung gehegt, dass ihre Mutter sie vielleicht doch ein wenig liebte, es nur nicht zeigen konnte. Doch seit jetzt wusste sie, dass Deirdre Hallston zur Liebe einfach nicht fähig war.
    Diese Erkenntnis überschattete Sarahs Glück ein wenig.
    Jed schien es zu spüren. Er beugte sich zu ihr und küsste sie zärtlich auf die Wange. »Die Zeit heilt alle Wunden.«
    Sie rang sich ein Lächeln ab, wusste aber, dass sie die Ablehnung ihrer Mutter nie ganz verschmerzen würde.
    »Mom«, rief Vicky, »ich habe meine Puppe vergessen!«
    Jed drehte sich zu ihr um. »Dann hol sie schnell, mein Schatz.
    Wir warten auf dich.«
    »Ich glaube, ich habe sie ihm Wintergarten gelassen.«
    Vicky verzog das Gesicht. »Dort sitzt jetzt sicher Grandma.«
    Sarah unterdrückte einen Seufzer. »Na schön, ich hole sie dir.«
    »Ich hole sie«, sagte Jed.
    Sarah schüttelte den Kopf. »Nein, lass mich gehen.«
    Es war still im Haus, als sie die Halle betrat. Auch ihre eigenen Schritte verschluckte der dicke Teppich.
    Die Tür zum Wintergarten stand offen, und Sarah ging leise hinein. Ihre Mutter saß tatsächlich dort, doch bei ihrem Anblick verhielt Sarah den Schritt.
    Deirdre Hallston saß zusammengesunken auf einem Stuhl. Sie hatte Vickys Puppe an die Brust gepresst und bot ein Bild absoluter Verlassenheit.
    Unfreiwillig entfuhr Sarah, die reglos an der Tür stand, ein Laut des Entsetzens.
    Sofort richtete ihre Mutter sich auf und wandte den Kopf.
    Als sie Sarah sah, erschien ein Ausdruck von Traurigkeit in ihren Augen, doch schon im nächsten Augenblick hatte sie sich wieder gefangen. Ihre versteinerte Miene verriet nicht, was in ihr vorging.
    »Du bist sicher deshalb gekommen.« Sie erhob sich steif und hielt Sarah die Puppe hin.
    Schweigend sahen Mutter und Tochter sich an, und es blieb ungesagt, was sie beide dachten. Deirdre Hallstons abwehrende Körperhaltung verriet Unversöhnlichkeit. Nie im Leben würde sie zugeben, dass die Abreise ihrer Tochter sie getroffen hatte.
    Sarah wiederum lag nichts daran, ihre Mutter zu demü-
    tigen.
    Sie nahm die Puppe und sagte leise: » Jed ist ein guter Mann, Mutter. Und er gehört jetzt… zur Familie. Wir würden uns über einen Besuch von dir sehr freuen.«
    Ihre Mutter schien darauf antworten zu wollen, entschied sich dann aber doch fürs Schweigen.
    Wie konnte ich auch anderes erwarten? dachte Sarah niedergeschlagen. Es war eine schöne Illusion zu glauben, ihre Mutter würde wenigstens jetzt den endgültigen Bruch mit ihrem einzigen Kind zu verhindern suchen und ihre Tochter in die Arme schließen. Zwischen ihnen hatte es so gut wie nie körperlichen Kontakt gegeben.
    Traurig drehte Sarah sich um, verließ schweren Schrittes den Wintergarten und durchquerte die Halle. Als sie in den sonnigen Nachmittag hinaustrat, hörte sie ihre Mutter leise rufen:
    »Vielleicht könntest du mir ja… eine Einladung zu eurer…
    Hochzeit senden.«
    Sarah wirbelte herum und bemerkte, dass ihre Mutter ihr gefolgt war und in der Mitte der Halle stand. Sie wirkte erschreckend müde und zerbrechlich, und zum ersten Mal sah man ihr das Alter an.
    »Ja.« Sarahs Augen wurden feucht. »Das werde ich tun, Mutter.«
    Als Sarah zum Wagen zurückkehrte, erwartete Jed sie an der geöffneten Beifahrertür. Fragend zog er die Brauen hoch. »Was hat dich so lange aufgehalten? Gab es Probleme?«
    »Nein.« Sie reichte Vicky die Puppe und stieg ins Auto.
    »Ich werde dir später alles erzählen«, sagte sie zu Jed und sah ihn mit einem glückstrahlenden Lächeln an. »Aber zuerst lass uns nach Hause fahren.«

    -ENDE-
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