Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Titel: Grappa 05 - Grappa faengt Feuer
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
Vom Netzwerk:
Plauderton macht mich krank!«, rief ich und bestellte noch eine Flasche Demestica. »Hatten Sie kein Mitleid? Immerhin war er Ihr Vater! Hat er nicht geschrien oder gebettelt, dass Sie aufhören sollten?«
    »Er wollte wissen, warum. Ich hab‘s ihm gesagt und ihm alles erklärt. Agamemnon starb durch einen Beilhieb in die Mitte der Stirn. Ich glaube, er hat eingesehen, dass ich es tun musste. Die Erinnyen führten meine Hand.« Ungerührt schnitt sich Ajax ein Stück Schafskäse ab und begann zu kauen.
    »Ich kann mich an nichts erinnern«, wunderte sich Kondis. »Ich weiß nur noch, dass ich Ihnen beiden folgte und dass ich aufwachte und Ihren toten Vater in seinem Blut liegen sah.«
    »Ihr Kurzzeitgedächtnis hat durch den Schlag auf den Kopf gelitten«, diagnostizierte Ajax, »ich habe mit Absicht nicht besonders fest zugehauen. Schließlich wollte ich Sie nicht umbringen.«
    »Herzlichen Dank!«, meinte Kondis trocken. Jetzt brauchte auch er einen kräftigen Schluck Roten. Wir warfen uns Blicke zu, die allerdings nur Hilflosigkeit ausdrückten. Was um Himmels willen sollten wir mit Unbill junior anfangen?
    »Warum haben Sie Daphne Laurenz vergewaltigt?« Die Frage musste ich stellen, denn damit hatte alles angefangen.
    »Wie bitte?«
    »In der ersten Nacht in Delphi ist Daphne von einem Mann mit Maske vergewaltigt worden. Er hat sich ihr als ›Apollon‹ vorgestellt.«
    »Dann wird es wohl Apollon gewesen sein«, kicherte er, »dieser Gott hat sich immer genommen, was er haben wollte.«
    Ajax verstummte und wandte sich konzentriert dem Essen zu. Er verputzte Brot, Oliven und Käse und fragte artig, ob er sich noch etwas bestellen dürfte. Sein Geld sei leider alle. Der Wirt kam mit Nachschub in Form von Lammkoteletts.
    »Was soll aus Ihnen werden?«, fragte ich.
    »Ich nehme an, Sie wollen mich der Polizei übergeben.«
    Ich nickte. »Hätten Sie einen anderen Vorschlag?«
    »Sie könnten mich laufen lassen.«
    »Man würde Sie finden«, prophezeite Kondis, »die Polizei sucht Sie überall. Außerdem brauchen Sie ärztliche Hilfe.«
    »Ich bin geheilt«, behauptete Ajax, »ich habe eine Nacht im abaton geschlafen. Oder glauben Sie, ich wandere mit einer Axt in der Hand durch Griechenland und schlage Menschen nieder?«
    »Nein, das nicht. Sie wissen doch, dass Orestes nach dem Mord auch nicht davongekommen ist. Die Rachegöttinnen trieben ihn in den Wahnsinn.«
    »Aber Apollon gab ihm einen Bogen, mit dem er sie verscheuchen konnte.«
    »Später wurde er in Mykene vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt …«
    »… und von Apollon wieder befreit«, lächelte Ajax.
    »Wenn Sie sich stellen und Ihre Geschichte erzählen, wird Ihnen nicht viel passieren«, mischte ich mich ein, »besonders, wenn sich herausstellt, dass Ihr Vater seine beiden Frauen umgebracht hat. Die Rache spielt zwar in unseren Gesetzen nicht mehr die Rolle wie im antiken Griechenland, doch der Vergeltungsgedanke wird schon noch beachtet. Ein Jahr in einem guten Krankenhaus und Sie sind wieder frei.«
    Ajax überlegte. Er nagte die Lammkoteletts bis auf die letzte Faser ab und ließ sich den Wein schmecken. Wenigstens sein Appetit ist gesund, dachte ich.
    »Sie können es sich ja überlegen«, schlug Kondis vor, »ich bestelle erst mal ein Zimmer für Sie. Morgen sehen wir weiter.«
    Er erhob sich und sprach mit dem Wirt. Ich musterte mein Gegenüber. Ajax Unbill war durch die Ereignisse in den letzten zwei Wochen erwachsen geworden. Er hatte eine wichtige Entscheidung für sein Leben getroffen und einen unüberwindlich scheinenden Felsbrocken aus seinem Weg geräumt: seinen Vater. Eine Tatsache, auf die er stolz sein konnte. Leider hatte er dabei einen Menschen umgebracht, eine Frau vergewaltigt und eine andere zu vergiften versucht.
    »Ich lasse Sie nicht ungeschoren davonkommen«, sagte ich zu ihm.
    »Ich weiß, Frau Grappa«, lächelte er. »Ich habe von Anfang an gewusst, dass Sie Themis sind, die Göttin des unumstößlichen Rechts.«
    Die plötzliche Erhebung in den Göttinnenstand ließ mich mein Weinglas umstoßen. »Dann ist ja alles klar! Morgen werde ich die deutsche Botschaft in Athen anrufen und sagen, dass Sie hier sind. Ich hoffe, Sie werden in Deutschland vor Gericht gestellt.«

Arroganz, Stolz und ein Versprechen
    Ajax Unbill ließ sich am nächsten Morgen widerstandslos von der griechischen Polizei festnehmen. Nach kurzen Vernehmungen sollte er in die Bundesrepublik gebracht werden. Ich war traurig, denn nun war unsere
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher