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Grimes, Martha - Mordserfolg

Grimes, Martha - Mordserfolg

Titel: Grimes, Martha - Mordserfolg
Autoren: Martha Grimes
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nichts, sondern nickte Saul bloß dankend zu. Mit seinem Schwanz redete der Hund mehr als sein Besitzer mit dem Mund.
    Wenn alle drei da waren – also Saul, Ned und Sally –, kam der Stadtstreicher ein wenig näher und hörte zu, sagte aber nie etwas, mischte sich nie ein. Er wahrte sozusagen »respektvollen Abstand«, hielt den Kopf gesenkt und knetete ein Stück Seil zwischen den Händen, während er dem Gespräch lauschte. Der Hund lauschte ebenfalls. Er lag da, den Kopf auf die Pfoten gelegt, und beobachtete genau, ob sie etwas über ihn sagten. Wenigstens stellte Saul sich das bei dem Hund gern vor.
    Er blieb auf einem der Kieswege stehen, die den Park im Zickzack durchliefen, und legte die Hand an die Rinde einer Eiche. Bisweilen verspürte er das Bedürfnis, winzige Initialen in die Stämme zu ritzen. Es war ihm selbst ein Rätsel. Und so gab es überall in Chelsea winzige SP s. Er ging um den Baumstamm herum und suchte ihn nach anderen Initialen ab, denn er wollte der Eiche nicht zu schweren Schaden zufügen.
    Jedes Jahr ließ er dem Parkaufsichtsamt eine anonyme Spende von zwei- bis dreitausend Dollar zukommen, als Wiedergutmachung für die Bäume. Er hoffte, die Bäume hielten es aus. Wenn sie die Konstitution von Schriftstellern hätten, dann taten sie das.
    Und es war ja schließlich nicht so, dass Saul sie schlecht rezensierte.
     

 
3
     
    Clive Esterhaus schob das untere Ende seiner Krawatte durch den Knoten, zog es nach unten, schob den Knoten hoch und rückte ihn gerade. Das Kinn immer noch gereckt, musterte er sich und drehte sich leicht nach rechts, um zu überprüfen, wie straff sein Hals war. Er klopfte ein paarmal in rascher Folge auf das Fleisch unterm Kinn und betrachtete sich im Spiegel: grau gemusterter Seidenschlips, gestreifter Kammgarnanzug, der ihn fünfzehnhundert Dollar gekostet hatte, weißes Hemd (immer das Feinste vom Feinsten). Alles sehr dezent und eines altgedienten Lektors würdig, der ganz im Stillen hinter den Kulissen die Strippen zieht.
    Er war sicher, dass er auf dem besten Wege war, Kompagnon des Verlegers oder stellvertretender Verlagsleiter zu werden. Bobby Mackenzie hatte etwas in der Richtung verlauten lassen. Als er es sagte, hatte Bobby natürlich bereits seinen dritten Whiskey intus gehabt, aber Bobby vergaß nichts. Bobby vergaßüberhaupt nie etwas. Sein Erinnerungsvermögen für Gespräche, Ereignisse, Namen, Orte und alle möglichen Details war sagenhaft. Clive brauchte sich eigentlich nur darüber Sorgen zu machen, ob Bobby sein Wort halten würde. Manchmal tat er es nämlich, manchmal nicht. In letzterem Fall sah er demjenigen, der ihn auf gegebene Versprechen ansprach, ganz kühl ins Gesicht und meinte ungerührt: Ich hab’s mir eben anders überlegt, okay? Oder er bedachte einen mit seinem typischen eiskalten Blick, dass man wie erstarrt stehen blieb.
    Im vorliegenden Fall hielt Clive es allerdings für ein Versprechen, das Bobby halten würde, denn es gab wirklich nichts, was dagegen sprach. Titel bedeuteten wenig, machten sich aber gut, und die Gehaltserhöhung glich die Machtlosigkeit des neuen Titels wieder aus. Nun war Clive nicht gerade von Machtlosigkeitsgefühlen geplagt, jedenfalls nicht heute. Heute ganz besonders nicht. Er hatte zwei Leute zum Mittagessen eingeladen, zwei Kollegen aus anderen Verlagshäusern. Er hatte ihnen mitgeteilt, Mackenzie-Haack (ganz bescheiden hielt er zurück, dass die Sache eigentlich sein Verdienst war) wollte die Untervertragnahme eines neuen Autors feiern. Er hatte ihnen nicht gesagt, um wen es sich handelte. Mit gutem Grund konnten sie sich allerdings denken, dass es sich um Paul Giverney handelte, denn er war der Autor, auf den alle es abgesehen hatten. Clive malte sich schon genüsslich aus, wie sich ihr unaufrichtiges Lächeln verflüchtigen und zu einer ganz anderen Miene erstarren würde.
    Was aber, wenn er zu voreilig war? Schließlich war da noch Giverneys mysteriöse »Bedingung« zu erfüllen, bevor er unterschrieb. Clive hatte keine Ahnung, was es sein könnte. Mehr Geld jedenfalls bestimmt nicht, denn sie boten ihm 7,5 Millionen Dollar für zwei Bücher. Der Vorschuss war mit Sicherheit so hoch wie der, den sie Dwight Staines bezahlt hatten ( die Nr. 1 in Sachen abscheulicher Horrorromane). Alle beide, Staines und Giverney, verkauften sich millionenfach. Der Verlag würde zwar nicht alles wieder einspielen, aber Mackenzie-Haack erwarb sich damit ja auch das Prestige, Giverney zu verlegen. Das allein
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