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Grüne Magie

Grüne Magie

Titel: Grüne Magie
Autoren: Jack Vance
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Hexe Lith mit einem Geschenk erfreuen«, bettelte Liane.
    »Dann erfreu sie mit deinen Gewürzen!«
    »Eigentlich hat sie nur einen Wunsch«, erklärte Liane offen. »Sie möchte die Hälfte eines Gobelins, die ich für sie von Chun dem Unvermeidlichen stehlen soll.«
    Und daraufhin schwiegen die Zauberer und musterten ihn erschrocken.
    »Warum seid ihr denn plötzlich so ernst? He, Wirt, bring mehr Wein!«
    Der Zauberer, der die Kristallkugel bei sich führte, sagte: »Selbst wenn wir alle in Wein schwömmen – dem süßen Rotwein Tanvilkats –, könnten wir nicht vergessen, jenen Namen gehört zu haben.«
    »Ha!« machte Liane und winkte ab. »Solange ihr schwimmt, mag das durchaus der Fall sein. Aber wenn ihr ihn trinkt, denkt ihr sehr bald an ganz andere Dinge.«
    »Seht nur seine Augen!« flüsterte jemand. »Sie sind groß und golden.«
    »Und sie haben einen scharfen und wachsamen Blick«, fügte Liane hinzu. »Und meine Beine – flink und geschwind, wie Sternenlicht, das über Wellen hinwegtanzt. Und dieser Arm – meisterlich beherrscht er das Schwert. Und meine Magie – sie gibt mir die Möglichkeit, mich in ein Refugium zurückzuziehen, das nur mir zur Verfügung steht.« Er trank Wein aus seinem Becher. »Gebt acht, ihr Zauberer! Dies ist äonenalte Magie…« Er setzte sich den bronzenen Reif auf den Kopf, und sofort erweiterte sich der Ring. Er zog ihn herab, trat aus ihm heraus und hob ihn in die Finsternis. Als er glaubte, es sei genügend Zeit verstrichen, kehrte er in die Welt des Lichts zurück.
    Ruhig brannte das Feuer im Kamin, und der Wirt wartete hinter seinem Tresen. Direkt vor Liane stand der Becher Wein, aus dem er eben noch einen großen Schluck genommen hatte. Doch von den Zauberern und Thaumaturgen war weit und breit nichts mehr zu sehen.
    Verwirrt blickte sich Liane um. »Wohin sind denn meine magischen Freunde verschwunden?«
    Der Wirt zuckte mit den Schultern. »Sie zogen sich in ihre Zimmer zurück. Der Name, den du nanntest, belastete ihre Seelen.«
    Und in nachdenklichem Schweigen trank Liane seinen Becher aus.
    Am nächsten Morgen verließ er die Herberge und machte sich auf den Weg nach der Alten Stadt. Dabei handelte es sich um einen Bereich aus umgestürzten Säulen, verwitterten Sandsteinblöcken und auseinandergebrochenen Giebelfassaden. Im Granit mancher Steine zeigten sich noch fleckige Inschriften. Auf einstmals prächtigen Terrassen wucherte rostrotes Moos. Eidechsen, Schlangen und Insekten wohnten in den Ruinen. Sonst regte sich dort nichts.
    Liane wanderte an den Schutthaufen vorbei und wäre dabei fast über eine Leiche gestolpert – den Körper eines jungen Mannes, der aus leeren Augenhöhlen gen Himmel starrte.
    Kurz darauf spürte Liane die Nähe eines Wesens. Sofort sprang er zurück und nahm sein Rapier zur Hand. Ein buckliger alter Mann stand in der Nähe und beobachtete ihn. »Was führt dich in die Alte Stadt?« fragte er mit rauher und zittriger Stimme.
    Liane schob das Rapier in die Scheide zurück. »Ich suche den Ort des Raunens. Kannst du mir den Weg weisen?«
    Der alte Mann lachte leise und krächzend. »Schon wieder einer? Wann hört das endlich auf…?« Er deutete auf den Toten. »Jener Mann kam gestern und war ebenfalls auf der Suche nach dem Ort des Raunens. Er wollte Chun dem Unvermeidlichen etwas stehlen. Sieh nur, was aus ihm geworden ist!« Er wandte sich um. »Komm mit!« Und er verschwand hinter einigen geborstenen Felsen.
    Liane folgte ihm. Der alte Mann stand neben einer weiteren Leiche, und auch die Augenhöhlen dieses Toten waren leer und blutig. »Dieser hier kam vor vier Tagen und begegnete Chun dem Unvermeidlichen… Und dort drüben, hinter dem Bogen, liegt noch jemand, ein tapferer Krieger in stählerner Rüstung.« Der alte Mann streckte den Arm aus und deutete inverschiedene Richtungen. »Überall liegen Tote. Einst waren sie voller Tatendrang und Wagemut, doch hier verloren sie ihr Leben.«
    Er richtete den Blick seiner hellblauen Augen auf Liane. »Kehr um, junger Mann – denn sonst wirst du ebenfalls hier enden, auf daß dein Leichnam inmitten der Ruinen verfault.«
    Liane zog sein Rapier und hob es wie zum Schlag. »Ich bin Liane der Wanderer. Sollen diejenigen, die es wagen, sich mir entgegenzustellen, vor Furcht erstarren. Wo befindet sich der Ort des Raunens?«
    »Wenn du es unbedingt wissen willst…«, seufzte der alte Mann. »Dort, hinter dem gesplitterten Obelisken. Doch du begibst dich in große Gefahr.«
    »Ich bin
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