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Gralszauber

Titel: Gralszauber
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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still.
»Gehen die Leute hier bei euch immer so früh schlafen?«, fragte sie.
»Ja«, antwortete Dulac wahrheitsgemäß. »Ist es dort, wo
Ihr herkommt, anders?«
Gwinneth antwortete nicht darauf, aber Dulac hatte das
Gefühl, dass sich ihr Gesicht verfinsterte. Vielleicht hatte
er mit seiner Frage etwas in ihr angerührt, was ihr unangenehm war.
Es war Wolf, der ihn aus der unangenehmen Situation
rettete, wenn auch unfreiwillig. Der Hund war bisher keinen Schritt von Gwinneths Seite gewichen und schien
vollkommen vergessen zu haben, dass es Dulac jemals
gegeben hatte. Jetzt blieb er plötzlich stehen, spitzte die
Ohren – und war mit einem schrillen Heulen wie der Blitz
verschwunden. Einen Augenblick später rasten drei riesige
schwarze Straßenköter kläffend zwischen Dulac und
Gwinneth hindurch und setzten zur Verfolgung an.
»He!«, sagte Gwinneth erschrocken. »Was geht da vor?«
»Das sind nur die Nachbarshunde«, sagte Dulac beruhigend. »Sie machen sich immer einen Spaß daraus, Wolf zu
jagen. Aber sie kriegen ihn nie.«
»Spaß?«, fragte Gwinneth stirnrunzelnd. »Das sah aber
nicht wie Spaß aus.«
War es auch nicht. Wenn die drei Wolf erwischten, dann
war es um ihn geschehen, das wusste er. Und er hatte auch
ein ziemlich schlechtes Gewissen, seinem vierbeinigen
Freund nicht zu helfen. Aber er tröstete sich damit, dass
sie ihn noch nie gekriegt hatten, obwohl die Feindschaft
zwischen ihnen und Wolf nun schon so lange währte, wie
der Terrier hier war. Wolf war so klein, dass er sich selbst
im winzigsten Loch verkriechen konnte.
»Das hoffe ich doch«, sagte Gwinneth besorgt. »Dass es
nur Spaß war, meine ich.«
Dulac lächelte nur nervös zur Antwort. Er musste sich
beherrschen, um sich nicht angstvoll umzublicken. Neben
den drei Nachbarshunden gab es auch noch drei Nachbarsjungen, die sich nur zu oft den gleichen derben Spaß mit
ihm erlaubten. Dulac hatte schon mehr als eine Tracht
Prügel von ihnen kassiert. Aber sie waren nicht in der Nähe. Wahrscheinlich lagen sie längst in ihren Betten und
schliefen.
»Gehen wir ein Stück?«, schlug er vor. »Wolf findet uns
schon wieder.«
»Wolf.« Gwinneth grinste. »Irgendwie ist das nicht gerade ein passender Name.«
»Weil er so klein ist?« Dulac schüttelte den Kopf. »Lasst
Euch nicht von seiner Größe täuschen. Er ist ziemlich mutig.«
»Das habe ich gesehen«, antwortete Gwinneth.
»Es hat nichts mit Mut zu tun, sich einem Gegner zu
stellen, gegen den man keine Chance hat«, erwiderte Dulac vielleicht eine Spur zu scharf. »Wenn man einen Feind
nicht besiegen kann, muss man ihn eben überlisten.«
»Stammt diese Weisheit von dir?«, fragte Gwinneth
spöttisch.
»Von Dagda«, antwortete Dulac.
»Dagda, ach ja … Artus’ Koch …?«
»Er ist viel mehr als Artus’ Koch«, antwortete Dulac.
»Koch, Sterndeuter, Schriftgelehrter, Chronist – einfach
alles.«
»Dann hoffe ich, dass er seine anderen Pflichten besser
erfüllt als die am Suppentopf.« Gwinneth schauderte übertrieben. »Uther erzählt wahre Schreckensgeschichten über
das Essen auf Camelot.«
Dulac hätte ihr gerne widersprochen, aber er konnte es
nicht. Dagdas Kochkünste waren im Land berüchtigt. Ein
guter Teil von Dulacs schmalem Gehalt bestand in freier
Kost auf der Burg, aber er kam nur zu oft mit knurrendem
Magen zurück ins Gasthaus.
»Mir ist kalt«, sagte Gwinneth, nachdem sie eine Weile
gegangen waren. Bevor Dulac noch antworten konnte, trat
sie näher an ihn heran, hakte sich bei ihm unter und kuschelte sich an seine Schulter. »So ist es besser.«
Dulac ging zwar weiter, erstarrte aber innerlich schier
zur Salzsäule. Dass Gwinneth ihn berührte, hätte er sich in
seinen kühnsten Träumen nicht zu wünschen gewagt, aber
ihm war auch klar, wie ungeheuerlich es zugleich war.
Wenn Uther davon erfuhr, konnte es ihn den Kopf kosten.
Trotzdem löste er sich nicht aus ihrem Griff, wie es sein
erster Impuls war. Ihre Nähe war einfach zu wunderbar.
Sehr vorsichtig sagte er: »Versteht mich nicht falsch,
Gwinneth, aber –«
Wieder unterbrach sie ihn mit ihrem hellen Lachen. »Du
hast Angst, dass mein Gemahl dich an deinen edelsten
Körperteilen aufhängen lässt.«
Speziell daran hatte Dulac zwar nicht gedacht, aber ihre
Vermutung kam der Wahrheit schon ziemlich nahe. Er
nickte verlegen.
»Du brauchst keine Angst zu haben«, sagte Gwinneth.
»Uther ist nicht eifersüchtig.«
»Nicht?«, wunderte sich Dulac. »Wenn ich eine Frau
wie
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