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Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Titel: Grappa 05 - Grappa faengt Feuer
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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zu einer guten Tat.«
    »Haben Sie noch Kontakt zu Herrn Kondis?«
    Ich hatte befürchtet, dass diese Frage kommen würde. »Nein«, antwortete ich und gab meiner Stimme einen beiläufigen Klang, »ich nehme an, dass er zu seiner Frau und den Kindern zurückgekehrt ist.«
    »Ich habe gar nicht gewusst, dass er verheiratet ist!«, meinte sie überrascht. »Er wirkte auf mich wie ein eingefleischter Junggeselle.«
    »Auf mich auch«, sagte ich trocken.
    »Er ist morgen als Zeuge geladen. Ich werde noch mal hierherkommen, um ihn zu begrüßen. Er ist so ein netter, charmanter Mann. Wollen Sie nicht auch …?«
    »Nein.«
    »Soll ich ihn wenigstens von Ihnen grüßen?«
    »Tun Sie das nicht, ich bitte Sie!« Mir war es verdammt ernst.
    »Ich verstehe.« In ihrer Stimme war eine Art Mitleid, die ich auf den Tod nicht ausstehen konnte.
    »Sie brauchen mich nicht zu bemitleiden«, sagte ich schärfer als beabsichtigt, »die Sache ist vorbei. Ich mag keine aufgewärmten Menüs.«
    Sie nickte. Dann wurde sie hineingerufen. Ich war zwanzig Minuten später an der Reihe und schilderte dem Gericht, wie Kondis und ich Ajax Unbill in Epidauros im Theater entdeckt hatten.
    Der Angeklagte lächelte mir zu, als ich nach meiner Aussage auf der Zuschauerbank Platz nahm. Sein Verteidiger verstand sein Geschäft. Er schob Ajax' Taten auf die desolate Kindheit, in der sein Mandant auf all das dressiert worden war, was die griechische Antike betraf. Mit zehn Jahren musste der kleine Junge die »Elias« in altgriechisch herbeten und wurde bestraft, wenn er Fehler machte. Ein mitleidiges Raunen ging durch die Zuschauerreihen, als der Verteidiger in allen Einzelheiten die grausamen Strafen schilderte, die sich Waldemar Agamemnon Unbill für seinen Filius ausgedacht hatte.
    Den weiteren Prozessverlauf las ich in der Zeitung nach. Die psychologischen Gutachter stellten ihm einen Freifahrtschein aus. Ajax Unbill wurde für nicht schuldfähig befunden und in eine Klinik eingewiesen. Dort sollte er von den überlieferten Gewalttaten der griechischen Mythologie gesunden. In einem Jahr würde er ein freier Mann sein. Kondis wurde nur einmal kurz erwähnt und als »attraktiver Reiseleiter« bezeichnet, »der dem Gericht die psychologischen Nöte des Angeklagten einfühlsam schilderte.« Natürlich war der Gerichtsberichterstatter des Blattes eine Frau.
    Die Staatsanwaltschaft hatte übrigens die Exhumierung der beiden Ehefrauen von Waldemar Unbill angeordnet. Bei der ersten Frau wurden Spuren von Arsen festgestellt; woran Athina Unbill gestorben war, blieb ungeklärt. Vielleicht hatte sie sich tatsächlich das Leben genommen.
    Gerlinde von Vischering gestand ihre Komplizenschaft an den Kunstdiebstählen. Sie erhielt eine Gefängnisstrafe von zwölf Monaten zur Bewährung. Die modernen Erinnyen hatten ihre Pflicht nach den Paragrafen des Strafgesetzbuches getan.
    Die Vergewaltigung blieb ungesühnt. Daphne Laurenz hatte keine Anzeige erstattet und auch bei ihrer Zeugenaussage nichts von dem Vorfall erwähnt.

Letzter Ausklang
    »Es tut mir leid«, sagte die Stimme am Telefon, »ich habe mich feige davongestohlen. Kannst du mir verzeihen?«
    »Jason! Wo bist du?«
    »In Griechenland. Zusammen mit meiner Familie. Ich hatte Gewissensbisse wegen dir.«
    »Nicht doch!«, sagte ich mit Ironie in der Stimme. »Ein Vater gehört zu seinen Kindern. Sie sind wirklich niedlich, deine kleinen Söhne.«
    »Du bist mir nicht böse?«
    »Nicht mehr. Du bist mir nichts schuldig. Ich wünsche dir viel Glück.« Mein Herz krampfte sich zusammen bei dem, was ich sagte.
    »Es war schön mit dir«, stammelte er.
    »Ich weiß, dass es das war. Was machst du jetzt? Hast du einen Job gefunden?«
    Er zögerte. Doch dann sagte er: »Ich habe die Fabrik meines Schwiegervaters übernommen. Er hat sich aufs Altenteil zurückgezogen.«
    »Wie schön für dich«, entgegnete ich. »Was ist das für eine Fabrik?«
    »Sie stellt etwas her«, druckste er, »erinnerst du sich an die Plastikstühle, die wir überall gesehen haben?«
    »Du willst mir doch nicht weismachen, dass du Direktor einer Plastikstuhlfabrik geworden bist?«, prustete ich los.
    »Doch«, entgegnete er kleinlaut. »Mein Schwiegervater hat den Alleinvertrieb für Griechenland …«
    »Meinen Glückwunsch«, lachte ich, »diese Aufgabe braucht einen ganzen Mann.«
    »Du machst dich über mich lustig!«, klagte er.
    »Ganz im Gegenteil!«, behauptete ich. »Ich wünsche dir viel Erfolg. Immer, wenn ich mich auf einen
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