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Grimes, Martha - Mordserfolg

Grimes, Martha - Mordserfolg

Titel: Grimes, Martha - Mordserfolg
Autoren: Martha Grimes
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Kapitel. Hannah schrieb schon ein Jahr an dem Buch, seit sie nämlich im Alter von sechs Jahren vom erstaunlichen Erfolg ihres Vaters Wind bekommen hatte. Inzwischen war sie sieben und sogar noch entschlossener, einen Literaturpreis zu gewinnen. (»Entweder den National-Book-Wettbewerb oder einen von den anderen, mir egal, welchen.«)
    Ihr Buch trug den Titel Die Verhetzten Gärten . Ursprünglich hatte Paul gedacht, es müsste die »verhexten« Gärten heißen und Hannah hätte es nur falsch buchstabiert. Doch sie nannte die Gärten tatsächlich »verhetzt«, und er hatte keine Ahnung, was sie meinte. Außerdem wies er sie darauf hin, dass es ihren Gärten merkwürdigerweise an Blumen mangelte. Wieso gab es dort keine Blumen? Das hatte sie einen Augenblick stutzig gemacht. Aber nur einen Augenblick. »Weil Winter ist«, hatte sie gewandt gekontert.
    Auch tummelten sich in dem Buch in letzter Zeit eine Menge Drachen, die von einer seltsamen Gestalt gejagt wurden, dem Drachenbezwinger. (Vielleicht waren die Gärten ja tatsächlich eher »verhetzt« als »verhext«, obwohl er immer noch glaubte, es sei ein typischer Hannah-Irrtum.) Dass es im Fortgang der Geschichte zu furchtbaren Kämpfen kommen könnte, versetzte sie in helle Angst. Größere Angst verursachte ihr jedoch die Vorstellung, »jemand« könnte die Idee klauen. Mehr als einmal hatte sie ihrem Vater diesbezüglich auf den Zahn gefühlt, ob er sich vielleicht mit dem Gedanken trug, ein Buch über Drachen zu schreiben.
    Feierlich wartete Hannah ab, während Paul das Kapitel las. Alle Kapitel waren kurz. Obwohl es sich hier um das 99. Kapitel handelte, war das Buch erst gute achtzig Seiten lang. Paul las: »Der Drachenbezwinger verpasste dem Drachen eine gehörige Tracht Prügel.« Das sei sehr gut, meinte Paul, schlug jedoch vor, sie sollte noch einige zusätzliche Details über die »gehörige Tracht Prügel« hinzufügen. Du weißt schon – wie der Drachenbezwinger dabei vorgeht, denn sie wolle doch sicher, dass ihre Leser es sich bildlich vorstellen konnten?
    Hannah stützte die Stirn in die Hand, dachte einen Augenblick nach und sagte: »Okay, ich hab’s. Er ›verpasste dem Drachen von vorn bis hinten eine gehörige Tracht Prügel.‹« Hochzufrieden machte sie kehrt und ging.
    Sie verschwand spurlos . Verdammt, sagte er sich, wieso muss eigentlich alles so hochdramatisch klingen? Er seufzte und zog mit einem Finger ein Buch aus dem Regal. Es war das neue, das gerade das Schaufenster bei Barnes & Noble zierte. Wieder ein Bestseller, wieder gute zwei Millionen. Don’t Go There war der Titel. Trotz der Tatsache, dass die Hauptfigur diesmal nicht der zurückhaltende, brillante Detektiv war, über den Paul zuvor geschrieben hatte, und obwohl es darin keinen Mord und keine Schießerei gab, würde das Buch wieder bei den Kriminalromanen und Thrillern stehen. Er betrachtete den Umschlag. Es war der, den er durchgesetzt hatte, trotz der geballten Ladung von Einwänden der Grafikabteilung, hauptsächlich dass der düstere Einband – ins Schwarze spielende Grautöne, dazu die einsame, zurückweichende graue Gestalt – von weitem nicht zu erkennen sei. Die Buchhandelsketten mochten den Umschlag auch nicht besonders. Barnes & Noble versuchte ihn abzuschmettern und hätte es auch geschafft, wenn Paul nicht so astronomisch hohe Verkaufszahlen hätte.
    Queeg & Hyde, Pauls jetziger und nun bald ehemaliger Verlag, stand nicht auf der Liste, weil es für das Spiel, das Paul sich ausgedacht hatte, dort keine geeigneten Autoren gab. Er betrachtete die Liste mit den vier Verlagen und fünf Autoren. Der Verlag, auf den er es eigentlich abgesehen hatte, hieß Mackenzie-Haack – wegen seines (ungerechtfertigten) elitären Rufs und seines korrupten, hinterhältigen Verlagsleiters, Bobby Mackenzie. Paul suchte nämlich nach einem Verleger, der vor nichts zurückschrecken würde, und wenn es überhaupt einen gab, der zu allem bereit wäre, dann war es Bobby Mackenzie.
    Zwei von den Autoren auf der Auswahlliste wurden von Mackenzie-Haack verlegt: Barbara Breedlove und Ned Isaly. Er strich einen der aufgelisteten Autoren aus – Saul Prouil, der bei Colan Meilly nicht mehr unter Vertrag stand, bei dem der Plan also nicht funktionieren würde. Außerdem war Saul Prouil reich: altes Familienvermögen, die Tantiemen waren es jedenfalls nicht. Er war ganz einfach ein hervorragender Schriftsteller, der den National Book Award, den Pen/Faulkner, den Critics’ Circle und mehrere
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