Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Guten Morgen, meine Schoene

Guten Morgen, meine Schoene

Titel: Guten Morgen, meine Schoene
Autoren: Grace Green
Vom Netzwerk:
den er nur bei wirklich gro-
    ßem Kummer anschlug.
    »Sei still, Jamie, alles wird gut.«
    Er weinte nur noch lauter. »Ich möchte mit Max spielen!«
    »Mit deinem neuen Puzzle kannst du auch schön spielen.«
    Sarah versuchte, sein nervenaufreibendes Geheul zu übertönen.
    »Vicky, warum liest du nicht ein wenig…«
    »Ich möchte wissen, wohin wir fahren!« verlangte Vicky mit einer zunehmend aufsässiger klingenden Stimme zu wissen. »Warum sind wir nicht bei Onkel Jed geblieben? Ich will nicht von ihm und Max weg! Und außerdem habe ich gehört, wie du Onkel Jed versprochen hast, auf ihn zu warten. Und zu uns sagst du immer, dass man seine Versprechen halten muss!«
    Sarah schluckte. »Vicky, bitte. Ich möchte darüber jetzt nicht diskutieren.«
    Eine neue Welle des Schmerzes durchzuckte sie, die diesmal noch qualvoller war. Ihr Leib schien auseinander gerissen zu werden. Sarah verkrampfte sich und bekämpfte die aufsteigende Angst.
    Nur langsam ließ der Schmerz nach.
    Nach einer Weile ging Jamies Geheul in leises, stoßweises Schluchzen über, und auch Vicky war still geworden.
    Als Sarah in den Rückspiegel blickte, sah sie ihre Tochter schmollend in der Ecke sitzen und mit rebellischem Blick aus dem Fenster starren.
    Sarah verspürte heftige Gewissensbisse, doch sie konnte Vickys Frage beim besten Willen nicht beantworten, da sie selbst nicht wusste, wohin sie eigentlich fuhren. Als morgens das Telefon wieder funktioniert hatte, hatte sie in ihrer Panik nur schnellstens von Morgan’s Hope wegge-wollt.
    Und nun stand sie auf der Straße mit wenig Geld, zwei kleinen Kindern und einem dritten, das es offenbar eilig hatte, auf die Welt zu kommen.
    Ein kalter Schauer überlief sie, und auf einmal packte sie tiefe Verzweiflung und ein Gefühl großer Einsamkeit. So ungefähr musste man sich fühlen, wenn man in einen tiefen, dunklen Keller hinabstieg und nicht wusste, was einen dort erwartete.
    Oder wenn man die Tore von Wynthrop passierte. Jenes wunderschönen Herrensitzes, auf dem sie geboren und aufgewachsen, jetzt aber nicht mehr willkommen war.
    Wynthrop war der letzte Ort, wohin sie Jamie und Vicky bringen würde, wenn sie eine Wahl hätte. Doch momentan war sie in ihrem Leben an einem absoluten Tiefpunkt ange-langt – und Wynthrop lag nur noch eine knappe Autostun-de entfernt!
    Ihr blieb nur ein letzter und sehr bitterer Ausweg. Sie musste nach Hause zurückkehren und ihre Mutter bitten, sie und die Kinder so lange aufzunehmen, bis das Baby geboren war.
    Der blaue Kombi war weg.
    Jed blieb wie angewurzelt stehen und blickte ungläubig auf den leeren Platz vorm Haus. Es dauerte eine Weile, bis Bewegung in ihn kam. Er begann zu laufen. Als er die Eingangstür erreichte, traf ihn wie ein Blitz die Erinnerung.
    Schon einmal war er auf das Haus zugerannt, in der Nacht, als es brannte und…
    Schwankend hielt er sich am Türgriff fest, als vor seinem inneren Auge ein wirrer Film ablief, der immer wieder zu reißen schien. Er sah Flammen, die den Himmel mit einem dunkelroten Feuerschein überzogen, hörte Sirenen heulen, roch den beißenden Brandgeruch…
    Dann brach alles ebenso plötzlich ab, wie es begonnen hatte.
    Zitternd und mit weichen Knien öffnete Jed die Tür und betrat das Haus. Ungewohnte Stille empfing ihn. Als er »Sarah?« rief, kam ihm nur von oben das Echo seiner Stimme entgegen. Sie war weg.
    Obwohl er es besser wusste, weigerte er sich, alle Hoffnung aufzugeben, und durchsuchte in Windeseile das Erdgeschoss vergebens.
    Er raste die Treppe hinauf und rannte von Zimmer zu Zimmer.
    Nichts. Schließlich stand er in Sarahs Bad. Ein Hauch ihres Parfüms hing noch in der Luft. Jed ballte die Hände zu Fäusten und blickte starr auf sein Spiegelbild. »Ich werde sie finden«, schwor er sich. »Und wenn ich bis ans Ende der Welt fahren muss!«
    Als er sich umdrehte, entdeckte er an einem Haken an der Tür ihren Morgenmantel. Offenbar hatte sie ihn in der Eile vergessen.
    Er griff danach und barg das Gesicht in dem weichen Frotteestoff. Begierig atmete er Sarahs Duft ein, und das Herz wurde ihm noch schwerer.
    Doch dann richtete er sich unvermittelt auf. Es hatte wenig Sinn, in Selbstmitleid zu versinken und sich wie ein liebeskranker Teenager aufzuführen.
    Als er den Morgenmantel wieder an den Türhaken hängen wollte, hörte er Papier rascheln. Er durchsuchte die Taschen und fand einen Umschlag, der an ihn adressiert war und von Brianna stammte. Wie, zum Teufel, war Sarah zu diesem Brief
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher