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Grimes, Martha - Mordserfolg

Grimes, Martha - Mordserfolg

Titel: Grimes, Martha - Mordserfolg
Autoren: Martha Grimes
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Verhaltenspsychologen, der sagte, er fände das Verschwinden der Mutter viel schockierender als die Entführung des Babys, und es sei wieder mal ein weiteres Beispiel –«
    »Verdammt, wer weiß denn, ob überhaupt eine Entführung stattfand ?«, sagte Saul.
    »– für die Wegwerfgesellschaft, in der wir heutzutage leben. Aber Moment mal! Wenn die Mutter verschwunden ist und das Baby auch , wieso dann nicht zusammen?«
    »Wieso würde sie ohne den Kinderwagen abhauen?«, meldete sich Sally zu Wort.
    »Vielleicht gab es Beweismittel – entlastende Beweismittel.«
    »Was?«
    »Mein Buch ist auch ein Gerichtsroman. Vielleicht war der Kinderwagen voll mit Kokain? Vielleicht hat Saul Recht, und es gab gar kein Baby! Sondern Kokain und Heroin, unter der Babydecke versteckt.«
    »Erinnert mich bitte daran«, sagte Ned, »dieses Buch nicht zu lesen.«
    Saul ließ den Kopf auf die Hände fallen, rieb sie sich übers Gesicht und legte sie schließlich wie zum Beten über dem Mund zusammen. »Also, diese Unterhaltung ist doch verrückt!« Er kippelte seinen Stuhl nach hinten, machte dem Kellner ein paar Tische weiter ein Zeichen, indem er tat, als würde er eine Rechnung abzeichnen.
    Der Kellner kam an ihren Tisch und kritzelte etwas auf eine Rechnung, die er Saul in einem dunkelblauen Mäppchen überreichte. Ob man sonst noch etwas wünsche? Tat man nicht.
    Jamie schnappte sich das blaue Mäppchen und meinte, Saul sei schließlich einer von den Festochsen und könne deshalb auf keinen Fall für sein Abendessen bezahlen.
    Saul bedankte sich bei ihr und fragte: »Sind wir dann so weit?« in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete, insbesondere nicht von Jamie. »Und jetzt auf zu Swill’s.«
    Die vier erhoben sich und zottelten die breite Treppe hinunter, an deren Fuße Candy und Karl und Arthur standen. Man begrüßte sich, wobei Candy und Karl sich ob des Zufallstreffens hier besonders überschwänglich gebärdeten.
    Saul sagte: »Ihr taucht ja inzwischen überall auf. Das sieht mir nicht mehr so recht nach Zufall aus!«
    Candy lachte. »Genau das hat unser Larry auch gerade über Sie gesagt. Er fragte sich, meinte er, ob Sie uns vielleicht verfolgen.« Die drei lachten herzhaft.
    Arthur runzelte die Stirn. »Larry? Wer zum Teufel ist Lar –«
    Karl brachte ihn mit einem kräftigen Tritt auf den Fuß zum Schweigen und stellte ihn Jamie vor. Und stellte ihn den anderen noch einmal vor. »Sie kennen Art –«
    »Arthur«, versetzte Arthur grimmig.
    »Verzeihung, Arthur . Na jedenfalls, Sie kennen ihn doch noch aus Pittsburgh?«
    »Ich habe das Gefühl«, sagte Ned, »als würde ich ihn schon mein Leben lang kennen.«
    Alle vier – oder waren es alle sieben? – verließen das Old Hotel und machten sich auf den Weg zu Swill’s.

 
45
     
    Fünf Minuten, nachdem sie dort angekommen waren, schmetterte Johnnie Ray bereits »Please, Mr. Sun«, was bedeutete, dass Jamie schnurstracks auf die Jukebox zugesteuert war und auf »Please, Mr. Sun« auch bald »Cry« folgen und zum Abschluss eine herzerfrischende Spezialität zu Gehör gebracht würde, ein alter Bobby-Darin-Song, etwas Langsames wie etwa »What a Difference a Day Makes«.
    »Ihr Johnnie ist der einzige Sänger, den ich kenne, der ein Wort wie ›please‹über vier Silben ziehen kann«, sagte Saul. »Nein? Hören Sie mal.«
    Und Johnnie sang: »Pul-ul-ul-eeeez Mi-is-ter-uh Sun…«
    »Ach«, sagte Jamie, »jetzt übertreiben Sie doch nicht andauernd so!«
    »Nicht ich übertreibe, sondern Johnnie. Nicht einmal Elvis hat eine Silbe so gedehnt, und der konnte schon ganz schön herumreiten auf einer Silbe. Es mutet an wie eine Art melodiöses Gestotter«, fügte Saul hinzu.
    Sie standen an der Theke und warteten höflich ab, bis eine Gruppe von Fremden ihren Fenstertisch frei machte. Genauer gesagt, Saul und Sally warteten höflich ab. Candy und Karl waren bereits drauf und dran, der kleinen Vierergruppe Beine zu machen, und überlegten gerade, wie dies wohl am besten zu bewerkstelligen sei.
    »Ach was, lassen Sie sie doch in Frieden«, sagte Saul.
    »Was denn? Die haben unseren Tisch!«
    Swill’s war voller als sonst, es war, als hätte sich ganz Downtown eingefunden, um das wohl größte Verlagsereignis des Jahres zu feiern.
    »Wo ist eigentlich Ned?«, fragte Sally und drehte sich um in der Hoffnung, ihn dann zu sehen, doch umsonst. Sie machte sich Sorgen. Sie machte sich schon den ganzen Abend Sorgen um Ned, teils weil sie sich um Ned immer Sorgen machte,
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