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Gute Nacht Jakob

Gute Nacht Jakob

Titel: Gute Nacht Jakob
Autoren: Hans G. Bentz
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beruhigte.
    Kurz darauf kam er wieder auf den Hof, sehr ruhig, unheimlich ruhig: »Das ist nur deshalb möglich«, sagte er, »weil das Viech (mein Jakob!) schon wieder zuviel fliegen kann!«
    »Ja«, sagte ich verschüchtert, »du hast recht, bitte, sag nichts Onkel Gustl davon!«
    »Werd’ mir’s überlegen!«
    Ich rannte zum nächsten Busch, brach einen kleinen Zweig ab, stellte Jakob köpf und versohlte ihm den Po. Dann ließ ich ihn >büßen<. Ciglaschs finstere Züge glätteten sich; er nahm vor Erstaunen wieder die Pfeife aus dem Mund:
    »Jessas!« sagte er. »Wenn ich das beim Katschmarek erzähl’, glaubt’s mir keiner!«
    »Du sollst sehen, Ciglasch, er merkt es sich! Nie wieder wird er deine Pferde quälen!«
    Ich ließ Jakob in Büßerstellung sitzen, ging weg und rief aus zehn Meter Entfernung: »Es ist gut!« Er flatterte hinter mir her und blieb >bei Fuß< wie ein wohlerzogener Jagdhund.
    Ciglasch erzählte nie etwas von diesem Zwischenfall...

    Die Besserung in Jakobs Benehmen hielt an. Ich ging oft des Nachmittags mit ihm auf der Schulter in die Stadt und hatte es gern, wenn die Leute hinter mir hersagten: »Das ist der Bub vom Schloß mit seinem zahmen Raben!«
    Auf einem dieser Spaziergänge begegnete ich dem dicken Pfarrer. »Was macht der kleine Teufel?« fragte er. Ich berichtete von Jakobs Einkehr und Buße und fügte, nur um unseren Ruf zu verbessern, hinzu: »Ich bin überzeugt, Hochwürden, wenn wir ihn jetzt mit der Lora zusammenlassen würden, gäbe es keinen Streit!«
    Zu meinem Schrecken ging Hochwürden, den offensichtlich eine grausame Langeweile plagte, auf den Plan ein. Ja, er erwärmte sich immer mehr an der Idee.
    »Vielleicht hast du recht. Junge. Wir nehmen Feindschaft zwischen Tieren immer als etwas Unwandelbares hin. Falsch! Denke an Hund und Katze. Wie viele Hunde leben geradezu rührend mit Katzen zusammen. Neulich habe ich sogar von einer Schlange im Zoo gelesen, der man eine Taube zur Fütterung gab. Als man ein wenig später nachsah, lag die Schlange zusammengeringelt da und in ihrer Mitte die schlafende Taube. Seitdem sind die beiden unzertrennlich.«
    Er unterbrach sich und nahm mich bei der Hand: »Komm, mein Sohn, wir wollen es gleich mal probieren!«
    »Aber...«, sagte ich schwach, während er mich zum Pfarrhaus schleifte, »wenn Jakob nun frei ist und Lora im Bauer...«
    Er blieb stehen: »Du hast recht! Ich werde auch Lora herauslassen, damit sie sich nicht zurückgesetzt vorkommt. Und wir beide werden dabeistehen. Ich bin wirklich gespannt!«
    Ich fügte mich in mein Schicksal. Im Pfarrgarten blieb ich unter einem Vorwand einen Moment stehen und brach schnell einen Zweig von einem Busch. Ich zeigte ihn Jakob, der ihn ahnungsvoll betrachtete und einen dünnen Hals machte.
    Maria, die Pfarrersköchin, war mehr als skeptisch. Sie warf einen finsteren Blick auf mich. Ich zuckte hinter Hochwürdens breitem Rücken hilflos die Achseln, worauf ihr Blick etwas freundlicher wurde und sie sich damit begnügte, resigniert den Kopf zu schütteln.
    Hochwürden derweilen hatte Loras Bauer auf die Erde gestellt, den Napf mit dem Futter herausgenommen, hinterher Lora selbst und beide auf die Fensterbank gesetzt. Dann mußte ich Jakob auch dazusetzen. Als Lora ihn sah, sträubte sie den Schopf.
    »Amen!« sagte sie giftig. »Maria, die Suppe!«
    Jakob, dem ich hinter dem Rücken von Hochwürden den Stock zeigte, schüttelte sich und sagte dann ausgesprochen höflich: » Kakao-Ultruspultrus!«
    Lora studierte ihn einen Moment, tauchte dann den Kopf in den Napf und enthülste ein paar Nüsse, oder was das sonst für ein Zeug war. »Brav, mein Sohn!« erklärte sie dann.
    »Scheißkerl!« erwiderte Jakob freundlich und hüpfte einen Schritt auf sie zu.
    Lora richtete sich auf und studierte ihn abermals. Und dann kam der dramatische Umschwung. Jakob schien sie plötzlich für die lang entbehrte Braut zu halten. Er begann ihr Verbeugungen zu machen und marschierte mit hängenden Flügeln auf sie zu. Dabei sagte er das ganze Repertoire auf. Lora betrachtete ihn eine Weile völlig erstarrt, dann verrenkte sie ihrerseits den Hals, schüttelte das Gefieder, wiegte sich hin und her, brachte eine lange Reihe lateinischer Ausdrücke zu Gehör und pfiff schließlich wie ein Gassenjunge. Jakob setzte sein Liebeswerben fort, und sie drehte sich wie ein Pfau um die eigene Achse.
    Dann ging Jakob an Loras Napf. Wir hielten den Atem an, denn jetzt wurde es Ernst, weil es ums Fressen ging. Er
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