Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grüne Magie

Grüne Magie

Titel: Grüne Magie
Autoren: Jack Vance
Vom Netzwerk:
Hütte nieder!«
    Die Tür öffnete sich, und die junge Frau sah ihn lächelnd an. »Was nun?«
    Liane trat ein und versuchte, die Hexe zu ergreifen. Zwanzig Klingen zuckten ihm entgegen, und zwanzig Spitzen verharrten unmittelbar vor seiner Brust. Der Wanderer verharrte reglos, hob die Augenbrauen und sah Lith groß an.
    »Fort mit dir, Stahl!« rief die junge Frau – und die Klingen verschwanden. »Ich hätte dich ganz einfach töten können, wäre das meine Absicht gewesen«, erklärte die Hexe.
    Liane runzelte die Stirn, rieb sich das Kinn und wirkte nachdenklich. »Weißt du«, sagte er nach einer Weile, »das war wirklich dumm von dir. Liane wird von denen gefürchtet, die Angst vor der Angst haben, und geliebt von jenen, die die Liebe lieben. Und du«, – sein Blick glitt über ihre goldene Gestalt –, »bist reif wie eine süße Frucht. Ohne Zweifel hast du Leidenschaften und sehnst dich danach, Liebe zu empfangen. Du gefällst Liane, und er wird dir die Zärtlichkeit schenken, nach der du verlangst.«
    »Nein, nein«, erwiderte Lith und lächelte zaghaft. »Du hast es zu eilig.«
    Liane musterte sie überrascht. »Ach, ja?«
    »Ich bin Lith«, sagte die junge Hexe, »und es ergeht mir so, wie du eben meintest. Ich bin reif, ja, ich koche und brodle innerlich. Doch ich darf nur den Mann lieben, der mir zuvor gedient hat. Er muß tapfer und kühn sein, klug und geschickt.«
    »Dann bin ich genau der Richtige für dich«, stellte Liane fest. Er kaute auf der Unterlippe. »Allerdings halte ich nichts von Zeitverschwendung, und deshalb…« Er trat einen Schritt vor. »Komm, laß uns…«
    Lith wich zurück. »Nein, nein. Hast du mich denn nicht verstanden? Du kannst mich erst dann lieben, wenn du zuvor in meinen Diensten gewesen bist.«
    »Was für ein Unfug!« ereiferte sich Liane. »Sieh mich an! Betrachte meine Anmut, meinen prächtigen Körper, die feinen Züge meines Gesichts, den Glanz in meinen Augen, die so golden sind wie deine. Ich bin die Verkörperung von Eleganz und Kraft… Eigentlich solltest du mir dienen. Ja, so wollen wir es halten.« Er ließ sich auf einigen Kissen nieder. »Bring mir Wein, Frau!«
    Lith schüttelte den Kopf. »In diesem kleinen Heim kann ich zu nichts gezwungen werden. Außerhalb von Thamberaue mag das anders sein – doch hier, bei meinen blauen und roten Quasten, den zwanzig Klingen, die meinem Gebot gehorchen… Nein, hier kannst du mir nichts befehlen. Entscheide dich. Entweder du stehst auf, gehst fort und kommst nie wieder, oder du hilfst mir bei einer kleinen Aufgabe, woraufhin ich mich dir mit all meiner Leidenschaft hingeben werde.«
    Liane blieb stocksteif sitzen. Eine seltsame Frau, diese goldene Hexe. Andererseits jedoch war sie durchaus einige Anstrengungen wert, und anschließend würde sie für ihre Unverschämtheit büßen.
    »Nun gut«, sagte er schlicht. »Ich werde dir dienen. Was wünschst du? Ich kann dich mit Perlen ersticken, dich mit Diamanten blenden. Ich besitze zwei Smaragde, so groß wie deine Faust, und sie sind wie grüne Ozeane, die den Blick des Betrachters einfangen, so daß er für immer und ewig an schillernden Prismen entlangstreicht…«
    »Nein, nein, nach Juwelen steht mir nicht der Sinn…«
    »Dann geht es vielleicht um Feinde? Ach, ganz einfach. Liane tötet zwei Männer für dich. Zwei Schritte vorwärts, dann zustoßen – so!« Er sprang. »Und die Seelen steigen empor wie Gasblasen in einem Humpen Bier.«
    »Nein. Ich möchte nicht, daß jemand ums Leben kommt.«
    Liane ließ sich wieder auf die Kissen sinken und runzelte die Stirn. »Was willst du dann?«
    Lith trat an die rückwärtige Wand und zog ein Tuch beiseite. Es enthüllte einen goldenen Gobelin. Die Darstellung darauf zeigte ein Tal, das von zwei hohen Bergen begrenzt wurde – eine breite Senke, durch die die ruhigen Wasser eines Stromes flossen, vorbei an einem stillen Dorf und in einen kleinen Wald. Golden schimmerte der Fluß, golden waren die Berge und auch die Bäume. Und die einzelnen Goldtöne unterschieden sich auf so subtile Weise, daß der Eindruck einer geradezu bunten Landschaft entstand. Doch irgend jemand hatte den Gobelin in zwei Teile geschnitten.
    Liane war fasziniert. »Prächtig, wundervoll…«
    »Es ist ein Bild des Magischen Tals von Ariventa«, erklärte Lith. »Die andere Hälfte wurde mir gestohlen, und dein Dienst soll darin bestehen, sie mir zurückzubringen.«
    »Wo befindet sie sich?« fragte Liane. »Und wer ist der Schuft, der sie dir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher