Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Titel: Greifenmagier 1 - Herr der Winde
Autoren: Neumeier Rachel
Vom Netzwerk:
Schatten, gleich neben einem Feld strahlenden, gefährlichen Lichts - eines Lichts, das sie zu Asche verbrennen würde, wenn es auf sie fiel. Kes empfand es immer als schwierig zu sprechen; sie wusste nie, welche Worte andere von ihr erwarteten. Fand sie sich im Brennpunkt unmittelbarer Aufmerksamkeit wieder, war ihre Unsicherheit noch viel schlimmer. Mit einer Stimme, die sogar für ihre eigenen Ohren stockend und wenig überzeugend klang, brachte sie nun hervor: »Es ... es ist alles in Ordnung. Es geht mir gut.«
    »Du scheinst irgendwie ganz in Gedanken.«
    Da Tesme häufig laut äußerte, ihre Schwester wirke ganz in Gedanken, sogar wenn sie ihr genau zuhörte, wusste Kes nicht, was sie darauf antworten sollte.
    »Da ist doch etwas ... Ist irgendwas nicht in Ordnung?«
    Kes fand einfach keine Worte, um die Pracht von Bronzeschwingen in der Sonne zu schildern. Sie hätte es Tesme zuliebe gern versucht. Aber schon der Gedanke, von den Greifen zu erzählen, der drückenden Hitze, die sie mitgebracht hatten, vom seltsamen Anblick des Himmels, wenn sie im strahlenden Flug ihre Bahn über ihn zogen ... Stumm schüttelte sie den Kopf.
    Tesme betrachtete sie stirnrunzelnd. »Dich hat doch niemand, na ja, belästigt, oder?«
    Eine ganze Weile verstand Kes gar nicht, wovon ihre Schwester sprach. Dann reagierte sie bestürzt, wurde tiefrot und schüttelte erneut den Kopf.
    Tesme blieb stehen. Sie streckte die Hand aus, als wollte sie Kes am Arm packen. Aber dann sank die Hand wieder. »Manche von den Jungs können, na ja, Jungs sein. Und du bist so still. Manchmal ermutigt sie das. Und außer den Jungen ...« Sie zögerte. Dann sagte sie: »Ich mag Jos, und er ist eine wunderbare Hilfe auf dem Hof. Aber Kes, wenn er dich belästigt, dann, das ist dir sicherlich klar, schicke ich ihn sofort weg.«
    Kes fragte erschrocken: »Jos?«
    »Ich weiß, du würdest ihn nie ermutigen, Kes, aber in jüngster Zeit dachte ich manchmal, dass er dich, na ja, mit den Blicken verfolgt.«
    »Jos belästigt mich doch nicht!«, entgegnete Kes, erschrocken von der Vehemenz des eigenen Tons. Sie milderte ihn wieder. »Ich mag Jos. Er würde nie ... Er hat nie ... Und er ist sowieso zu alt!«
    »Oh, na ja, Kes! So alt ist er nun auch wieder nicht, und er ist nicht blind. Du wirst allmählich groß und hübsch, und falls er zu sehr Notiz von dir nimmt, findet er auch anderswo Arbeit.« Tesme wirkte jedoch etwas beruhigt. Sie begann weiterzugehen, wenn auch nicht allzu schnell.
    Kes legte eilig die wenigen Schritte zurück, die nötig waren, um sie einzuholen. »Ich mag Jos«, beteuerte sie ein weiteres Mal. Das tat sie wirklich, wie ihr klar wurde. Sie mochte seine Ruhe, seine Gelassenheit, den fachkundigen Umgang mit den Pferden. Die Art, wie er Kes nie dazu nötigte, etwas zu sagen, oder wie er nie zu erwarten schien, dass sie einem unbegründeten Verhaltensschema gerecht wurde, das sie noch nicht einmal genau kannte. Sie fühlte sich in seiner Gesellschaft wohl, wie sie es nur mit wenigen Menschen erlebte. Er war schon ... fast ihr halbes Leben lang auf dem Hof, dachte Kes. Sie konnte es sich gar nicht ohne ihn vorstellen. »Er belästigt mich nicht, Tesme. Wirklich, das tut er nicht. Schick ihn nicht weg!«
    »In Ordnung ...«, sagte Tesme zweifelnd und beschleunigte ihre Schritte ein wenig. »Sag mir jedoch Bescheid, wenn du es dir anders überlegst.«
    Es fiel Kes leichter zu nicken, als erneut Einwände zu erheben.
    Sie gingen ein Stück weiter. Dann warf Tesme ihrer Schwester einen Seitenblick zu und fuhr fort: »Wenn da aber ein Junge ist, den du wirklich magst, sagst du es mir doch, Kes, nicht wahr? Ich weiß noch, wie ich in deinem Alter war, und so schüchtern du auch bist, du wirst allmählich richtig hübsch. Du weißt, dass du dich nicht hinausstehlen musst, um jemanden zu treffen, oder? Wenn du mit Kaenne oder Sef oder sonst jemandem ausgehen möchtest, ist das etwas anderes, aber du würdest es mir doch sagen, ja? Jede Menge Schwierigkeiten warten auf ein Mädchen, das zu viele Geheimnisse hat, glaube mir.«
    Kes spürte, wie ihre Wangen heiß wurden. »Da ist niemand, den ich mag!«, wandte sie ein.
    »Das ändert sich noch«, entgegnete Tesme ironisch. »Sobald es sich bei dir ändert, Kes ...«
    »Dann sag ich es dir, dann sag ich es dir«, erklärte Kes hastig und hoffte, dass ihr Ton so entschieden beruhigend klang, dass Tesme das Thema fallen ließ. Es stimmte außerdem. Kaenne? Sie unterdrückte das Bedürfnis, die Augen zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher