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Grappa 14 - Grappa und der Tod aus Venedig

Grappa 14 - Grappa und der Tod aus Venedig

Titel: Grappa 14 - Grappa und der Tod aus Venedig
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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wissen.
    »Die wurden wohl vorher getötet – Genickschuss.«
    »Wer sind die beiden denn nun? Brinkhoff sagte etwas von Papieren.«
    »Tatjana und Rosalia Ischenko«, flüsterte sie. »Zwei Schwestern.«
    »Russinnen?«
    »Scheint so. Und sie sehen nicht wie Handarbeitslehrerinnen aus.«
    »Sondern?«
    »Wie Callgirls. Sie lebten wohl auf großem Fuß ... nach ihren Klamotten und dem Schmuck zu urteilen.«
    »Und wie kommen die in ein DGB-Büro?«
    »Keine Ahnung«, sagte Kati und senkte ihre Stimme noch weiter ab, denn eine Frau kam durch die Tür. »Vielleicht wollten sie nur eine tarifrechtliche Beratung.«
    Wir stellten das Reden ein, wuschen uns die Hände und verließen den Waschraum kurz nacheinander.
    Im Büro angekommen, erstattete ich Peter Jansen kurz Bericht. Er hatte sich inzwischen um die Fotos gekümmert, die ich mit meiner Notkamera geknipst hatte, und sie waren gar nicht so schlecht geworden. Schließlich konnte man digitale Bilder mit der entsprechenden Software etwas manipulieren, ihnen mehr oder weniger Farbe und Konturen verleihen, bestimmte Ausschnitte vergrößern und so weiter. Drei Fotos waren brauchbar: die Halbtotale vom DGB-Haus, die Naheinstellung vom Fenster, hinter dem sich alles abgespielt hatte, und natürlich das übliche Sargbild – mit den Polizisten und einigen Schaulustigen.
    Ich hatte hundert Zeilen auf der Eins zu füllen.
    Mord im DGB-Haus: Ansgar Hunze und zwei Frauen brutal ermordet – so die Überschrift.
    Ein brutaler Mord an drei Menschen erschüttert die Stadt: DGB-Chef Ansgar Hunze ist tot! Er wurde am Morgen erschossen in seinem Büro gefunden – an einen Stuhl gefesselt. Und der Mörder hat noch zwei weitere Menschen getötet: Die Polizei fand die Leichen von zwei jungen Frauen – ebenfalls erschossen. Ob die Frauen zufällig Opfer wurden, weiß niemand. Es scheint so, dass der Täter es hauptsächlich auf Hunze abgesehen hatte, denn er setzte dem Toten wie zum Hohn einen Arbeitsschutzhelm der IG Metall auf den Kopf.
    Die Staatsanwaltschaft will die Identität von Hunze noch nicht offiziell bestätigen, denn der Mörder hat dem Mann das Gesicht weggeschossen. Auch die beiden Frauennamen geben die Behörden noch nicht heraus. Nach Informationen unserer Zeitung soll es sich aber um die Schwestern Tatjana und Rosalia Ischenko handeln. Die Frauen könnten dem Rotlichtmilieu zuzuordnen sein.
    Danach schilderte ich die Polizeiarbeit am Tatort in den buntesten Farben, die mir zu solchen Anlässen zur Verfügung standen. Ich bezeichnete den Oberstaatsanwalt als ›wie üblich zugeknöpft‹, Hauptkommissar Brinkhoff als ›zugänglich‹ und nannte die Aktionen der Ermittler ›professionell‹ und ›gründlich‹.

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    Der Fall Ansgar Hunze hatte für Polizei und Staatsanwaltschaft oberste Priorität, denn der Gewerkschafter war ein Freund des Wirtschaftsministers gewesen – und damit hatte sich der Tote auch immer gebrüstet. Prompt hörte ich am Abend im Fernsehen eine Statement des Politikers. Er war »tief erschüttert« über den Tod seines langjährigen Freundes und Weggefährten und forderte die Ermittlungsbehörden auf, den feigen Mord so schnell wie möglich aufzuklären und den oder die Täter dingfest zu machen. Die Stimme des Ministers hatte mehr Tremolo als sonst und in seinem Knopfloch schimmerte die oft bemühte Träne.
    Kati kam aufgekratzt nach Hause. Es waren ihre ersten Leichen gewesen, die sie während des Praktikums zu Gesicht bekommen hatte, und sie sinnierte den ganzen Abend über die Qualität der letzten Sekunden des irdischen Daseins.
    »Ob es wirklich so ist, dass kurz vor dem Ende das gesamte Leben an einem vorüberzieht?«
    Ich ließ Katis Frage im Raum stehen, eine richtige Antwort hätte ich eh nicht geben können, da mir eine solche Situation zum Glück fremd war.
    »Und wie ist es wohl zu sterben? Ich habe mal was von einem dunklen Tunnel gelesen, an dessen Ende ein Licht brennt.«
    »Das Sterben wird wohl nicht so theatralisch sein«, meinte ich. »Ich tippe auf ein plötzliches Dunkel und tschüss!«
    »Jedenfalls konnten die DGB-Leichen nicht mehr viele Lichter sehen.« Kati goss sich den Rest Wein ins Glas. »Der Gerichtsmediziner tippt auf einen Profi. Er kam, sah, tötete und löste sich in Luft auf.«
    »Hat denn niemand etwas Verdächtiges bemerkt?«, fragte ich und tupfte mit einer Serviette Katis verkleckerten Wein vom Kirschholztisch.
    »Das Haus war zur Tatzeit voller Menschen – ein ständiges
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