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1145 - Das Haus der Selbstmörder

1145 - Das Haus der Selbstmörder

Titel: 1145 - Das Haus der Selbstmörder
Autoren: Jason Dark
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Zum Glück war sie mit ihren Gedanken nicht woanders gewesen. Sie hatte sich auf die Straße konzentriert, obwohl sie durch eine recht einsame Gegend führte. Das Dahindösen und automatische Fahren war nicht ihr Fall. Wie recht sie daran getan hatte, bewies die Situation selbst. Sie hatte dem Mann nicht mehr ausweichen können, aber das Bremsmanöver war rechtzeitig genug erfolgt. Zwar war der Mann noch berührt, aber nicht zu Boden gestoßen worden. Er stand schwankend da, kippte jedoch nicht zurück. Stattdessen drückte er seinen Körper nach vorn, so dass er auf die Schnauze des Golfs fiel. Seine Hände stemmte er dabei gegen die Frontscheibe, als wollte er sie nach innen drücken.
    Jane sah den entsetzten Ausdruck in den Zügen des Mannes, dessen Haar wirr in die Stirn hing.
    Sie blieb in den folgenden Sekunden ruhig sitzen und atmete zunächst tief durch. Der Schock erwischte sie schon, und sie merkte, dass ihre Arme leicht zu zittern begannen.
    »Junge, hast du ein Glück gehabt«, flüsterte sie schließlich und schnallte sich los.
    Der Mann lag nicht mehr auf der Haube. Er hatte sich zur Seite gerollt, war aber nicht auf den Boden gefallen. Er stand jetzt neben der linken Seite und bewegte sich dort auf der Stelle. Dabei hielt er den Kopf gesenkt und schüttelte ihn immer wieder.
    Jane Collins stieg aus. Bereits diese kurze Zeitspanne hatte ihr ausgereicht, um zu erkennen, dass mit diesem Mann nicht alles normal war. Sie wollte sein Verhalten auch nicht nur auf den Schock des Aufpralls zurückführen. Er kam ihr vor, als wäre er - locker gesagt - irgendwie von der Rolle.
    Es war ein kalter Abend. Der Wind blies mächtig und bewegte die zahlreichen Sträucher in der Nähe. Am Himmel wurden die Wolken wie Tiere gejagt, und manche Bäume schienen sich in Janes Nähe verneigen zu wollen. Auch ihr Haar wurde durchweht. Der graue Pullover war zwar dick, trotzdem ging der Wind durch.
    Jane schlang den Schal fester um ihren Hals. Der Typ, der gegen ihren Wagen gelaufen war, tat nichts. Er stand da, schaute nach vorn und dachte nicht daran, den Kopf zu drehen.
    Jane tippte ihm auf die Schulter. Sie hatte das Licht der Scheinwerfer nicht gelöscht. Es malte blasse Flecken auf den Asphalt der schmalen Straße, die aussahen wie auslaufende Augen.
    Der Fremde war nach der Berührung nicht einmal zusammengezuckt. Er schaute nach wie vor in eine andere Richtung. Energischer wollte Jane nicht werden. So ging sie einfach an ihm vorbei und stellte sich vor ihn hin.
    Er sah sie, und er sah sie nicht!
    Es waren nicht eben die idealsten Sichtverhältnisse. Dennoch konnte Jane erkennen, dass mit dieser Person einiges nicht in Ordnung war. Sein Gesichtsausdruck war abwesend. Er sah zwar, aber er starrte zugleich ins Leere.
    Jane schätzte sein Alter zwischen 30 und 35. Das Haar war halblang geschnitten und dunkelbraun.
    Sein Gesicht war sehr bleich, und die Lippen zitterten.
    »Können Sie reden?«
    »Gehen Sie!«
    »Warum?«
    »Sie sollen gehen!«
    Auch den zweiten Satz hatte er sehr monoton gesprochen. Wie jemand, der mit seinen Gedanken überall ist, nur nicht bei der Sache.
    Jane versuchte es zunächst mit einem Lächeln. »Ich will mich ja nicht unbedingt aufdrängen, aber schließlich sind Sie es, der mir in den Wagen gelaufen ist. Sie erschienen wie der berühmte Blitz aus heiterem Himmel. Es war Glück, dass ich noch rechtzeitig bremsen konnte. Außerdem ist es nicht normal, dass jemand um diese Zeit durch eine recht menschenleere Gegend irrt. Nicht, dass Sie mich falsch verstehen, Mister, aber Sie sehen aus, als könnten Sie Hilfe gebrauchen.«
    Er sagte nichts und zuckte mit den Schultern.
    »Wollen oder können Sie nicht reden?«
    Der Mann drehte den Kopf weg, um Jane nicht anschauen zu müssen.
    Sie atmete schwer und schüttelte den Kopf. So wie es aussah, war dieser Person nicht zu helfen.
    Nun gehörte Jane Collins nicht zu den Menschen, die so etwas auf sich beruhen ließen. So leicht kapitulierte sie nicht vor irgendwelchen Problemen, und dieser Mann sah aus, als könnte er Hilfe gebrauchen.
    In Sichtweite gab es kein Haus, erst recht keinen Ort. Wer hier um diese Zeit unterwegs war, musste schon triftige Gründe haben. Die hatte der Mann auch. Er war nervös. Sein Blick flackerte, und seine Augen waren in ständiger Bewegung, auf der Suche. Jane wurde von diesem Typen gar nicht zur Kenntnis genommen.
    »Irgendwas müssen Sie doch hier in dieser Einöde getan haben«, fing sie wieder an. »Es ist zwar noch keine
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