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Grimes, Martha - Mordserfolg

Grimes, Martha - Mordserfolg

Titel: Grimes, Martha - Mordserfolg
Autoren: Martha Grimes
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war schon bares Geld wert. Giverney war einer der wenigen Bestsellerautoren, die tatsächlich schreiben konnten (»ein Oxymoron«, wie Tom Kidd es nannte).
    Paul Giverney hatte sich von Queeg & Hyde (seinem bisherigen Verlag) losgesagt und war seither in einem Zustand gewesen, den man in der Sportswelt als »free agency« bezeichnete, also der Verfügbarkeit, mit anderen Auftraggebern zu verhandeln. Jeder Verlag in New York bemühte sich, ihn unter Vertrag zu bekommen, doch taktierte Giverneys Agent sehr geschickt, indem er hatte verlauten lassen, Paul mache gerade eine »Verschnaufpause« und wolle eigentlich nicht übers Geschäft reden.
    Na, von wegen! Giverney wartete schlicht und einfach ab, bis die Verleger ihren Einsatz erhöhten. Giverney würde bei dem Verlag zusagen, der am meisten Geld und einen Haufen Extrawürste bot. Aber Clive war zu schlau, als dass er einfach die Hände auf dem Schreibtisch gefaltet und abgewartet hätte. Er fing an, gewisse Lokalitäten aufzusuchen, die Giverney frequentierte, wovon es allerdings nicht viele gab. Der Kerl schien sich ständig entweder bei Dean & DeLuca oder in einem Kindergeschäft gleich an der Fifth Avenue aufzuhalten. Trotzdem hatte es sich ausgezahlt. Ganz plötzlich war es dann so weit: Mortimer Durban (der Agent) hatte Bobby Mackenzie angerufen, um ihm zu sagen, Paul sei bereit, bei Mackenzie-Haack einen Vertrag über zwei Bücher zu unterschreiben.
    Und Clive nahm an, er würde Giverneys Lektor werden. Eine leichte Aufgabe, da Giverney nicht groß lektoriert zu werden brauchte. Das war ein Glück, denn Clive hatte eigentlich ganz vergessen, wie es ging.
    Seine Sprechanlage summte irritierend – es hörte sich an wie eine Fliege im Sturzflug –, und seine Assistentin Amy sagte: »Mr. Giverney ist jetzt da.«
    Clive stand auf und ging Paul Giverney entgegen. Er lächelte freundlich, als er sich vorstellte, wie dieser Schriftsteller an den offen stehenden Büros vorbei durch die zahlreichen Kabüffchen der Lektoratsassistentinnen geschlendert war. Damit hatte er bestimmt schon alle in Aufruhr versetzt. Es würde nicht lange dauern, bis die Leute, die ihn erkannten, es herumerzählten. Oder vielleicht kannten ihn auch alle von seinen Buchumschlägen oder aus dem Feuilletonteil der New York Times oder sogar aus dem Fernsehen. Die Abteilungen Werbung und Verkaufsförderung himmelten ihn buchstäblich an. Es bedeutete, dass sie aus dem Vollen schöpfen konnten, weil Bobby Mackenzie es bestimmt so haben wollte. Das war eins der Rätsel der Verlagswelt: Die bekanntesten Autoren, die keine Werbung oder Verkaufsförderung brauchten, bekamen sie massenhaft, während die armen, auf sich gestellten Bücher, die ohne ein wenig Promotion kaum eine Chance hatten, leer ausgingen.
    Als Giverney seine Hand ergriff, war Clive etwas überrascht über den kräftigen Händedruck, es war, als könnte sich dieser Schriftsteller nur mühsam davor zurückhalten, ihm die Fingerknochen zu zersplittern. Giverneys Anzug überraschte ihn ebenfalls – er stammte ganz klar von der Stange und war nicht mal von einer Edelmarke wie Façonnable oder Ferragamo.
    »Freut mich, Sie zu sehen, Paul.« Clive bot ihm einen Sessel an.
    »Sparen Sie sich Ihre Freude.« Zwar wich das Lächeln nicht von Giverneys Lippen, doch hatte seine Stimme plötzlich einen definitiv unfreundlichen Ton.
    Clive rückte seinen Krawattenknoten zurecht, verfluchte sich innerlich, ließ die Hand sinken und sagte: »Ich kann mir keine Bedingung Ihrerseits vorstellen, die wir nicht bereit wären zu erfüllen. Mehr Geld? Ein anderer Auszahlungsmodus? Beide Schaufenster bei Barnes & Noble?« Er lehnte sich in seinen Drehstuhl zurück, während Giverney ein Lächeln erwiderte, allerdings nicht Clives Lächeln. Das Lächeln galt dem Nichts. Autoren wie Paul Giverney konnten enorme Vorschüsse einfordern und besaßen eine Menge Macht. Solche Autoren verstanden sie, die ausländischen Konzerne. Die Männer an deren Spitze hatten zwar keine Ahnung von Büchern, aber von Geld verstanden sie etwas, und Geld hielt die Verlagswelt schließlich am Laufen, so wie alles andere auch. Literarische Qualität hatte damit wenig zu tun.
    »Mich schert es herzlich wenig, wo meine Bücher bei Barnes & Noble stehen, ob im Schaufenster oder vor dem Geschäft. Da werden sich Ihre Werbefritzen schon drum kümmern.«
    Klang da etwa leise Ironie durch, fragte sich Clive? Hatte er da etwa Hintergedanken? Die »Werbefritzen« bei Mackenzie-Haack waren
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