Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grappa 14 - Grappa im Netz

Grappa 14 - Grappa im Netz

Titel: Grappa 14 - Grappa im Netz
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
Vom Netzwerk:
Kaffee in mich hineingeschüttet hatte.
    »Die drei kennen sich von früher«, erklärte Jansen. »Vor etwa achtzehn Jahren arbeiteten alle drei bei einer Zeitung. Die Rutzo war Fotografin, die Ottawa freie Mitarbeiterin und die Hecke Volontärin. Drei junge Frauen am Beginn ihres Arbeitslebens. Alles lief ganz normal. Zuerst.«
    Welche Horrorgeschichte erwartete mich wohl? Ich sah es Jansens Gesicht an, dass er aufgewühlter Stimmung war.
    Für alle Fälle bestellte ich einen Viertelliter Rotwein, obwohl es erst Mittag war. Manche Dinge lassen sich nur so ertragen, dachte ich.
    »Vor siebzehn Jahren gingen die drei in ein Gefängnis, um eine Reportage zu machen. Eine schöne menschliche Story über den Knastalltag für die Weihnachtsausgabe. Doch leider bekam die Reportage eine unvorhergesehene Wendung. Einige der Häftlinge planten nämlich genau an diesem Tag eine Revolte. Es kam, wie es kommen musste. Die Häftlinge nahmen die drei Frauen und einige Wärter als Geiseln, um ihre Freilassung zu erpressen.«
    Der Wein kam. Die Kellnerin stellte ihn auf den Tisch und fragte, ob wir auch etwas essen wollten. Nein, ich würde keinen Bissen runterkriegen, bevor ich nicht das Ende der Geschichte gehört hatte. Jansen bestellte ein paar Brezeln.
    »Drei junge Frauen in der Gewalt von Männern, von denen viele schon jahrelang einsaßen und die nichts mehr zu verlieren hatten. Die Revolte dauerte insgesamt achtundvierzig Stunden. Dann stürmte ein Sondereinsatzkommando den Knast. Es gab Tote. Und du kannst dir sicher denken, was die Männer den drei Frauen in diesen Stunden angetan hatten.«
    Ich konnte es mir denken und kaltes Entsetzen kroch mir den Rücken hinunter.
    »Diese Kerle haben sie immer und immer wieder vergewaltigt und erniedrigt.«
    »Hör auf!« Mir war schlecht.
    »Nun verstehst du vielleicht, warum die drei von Männern nichts mehr wissen wollen. Warum sie sich seit dieser Zeit gegenseitig stützen, sich helfen, dass eine die andere mitzieht und für sie lügt, wenn es sein muss.«
    »Sind die Männer bestraft worden?«
    »Natürlich. Aber das spielte bei diesen Verbrechern eh keine Rolle mehr. Der Öffentlichkeit gegenüber ist die Geschichte vertuscht worden. Vergewaltigung von drei Journalistinnen – das wäre ein Fressen für die Boulevardblätter gewesen!«
    »Die Hecke muss aber danach noch einen Mann an sich rangelassen haben, oder? Guido ist doch erst sechzehn.«
    »Nein. Sie hat keinen Mann mehr danach gehabt«, erklärte Jansen hart.
    »Du meinst ...?« Mir blieben die Worte im Halse stecken.
    Jansen nickte. Ich griff mein Glas und trank es leer. »Warum hat sie nicht abtreiben lassen?«
    »Sie war im Krankenhaus. In der Psychiatrie. Ich weiß nicht genau, was da passiert ist. Jedenfalls war es irgendwann zu spät für einen Schwangerschaftsabbruch.«
    »Weiß Guido davon?«
    »Ja. Er hat das Tagebuch seiner Mutter gefunden.«
    »O Gott. Der arme Junge. Er liebt seine Mutter und glaubt bestimmt, dass sie ihn hasst.«
    »Sie hasst ihn nicht«, behauptete Jansen.
    »Was soll denn jetzt werden?«, fragte ich.
    »Ada versucht, Guido freizukriegen. Sie hat bisher verhindern können, dass er vernommen wird – er ist schließlich erst sechzehn. Aber es kann sein, dass sie die Diskette bei ihm gefunden haben. Mit den Beweisen.«
    »Nein. Haben sie nicht.«
    »Was?«
    Ich trank mein Glas leer. »Ich habe die Diskette. Die Polizei hat nichts in der Hand! Absolut nichts!«
    »Du hast die Diskette in deiner Wohnung?«
    »Nein. Ich habe sie in einen Umschlag gesteckt und sie an Tom Piny geschickt. Mit einem Hinweis, dass er sie sich nicht ansehen soll, dass sie wichtig ist und dass ich ihm vertraue.«
    »Du hättest sie auch mir geben können!«
    »Nein. Kaligula weiß doch, dass du und die Hecke befreundet seid. Du solltest damit rechnen, dass dein Telefon und du überwacht werdet. Mich lässt er auch beobachten.«
    »Du konntest doch mal gut mit ihm«, erinnerte sich Jansen. »Vielleicht kannst du ja mit ihm reden.«
    »Und was soll ich ihm sagen? Dass er Mitleid haben soll? Dass er fünf Morde vergisst, weil die Opfer es vielleicht verdient haben und die Täterinnen sich an allen Männern rächen müssen und nicht ganz dicht sind?«
    »Zum Beispiel.«
    »Das macht der nie. Der ist ehrgeizig. Kaligula braucht Erfolge. Er lag mit seinem dämlichen Profiling bisher nämlich total daneben. Das wurmt ihn ohne Ende.«

Kein Mitleid
    Am Abend kehrte Guido Hecke nach Hause zurück. Seiner Mutter war es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher