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Großstadt-Dschungel

Großstadt-Dschungel

Titel: Großstadt-Dschungel
Autoren: Sarah Mlynowski
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einem Jahr wieder.“ Ich hasse das. Ich hasse ihn. Ich muss mich jetzt um eine Mitbewohnerin kümmern. Ich muss mich um einen Freund kümmern.
    „Jackie, warte. Ich will nicht, dass du wütend hier verschwindest. Für den Moment können wir wenigstens Freunde bleiben.“
    „Ich brauche nicht noch mehr Freunde.“ Das war wirklich die schlimmste Woche von allen. Aber ich werde nicht heulen. Ich habe seit New York nicht mehr geweint. „Wiedersehen.“ Ich verlasse das Apartment unter lautem Türenknallen.
    Mir ist nicht nach Reden, als ich nach Hause komme. Ich setze mich auf die Couch und schalte den Fernseher an. Vielleicht rede ich nie wieder. Vielleicht werde ich eine kauzige Eigenbrödlerin, und die Fernsehstationen bauen draußen ihre Camps auf. Das ganze Land wird sich fragen, was nur mit mir los ist. Andrew wird mich im TV sehen und sich schrecklich für das fühlen, was er mir angetan hat, und Sam wird sich wegen ihres Auszugs größte Vorwürfe machen.
    „Bist du okay?“ fragt sie.
    Ich nicke.
    „Bist du sicher?“
    Ich nicke wieder.
    Ich hasse mein Leben. Wirklich. Und morgen werde ich wieder zur Arbeit gehen müssen, um zu begreifen, dass mein Lebensmittelpunkt darin besteht, Kommas zu setzen. Was soll das überhaupt? Warum können die Sätze sich nicht als eine lange, gewundene, zeichenlose Kette aneinander fügen, genau wie mein erbärmliches Leben?
    „Ich gehe zu Marc“, erzählt Sam. „Ich bin morgen wieder da.“
    Ich nicke. Kommt auch nicht mehr drauf an.
    Zwanzig Minuten später höre ich den Schlüssel wieder im Schloss. Sie ist zurück. Was hat sie vergessen? Die Handschellen?
    „Ich hab’s mir anders überlegt. Ich war einkaufen und habe Kekse, Eis, eine Gesichtsmaske und ein Pediküre-Set mitgebracht. Kleine Kosmetik gefällig?“
    Ich breche in Tränen aus.
    „Er hat Mist im Kopf“, sagt sie eine Viertelstunde später mit kleieverkrustetem Gesicht. „Welcher Typ erzählt schon einer Frau, dass sie allein bleiben muss? Das ist doch hirnrissig … Ich dachte, er hätte meine Miete übernehmen können.“
    „Welcher Mensch kommt denn auf so eine verrückte Idee?“
    „Einer mit überbordender Fantasie. Was willst du denn mit der Wohnung machen?“
    „Vielleicht hat Natalie Lust einzuziehen.“
    Könnte ich mit Natalie leben? Sie hat in letzter Zeit ab und an solche Bemerkungen fallen lassen. Ich glaube, die hat die Nase vom Alleinleben voll. „Ja, vielleicht.“ Solange sie nur ihre Kalorientabelle in Beacon Hill lässt.
    Nach „Law and Order“ (Sam ist nicht mehr süchtig nach „Beautiful Bride“) rufe ich Wendy vom Bett aus an. Sie hört sich erstmal alles an und sieht eigentlich nur eine Lösung.
    „Na dann komm mit.“
    „Ich kann nicht so einfach.“
    „Warum nicht?“
    Gute Frage. „Zuallererst, weil ich es mir nicht leisten kann.“
    „Hast du kein Geld zur Seite gelegt?“
    Hm. „Ich habe mein Therapiegeld. Aber das ist für einen CD-Player für mein Auto gedacht.“
    „Du hast keine CDs!“
    „Habe ich wohl. Ich habe mir seit dem Einbruch ein paar gekauft.“
    „Wie viele?“
    „Zwei. Aber ich habe mir vorgenommen, noch mehr zu kaufen, wenn ich erst das Gerät habe.“
    „Mit dem gesparten Geld kannst du dir ein Erste-Klasse-Ticket leisten! Ich erkläre dir, wie du es über das Netz kriegen kannst.“
    „Mit dem Ticket allein ist es nicht getan. Ich muss auch in Europa was essen. Baguettes wachsen nicht auf Bäumen. Und was ist mit dem Hotel?“
    „Wir schlafen in Jugendherbergen. Wir übernachten an Autobahnraststätten. Wir gehen kellnern. Wir verkaufen selbst gemachten Schmuck im Hyde Park.“
    „Du bist eine Investment-Bänkerin! Was für eine Investment-Bänkerin quittiert ihren Job, um selbst gebastelten Schmuck zu verkaufen?“
    „Ich leihe dir Geld. Ich habe letztes Jahr einen absurd hohen Bonus bekommen.“
    „Ich kann mir von dir kein Geld leihen.“ In meinem Kopf dreht sich alles. Ich habe zu Weihnachten auch eine kleine Gratifikation bekommen. Klein, aber doch nicht gänzlich unbedeutend.
    „Du willst dir also kein Geld von mir leihen. Aber du kommst mit. Sag, dass du mitkommst.“
    Kann ich das wirklich tun? Einfach abhauen? „Du fliegst am ersten Februar. Das ist zu früh für mich. Sam wird es egal sein, sie kann zu Marc. Aber wir müssen dem Vermieter zwei Monate im voraus Bescheid geben.“
    „Dann treffen wir uns im März. Ich tingele vorher ein bisschen allein durch die Gegend. Wo willst du hin?“
    „Paris. Und dann nach
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