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Gralszauber

Titel: Gralszauber
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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der Tafel zu hören – und ich auch,
nebenbei bemerkt. Das geht doch in Ordnung, oder?«
Der letzte Satz galt Tander, der sich fast überschlug, mit
einem hastigen Nicken darauf zu antworten. »Selbstverständlich, Herr. Ganz wie Ihr wünscht.« Damit fuhr er auf
dem Absatz herum und knallte die Tür hinter sich zu.
Dulac hörte ihn draußen in der Küche Befehle brüllen.
Uther lachte leise. »Das wird ihn eine Zeit lang beschäftigt halten«, sagte er. »Schau mich an, Junge.«
Dulac hob zögernd den Kopf. Sein Herz klopfte und seine Finger zitterten, sodass er die Hände in den Falten seines Gewandes verbarg, damit man es nicht zu deutlich
sah. Er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Es war weiß
Gott nicht das erste Mal, dass er einem leibhaftigen König
gegenüberstand, selbst wenn er Artus nicht mitrechnete.
Aber es war das erste Mal, dass er mit ihm an einer Tafel
weilte. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass es sich nicht
geziemte. Und außerdem war da noch Gwinneth. Er hatte
es bisher nicht einmal gewagt, in ihre Richtung zu sehen,
aber er glaubte ihre Blicke wie die Berührung einer glühenden Hand zwischen den Schulterblättern zu spüren.
»Wie Ihr … befehlt, Herr«, antwortete er stockend.
Uther runzelte die Stirn, schwieg aber und Dulac verwandte einige Herzschläge darauf, ihn aufmerksam zu
mustern.
König Uther war tatsächlich so alt, wie er im ersten
Moment geglaubt hatte. Er musste die fünfzig längst hinter
sich gelassen haben, wirkte aber kein bisschen gebrechlich
und wenn überhaupt alt, so auf eine würdevolle, Ehrfurcht
gebietende Art. Er hatte schulterlanges weißes und noch
sehr volles Haar und einen gleichfarbigen, sorgfältig gestutzten Bart, der seinem Gesicht etwas Edles verlieh.
»Zufrieden?«, schmunzelte Uther nach einer Weile.
»Herr?«
»Mit dem, was du siehst«, erklärte Uther lächelnd. »Ich
meine: Entspreche ich deinen Vorstellungen? Du siehst
doch bestimmt oft Könige und andere Edelleute.«
»Natürlich, Herr«, antwortete Dulac. »Es ist nur …« Er
biss sich auf die Unterlippe um nicht weiterzusprechen,
aber natürlich war es zu spät.
Uther nickte. »Ich verstehe. Nachdem du Gwinneth gesehen hast und jetzt mich, hast du einen alten Bock erwartet.«
»Nein, Herr!«, antwortete Dulac hastig – was eine glatte
Lüge war. »Ich war nur … ich meine … Ihr … also ich
…«
»Warum quälst du ihn so, Uther?«, mischte sich Gwinneth ein. »Er stirbt noch vor Angst.«
Sie lachte und Dulac drehte sich zögernd zu ihr herum.
Gwinneth kam ihm noch schöner als am Mittag vor. Sie
trug noch immer dasselbe Kleid, hatte das Haar aber hoch
gesteckt und mit einem goldenen Diadem geschmückt.
Wenn Dulac jemals eine Frau gesehen hatte, die den Titel Königin verdiente, dann war es Gwinneth in diesem
Moment, trotz ihrer Jugend.
Das Einzige, was vielleicht nicht ganz zu diesem Eindruck passte, war das spöttische Glitzern in ihren Augen.
»Lass dich von Uther nicht auf den Arm nehmen«, sagte
sie. »Manchmal liebt er es, Menschen in Verlegenheit zu
bringen. Lass ihn in Ruhe, Uther.«
Dulac blickte verwirrt von Gwinneth zu Uther und wieder zurück. Er hatte das Gefühl, dass die beiden sich irgendeine Art von Scherz mit ihm erlaubten, den er nicht
verstand.
Gottlob ging in diesem Moment die Tür auf und Tander
und seine beiden Söhne kamen herein um das Essen aufzutragen. Auf Uthers Geheiß hin wurde noch ein drittes
Gedeck für Dulac aufgelegt, was ihm nicht nur einen erstaunten Blick von Tander eintrug, sondern auch ein Gefühl intensiver Schadenfreude. Dass er einmal von Tander
selbst bedient werden würde, hätte er sich niemals träumen lassen. Und wahrscheinlich würde er bitter dafür bezahlen müssen, aber das war ihm im Augenblick egal.
»So«, sagte Uther, nachdem die Speisen aufgetragen und
sie wieder allein waren. »Und nun erzähle uns von Burg
Camelot und König Artus.«
Dulac zögerte noch einen Moment, aber dann begann er
von der Burg und dem Leben bei Hofe zu erzählen. Und
nachdem er sich einmal überwunden hatte, begannen die
Worte nur so aus ihm herauszusprudeln. Er erzählte von
König Artus und seinen Heldentaten, den Rittern der Tafel
und den heroischen Schlachten, die sie geschlagen hatten,
und von der Großmut und Weisheit der Gesetze Camelots,
die seit einem Menschenalter für Frieden und Wohlstand
im Lande sorgten. Natürlich hatte er keine dieser Heldentaten oder gar Schlachten selbst miterlebt, aber das hinderte
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