Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gromek - Die Moral des Toetens

Gromek - Die Moral des Toetens

Titel: Gromek - Die Moral des Toetens
Autoren: Michael Lutz
Vom Netzwerk:
Wort. Obwohl er wusste,
dass er in einem garantiert abhörsicheren Raum saß, neigte er den Oberkörper
über seine Unterlagen und sprach in einem merkwürdig und wie konspirativ
gesenkten Tonfall. Das Blinzeln seines Augenlides verstärkte sich:
    »Bei allem Respekt, von welchen Gegenmaßnahmen sprechen Sie? Und
warum verschweigen Sie die Identität von Stephan Freiherr von Hohenfels-Selms
Mörder? Weil er einer Ihrer letzten Schüler war?«
    Von Eckersdorff schüttelte den Kopf. Doch sein aufgebrachtes
Gegenüber war so schnell nicht zu bremsen:
    »Wolfgang Bubeck hat von Anfang an autonom und zuverlässig
gearbeitet. Er ist ein geschulter Killer, ein Angehöriger dieser Behörde. Und
auf einmal bringt er einen seiner eigenen Kollegen um. Wie konnte das
passieren?! Wurde Bubeck manipuliert? Das System hat sich doch seit Beginn
Ihrer Amtszeit hervorragend bewährt - seit über 15 Jahren!«
    Herrmann von Eckersdorff dagegen schien die Ruhe in Person zu
sein.
    »Das spielt inzwischen keine Rolle mehr«, entgegnete er dem irritierten
Kilar. »Befehl von oben. Wir ziehen einen Schlussstrich, Viktor. Eine eigene
Killerbande ist nicht mehr zeitgemäß. Zu anfällig für Manipulationen von
außerhalb. Das hat sich ja gerade eben gezeigt. Und politisch unerwünschter
denn je.«
    Kilar wurde schlagartig bleich. »Erwünscht war diese Abteilung
doch noch nie«, murmelte er düster. »Die Schmutzarbeit wirft man uns vor die
Füße, aber wehe ...«
    »Wie dem auch sei«, unterbrach ihn von Eckersdorff. »Seien Sie
realistisch, Viktor. Die Aufträge für diese Abteilung sind in den letzten
Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Und das Risiko der Aufdeckung wird immer
größer! Sie selber können unbesorgt sein. Sie übernehmen ab sofort den
kompletten Bereich ›Observation und Analyse‹. Ist das etwa nichts? Und was
dieses leidige Assassinen-Programm angeht, ich habe da schon jemanden im Kopf.
Einen, der Bescheid weiß, aber kein Angehöriger der betroffenen Abteilung ist.«
    Viktor Kilar schluckte, als ihm das Ausmaß dessen bewusst wurde,
was er soeben vernahm. Andererseits war er von dem unerwarteten Nebenaspekt der
beruflichen Weiterentwicklung durchaus angenehm berührt. Zögernd gab er seinen
ohnehin fruchtlosen Protest auf. Sogar das Zucken seines linken Augenlides ließ
langsam wieder nach. Doch in dem Moment befiel ihn eine dunkle Ahnung - es gab
anscheinend doch noch ein Haar in der Suppe:
    »Sie meinen doch nicht etwa Gromek!?«
    Von Eckersdorff schwieg.
    »Oh Gott! Hat er jemals auch nur eine einzige unserer Vorschriften
beachtet? Ausgerechnet Gromek wollen Sie losschicken, um unsere restlichen
Assassinen zu beseitigen? Ehemalige Kollegen und Partner? Wenn Sie mich fragen,
brauchen Sie da aber einen verdammt triftigen Grund. Mit dem Mann werden wir
nur Ärger haben, selbst wenn er diesen ›Rendezvous-Auftrag‹ annehmen sollte!«
    Von Eckersdorff winkte ab.
    »Sie sollten sich nicht mit solchen Fragen quälen, Viktor. Was
Gromek angeht, keiner könnte dieses Problem besser lösen als er. Und: Er
braucht nicht alles zu wissen! Wir verstehen uns!? Verkaufen Sie es ihm als
Routineangelegenheit. Ach ja - und vergessen Sie nicht, auch jemanden auf
Gromek selber anzusetzen! Wenn er seine Arbeit getan hat, darf es keine Zeugen
mehr geben, verstanden!? Ich schlage Lisa vor. Er kennt sie nicht und wird bei
ihr auch keinen Verdacht schöpfen.«
    »Lisa-Marie Delius«, gab Kilar wenig überzeugt zu bedenken,
»erledigt vornehmlich Kurier- und Transportdienste der Gefahrenstufe fünf. Sie
ist Mutter von zwei Kindern. Wenn ich mich recht entsinne, hatte sie seit zehn
oder elf Jahren keine Waffe mehr in der Hand - vom regulären Schießtraining
unserer Abteilung einmal abgesehen. Außerdem - Sie erinnern sich vielleicht an
die Tragödie - wurde damals bei diesem vermutlich palästinensischen Attentat
ihr Mann getötet. Glauben Sie wirklich, dass sie Gromek gewachsen ist? Ich habe
da meine Zweifel.«
    Doch von Eckersdorff war nicht in der Laune, auf irgendwelche
Einwände zu hören. Für seinen Geschmack stellte Kilar entschieden zu viele
Fragen.
    »Ich bin sicher, dass Lisa Delius die richtige Wahl darstellt. Die
Tatsache, dass sie auf den ersten Blick geradezu untauglich für diese Aufgabe
erscheint, ist ja gerade der Grund dafür, dass ich sie ausgewählt habe. Nur so
kommen wir an einen alten Fuchs wie Gromek heran! Was diese undichte Stelle
angeht, der wir diese Sauerei vom Vormittag zu verdanken haben - ich werde
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher