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Grenzgänger

Grenzgänger

Titel: Grenzgänger
Autoren: Nina Behrmann
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einer Kopfbewegung an, ihm in Richtung Tür zu folgen. »Ich dachte, Sie sollen mir erklären, worum es in diesem Job geht?«, fragte ich, als wir im Aufzug standen und darauf wartete, dass er losfuhr.
    »Das tue ich auch.« Er steckte die Hände in die Seitentaschen seiner Lederjacke. »Können wir uns duzen? Die Nacht wird schwierig genug, da möchte ich unnötige Komplikationen gern gleich aus dem Weg räumen.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Wenn du willst.«
    Er nickte zufrieden. Diesmal hielt der Aufzug nicht im Eingangsflur, sondern ein Stockwerk tiefer. Als sich die Metalltüren auseinander schoben, schlug mir modrige Luft entgegen. Eine Tiefgarage.
    Feng steuerte einen alten Volvo an, der so gar nicht zu seiner Aufmachung passte. Ich hätte eher auf einen amerikanischen, schwarzen Schlitten gewettet, mit großen Reifen und einem Spritverbrauch, dessen Kosten sich locker mit meiner Monatsmiete vergleichen ließ. Aber so wie es aussah, schien mein zukünftiger Arbeitgeber gerne mit dem ein oder anderen Klischee zu spielen. Gerade hatte ich mich mit dem Modell »Zwei Meter Rockerasiate« angefreundet, kehrte er den sparsamen Autofahrer heraus.
    Als wir stumm aus der Garage herausfuhren, erwies er sich auch noch als äußerst umsichtiger Fahrer. Ich musste schmunzeln. Feng, der das wohl aus den Augenwinkeln mitbekommen hatte, lächelte ebenfalls.
    »Du hattest mit etwas anderem gerechnet?«
    »Schon«, gab ich zu. »Du wirkst nicht wie…«
    »Wie ein Volvo-Fahrer?«, fragte er unschuldig, und die dunklen Augen funkelten.
    »Genau.« Meine Wangen wurden warm.
    Er grinste breit und ich erschrak etwas, als ich spitze Eckzähne bemerkte.
    Wir fuhren durch das Stadtzentrum und dann in Richtung der Vororte mit den brachliegenden Zechen und Fabriken.
    »Was genau soll das heute werden?«
    Feng schaltete höher, als wir auf die Stadtautobahn fuhren. Trotz seines Aussehens schnurrte der Volvo tadellos. Dieses Auto wurde geliebt. »Wie gut verstehst du dich mit deiner Mutter?«
    Innerlich stöhnte ich auf. Was hatten heute nur alle mit meiner Mutter? »Wir haben verschiedene Ansichten zu diversen Dingen, aber ansonsten gibt es keine Probleme.«
    »Du glaubst mir also, wenn ich dir sage, dass sie niemals etwas tun würde, dass dir schaden könnte?«
    Ich hob die Brauen. »Soll mir das irgendetwas sagen?«
    Feng schüttelte den Kopf. »Du solltest es heute Nacht nur nicht vergessen.«
    Nach etwa einer halben Stunde Fahrt hielt Feng auf einem großen Parkplatz. Unweit davon war mittels Fertigbauteilen eine Großraumdisco errichtet worden, auf die wir nun zusteuerten. In meinem förmlichen Kostüm, das ich wegen einer, vermeintlich harmlosen Jobeinführung trug und neben dem legeren Feng kam, ich mir unglaublich deplatziert vor.
    Vor dem Eingang standen einige Leute. Manche in meinem Alter, andere wesentlich jünger. Ein oder zwei Blicke folgten Feng und mir, als wir uns an ihnen vorbeischoben, um hineinzugehen.
    Von Innen schlug mir die bekannte Mischung aus pumpenden Bässen, Gelächter und dem Geruch von zu vielen Körpern, die schwitzten und nebenbei Alkohol tranken, entgegen. Uns hielt niemand auf, als wir eintraten. Kein Kassenhäuschen, keine Garderobe, kein Türsteher. Seltsamer Club.
    Feng sah nicht nach links oder rechts, sondern ging an den verschiedenen Hallen vorbei. Ich folgte ihm einfach, bis er einen Zahn zulegte. Immer mehr Leute drängten sich zwischen uns. Irgendwann hatte ich Feng trotz seiner Größe vollkommen aus den Augen verloren.
    Fluchend quetschte ich mich durch die Menge und versuchte, wenigstens den Weg zurück zum Ausgang zu finden. Aber auch das erwies sich als unmöglich. Ich bin nicht zwingend klein, aber aus irgendeinem Grund, schien mich jeder der Anwesenden um mindestens einen Kopf zu überragen. Ich sah mich um, um vielleicht irgendeinen Hinweis auf meinen jetzigen Standort zu finden, aber alles was ich sah, waren tanzende Discogänger.
    Plötzlich berührte mich jemand an der Schulter. Ich sah hoch und blickte in ein paar roter Augen.
    »Ich denke, du bist hier falsch«, sagte mein Gegenüber und lächelte.
    Ich schluckte beim Anblick der beiden Fangzähne, die deutlich über die Unterlippe ragten.
    »Wie bitte?«, stammelte ich verwirrt.
    »Der Club ist für dich nicht geeignet. Außer, du bist auf der Suche nach ein bisschen Nervenkitzel.«
    »Du wirst mir doch jetzt keine Drogen anbieten, oder?«, brummte ich, nachdem ich meinen ersten Schreck angesichts dieses monströsen Gebisses
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