Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grappa 02 - Grappas Treibjagd

Grappa 02 - Grappas Treibjagd

Titel: Grappa 02 - Grappas Treibjagd
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
Vom Netzwerk:
wollte.
    Laura sah ich nicht. Sie war vielleicht in ihrem Schlafzimmer. Ich klopfte an die Tür. Zunächst rührte sich nichts, dann hörte ich ein leises Stöhnen. »Laura«, rief ich mit verhaltener Stimme, »bist du da drin?«
    Keine Antwort. Nur dieses leise Stöhnen. Da waren zwei, die allein sein wollten. Na also, dachte ich zufrieden, endlich tröstete sie sich über ihre verflossene Liebe zu jenem lackierten Affen hinweg, den ich nicht kannte und auch nicht kennenlernen wollte. Jetzt brauchte ich dies zum Glück auch nicht mehr, denn die Sache war gegessen. Für immer, so hoffte ich. Denn die Liebschaft mit Prof. Dr. Christian Ellenbogen hatte Laura nicht gut getan. Als es zu Ende war, litt sie. Ich sagte »stopp« und half ihr über das heulende Elend hinweg.
    Doch immer, wenn ihr Blick wie zufällig über den Porzellan-Clown strich, kam etwas Wundes in ihren Blick. Der Clown, ein billiges Ding aus zuckerartigem Material, drückte aus seinem Auge eine gemalte Träne. Der schwarz-weiße Stoffanzug war mit Rhomben übersät, und er trug eine schwarze enge Kappe. Laura fand das Monster schön. Ich fand es nur billig und geschmacklos. Es war für sie jedoch ein Stück von ihm. Den Clown hatte Prof. Dr. Christian Ellenbogen vermutlich beim Kaffeekauf erstanden, denn dort sah ich das Teil ein paar Wochen später. Zum stolzen Preis von 14,95 Mark.
    Ich hatte Laura nichts gesagt. Ich wollte sie nicht verletzen. Was würde es auch bringen? Im Großen und Ganzen hielt sich Laura nämlich prächtig. Und nun das Stöhnen hinter der Tür. Welcher Gast war es wohl von denen, die heute Abend hier waren? Ich guckte durchs Schlüsselloch und sah … nichts. Pfui, dachte ich, da stehst du vor der Tür wie eine Spannerin.
    Ich ging zurück in das große Zimmer. Das Pärchen im Erker hatte sich zurückgezogen, um die Nacht artgerecht zu verbringen. In Lauras Haus gab es genug Gästezimmer, die benutzt werden konnten. Auch die beiden Streithähne waren nicht mehr da. Ich war müde und erschlafft wie die Petersilie auf dem Silbertablett. Es war kurz vor zwei Uhr morgens. Das Bett verlangte nach mir. Am kalten Büfett griff ich wie in Trance nach einem Stück staubtrockenem Weißbrot, das meinen Magen bis zum Morgen beruhigen würde. Lauras Partys hatten immer etwas Besonderes, sinnierte ich, während ich mich in meinem Zimmer auszog und abschminkte. Sie waren so außergewöhnlich wie Laura selbst. Laura war für ihre Umgebung das, was für die Motten das Licht war: Sie war anziehend und versengend zugleich. Nur bei diesem medizinischen Großmaul hatte ihr Zauber nicht gewirkt, sonst hätte er sie nicht so kalt abserviert.
    Jetzt diese Geräusche hinter der Tür. Ich ließ die männlichen Gäste vor meinem geistigen Auge vorbeiflanieren. Ringo konnte es nicht sein, der grobe Kerl mit den dicken Fingern. Sein Bildungsniveau war begrenzt, seine Witze entsprechend platt, sein gepriesener jungenhafter Charme eine Mischung aus Dreistigkeit und Anhänglichkeit. Das einzige Fremdwort, das er kannte, war das Wort »fiktiv«. Wenn ich ihn auf die Stirn klopfen würde, käme ein Echo zurück.
    Berthold kam auch nicht in Betracht. Bleiche Haut, rötliches Haar, schlaffes Fleisch und gehemmt. Er war mindestens so athletisch wie ein Wackelpudding. Frauen gegenüber brachte er keine drei zusammenhängenden Sätze über die Lippen.
    Casimir passte auch nicht. Er litt mehr als wir Frauen, wenn wir unsere Tage haben. Seine angeblich linke Intellektualität trug er wie eine Fahne vor sich her. An seinen Fingern klebte das Wachs diverser Lichterketten für oder gegen was auch immer.
    Walter war lieb. Ein Kuscheltier. Egon war an die vierzig und lebte noch bei seiner Mama. Bernhard war in festen Händen, und Kurt war stockschwul. Wer also? Ich tippte auf Walter. Nach Prof. Dr. Ellenbogen war Kuscheln angesagt – als Kontrastprogramm.
    Ich zerrupfte das Stückchen Weißbrot, speichelte es gut ein und schluckte es runter. Mein Magen bedankte sich mit einem erleichterten Knurren. Nach dem Zähneputzen zog ich beruhigt und heiter die Bettdecke über mich. Alles war gut.
    Ich schlief tief, träumte von einem weißen Sandstrand in Südamerika, von kalten Drinks und fetten Aalstücken, die in Litern von Vanille-Soße schwammen. Die Nummer war unterlegt mit fetziger brasilianischer Samba-Musik. Ich genoss lustvoll das Palmwedeln eines schwarzen gut gebauten Kraftprotzes, der bemüht war, mir Kühlung zuzufächeln. Das Leben war schön.

Ein mörderischer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher