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Grappa 02 - Grappas Treibjagd

Grappa 02 - Grappas Treibjagd

Titel: Grappa 02 - Grappas Treibjagd
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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ein lebenslustiger, großzügiger Mensch.«
    Ich bemerkte mit Schrecken, dass ich von Laura bereits in der Vergangenheitsform sprach. Ich blickte mich in dem Zimmer um, in dem die Kripo jetzt ihr Büro eingerichtet hatte. Laura nannte es ihr »Studierzimmer«. Ein Schreibtisch, auf dem das Chaos herrschte, Poster aus seligen Studententagen an der Wand. Auf dem Ohrensessel eine lässig hingeworfene Strickstola aus altrosa Angora-Wolle. So, als sei sie nur mal schnell einkaufen gegangen und würde jeden Augenblick zurückkommen.
    Der graue Kommissar wollte die Vernehmung zu Ende bringen. »Kennen Sie die Leute, die gestern und vergangene Nacht hier waren?«
    »Nicht alle. Aber einige Namen kann ich Ihnen geben.« Ich legte los. Er schrieb unglaublich langsam. Mein Magen knurrte. Ich musste etwas essen, sonst würde ich den Tag nicht überstehen!
    »Haben Sie etwas Ungewöhnliches bemerkt in der Nacht?«
    Ich berichtete ihm von dem Stöhnen und dem Rascheln hinter Lauras Tür und erzählte, warum ich dies zu dem Zeitpunkt noch für normal gehalten hatte.
    »So, so«, sein Beamtengehirn tippte auf eine Sex-Orgie, in seinen mittelgrauen Augen glomm so etwas wie Interesse auf. »War dies so üblich bei den Festen, die Frau Gutweil gab? Dass Sie sich einen der Gäste in ihr Bett einlud?«
    »Nein, das war keineswegs üblich. Außerdem, woher wollen Sie wissen, dass der Mann hinter der Tür ihr Mörder war? Dass der Mörder überhaupt einer der Gäste war?«
    »Natürlich wissen wir das noch nicht. Aber Sie haben selbst gesehen, dass die Tote nackt und gefesselt war. Das deutet ja nun nicht gerade auf einen Einbrecher hin, der das Silber entwenden wollte.«
    »Was ist die Todesursache?«
    »Vermutlich Erstickungstod. Mehr kann erst der Pathologe nach der Obduktion sagen.«
    »Ist sie vergewaltigt worden?«
    »Ich vermute nicht. Es sieht eher danach aus, dass eine Vergewaltigung vorgetäuscht werden sollte. Aber eigentlich stelle ich hier die Fragen, Frau Grappa.«
    Er kritzelte etwas auf seinen Block. »Frau Gutweil hatte doch bestimmt einen festen Freund, oder?«
    »Nein, zurzeit nicht. Sie hatte eigentlich die Nase voll von Männern.«
    »Tatsächlich? Und? Wer war der letzte?«
    Nein, ich würde seinen Namen nicht nennen. Laura hatte die Beziehung zwischen sich und dem medizinischen Halbgott nie an die große Glocke gehängt. Sie würde nicht wollen, dass die Polizei im trauten Heim der Professoren-Familie Ellenbogen Ermittlungen anstellen würde. Auch wenn ich dem Kerl jeden Stress der Welt an den Hals wünschte!
    »Ich weiß es nicht. Irgendein Bengel fürs Bett …«
    »Irgendein Bengel fürs Bett!«, echote er. Er sah seine Vorurteile über selbständige und gut aussehende Frauen wieder bestätigt. In seinen grauen Augen schimmerte Neugier auf weitere Details. »Und, wer war er? Hat der Mann auch einen Namen, oder spielt der keine Rolle in Ihren Kreisen?«
    Ich wurde ärgerlich. »Was fällt Ihnen ein? Wie reden Sie mit mir? Bleiben Sie mir mit Ihren Moralvorstellungen vom Leib. Ich weiß nicht, wie Lauras letzter Liebhaber hieß. Es war auch schon seit Wochen vorbei.«
    Der Kommissar schrieb eifrig. Sein Interesse für Lauras Sexualleben würde ihn irgendwann zu Dr. Ellenbogen führen. Ich stand auf, war wütend und traurig, wie Lauras Ruf posthum demontiert wurde. Was bleibt von einem Menschen nach seinem Tod? Die Erinnerung an ihn. Aber es bleibt auch sein Ruf, seine Ehre. Und Lauras würde ich nicht von einem Polizisten ruinieren lassen! Natürlich musste der Mörder gefunden werden. Ich bezweifelte allerdings, ob dieser von Vorurteilen durchdrungene Kriminalist der Bierstädter Polizei dazu in der Lage sein würde.
    »Sie müssen Ihre Aussage noch unterschreiben, wenn das Protokoll getippt ist …«, rief er mir nach, als ich das Zimmer schon halb verlassen hatte.
    Ich verließ Lauras Haus, ging in ein Café und bestellte mir ein Frühstück. Hier hatte ich mit Laura häufig gesessen, wenn wir zur gleichen Zeit Mittagspause hatten. Erst vor zwei Tagen waren wir noch hier gewesen.
    Wie oft hatten wir uns über die Einrichtung mokiert, die aus der Hochzeit der Nierentische stammte. Hatten die verschiedenen Torten lustvoll durchprobiert und schließlich die Linzer Torte zu unserem Lieblingskuchen gekürt. Ich konnte nicht fassen, dass dies alles Vergangenheit war.
    »Hallo«, sprach mich die Bedienung an, »heute ohne Ihre Freundin?«
    Ich schaute sie irritiert an. Sie reichte mir ein zusammengefaltetes Tuch aus
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