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Traumfrau mit Geheimnis

Traumfrau mit Geheimnis

Titel: Traumfrau mit Geheimnis
Autoren: Linda Winstead Jones
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1. KAPITEL
    Jemand beobachtete ihr Haus. Reva blieb überrascht stehen, und ihr Herzschlag beschleunigte sich.
    Der Fremde stand reglos im Schatten einer alten Eiche und ließ ihre Haustür nicht aus den Augen. Sie hatte das Licht in der Küche brennen lassen, also vermutete er wahrscheinlich, dass jemand zu Hause war.
    Der Rest der Straße lag friedlich und verlassen da. Es war zwar noch vor neun, doch bereits dunkel. Nur die spärlich gesäten Straßenlaternen und ein paar Gartenleuchten gaben etwas Licht, doch Reva hatte den Heimweg zum größten Teil im Dunkeln zurückgelegt. Normalerweise machte ihr das nichts aus, doch natürlich begegnete sie sonst auch keinem Fremden.
    Der Mann hatte sich seinen Standort gut ausgesucht. Der Stamm der Eiche verdeckte ihn fast völlig, und wenn nicht der Mond geschienen hätte, hätte Reva ihn überhaupt nicht bemerkt.
    Sie kam vom Haus ihrer Freundin Tewanda Hardy, wo sie ihren Sohn Cooper abgeliefert hatte. Cooper und Tewandas Sohn Terrance waren beste Freunde und übernachteten oft miteinander. Es war so ein herrlicher Frühlingsabend, dass sie beschlossen hatten, die knapp zwei Kilometer zu Fuß zu gehen. Nach einem angeregten Gespräch mit ihrer Freundin und Coopers obligatorischem Gutenachtkuss hatte sie ihre Baseballkappe wieder aufgesetzt und sich auf den Heimweg gemacht.
    Jetzt war sie froh, dass sie das Auto in der Garage gelassen hatte. Wenn sie nicht die Abkürzung durch den Garten genommen hätte, wäre ihr der Fremde gar nicht aufgefallen.
    Sie sagte sich, dass sie in der Dunkelheit ebenfalls schwer zu entdecken war und betrachtete den Mann. Obwohl er sich auf ihrem Grundstück befand, fühlte sie sich nicht bedroht. Zum einen trug er einen Anzug, was ja nicht unbedingt die gängige Berufskleidung für einen Einbrecher war. Und zum anderen verhielt er sich auch sonst nicht verdächtig, indem er sich zum Beispiel nervös umschaute. Unschlüssig nagte sie an ihrer Unterlippe. Ihr Instinkt hatte schon früher versagt. Dies war sicherlich kein guter Anlass, ihm wieder zu vertrauen.
    Bevor sie sich entschieden hatte, was sie tun sollte, bewegte sich der Fremde. Er stieß sich vom Baumstamm ab, machte eine Kehrtwende und kam direkt auf sie zu.
    Reva hatte eine Reihe von Möglichkeiten, aber keine Zeit, lange darüber nachzudenken. Wegrennen. Verstecken. Stehen bleiben.
    Der Fremde drehte den Kopf und blickte in ihre Richtung. Zum Verstecken war es also zu spät. Er hatte lange Beine, also würde auch Flucht nichts nützen. Ihre Nachbarn waren alle ältere Leute. Wenn sie um Hilfe schrie, würde irgendjemand den Sheriff benachrichtigen, aber bis dahin war sie auf sich gestellt.
    Reva blickte sich hektisch um und sah einen langen Ast, den die Gärtner vom Birnbaum abgesägt, aber noch nicht entsorgt hatten. Sie machte einen Schritt zur Seite, ging in die Hocke und griff danach, federte dann wieder hoch und umfasste ihn mit beiden Händen.
    „Hi“, sagte der Fremde gelassen.
    Reva entspannte sich ein wenig, ließ den Ast jedoch nicht los. „Hi. Wieso schleichen Sie hier rum?“
    Sie wollte ihn ja nicht gleich mit der Nase draufstoßen, dass er ihr Haus beobachtet hatte.
    „Ich bin nicht …“ Er zögerte. „Bin ich herumgeschlichen?“ Zwar konnte sie im Dunkeln seine Gesichtszüge nicht genau erkennen, doch sie sah, dass er etwas schief lächelte. „Na ja, ich kann mir denken, warum es so gewirkt haben muss. Ich habe im Haus gegenüber ein Zimmer gemietet. Und da ich erst vor etwa einer Stunde hier angekommen bin, wollte ich mich ein wenig umsehen.“
    Er kam auf sie zu und streckte die Hand aus. „Mein Name ist Dean Sinclair.“
    Reva trat einen Schritt zurück. Vielleicht sagte er die Wahrheit, vielleicht aber auch nicht. Jedenfalls hatte sie nicht vor, ihre einzige Waffe fallen zu lassen, um ihm die Hand zu schütteln, auch wenn er normal und höflich klang und einen Anzug mit Krawatte trug. Auch ihr Name ging ihn überhaupt nichts an.
    Als sie seine Geste nicht erwiderte, verschwand sein Lächeln. „Sie haben nicht vor, mich mit dem Stock zu schlagen, oder?“
    Die Frage enthielt die Spur einer Drohung, und sie war froh, dass sie auf der Hut gewesen war.
    In Somerset gab es so gut wie keine Verbrechen. Und unbefugtes Betreten eines Grundstücks kann man ja auch nicht gleich so nennen, dachte Reva, den Ast fester umklammernd. Dennoch war etwas an diesem Mann, das sie nicht mochte. Die Tatsache, dass sie ihn dabei erwischt hatte, wie er ihr Haus beobachtete,
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